3. März 2025

Variable Vergütungssysteme sind in vielen Branchen etabliert – auch im Gesundheitswesen. In Arzt- und Zahnarztpraxen werden leistungsbezogene Boni häufig genutzt, um Praxispersonal, Zahnärzte oder medizinische Fachangestellte (MFA) zu motivieren und an das Unternehmen zu binden. Doch was passiert, wenn die Zielvorgaben nicht rechtzeitig oder gar nicht definiert werden? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem aktuellen Urteil klargestellt: Verspätete oder fehlende Zielvorgaben können Schadensersatzansprüche auslösen.  

Was war der Fall?

Ein Arbeitnehmer mit Führungsverantwortung hatte eine variable Vergütung vereinbart. Laut Betriebsvereinbarung sollten die relevanten Ziele bis spätestens 1. März des Jahres feststehen. Doch der Arbeitgeber legte diese erst im Oktober vor – viel zu spät, um eine faire Zielerreichung zu ermöglichen. Das BAG entschied: Der Arbeitgeber muss die Ziele rechtzeitig festlegen – andernfalls steht dem Arbeitnehmer Schadensersatz in voller Höhe des variablen Anteils zu.

Warum ist das Urteil besonders für Arzt- und Zahnarztpraxen relevant?

Viele Praxen setzen mittlerweile auf Bonusregelungen, um Teamleistung, Umsatz oder Patientenbindung zu fördern. Dabei gibt es verschiedene Modelle:  

Umsatzabhängige Boni für Zahnärzte oder angestellte Ärzte  
Zielprämien für medizinische Fachangestellte (MFA), z. B. für Patientenservice oder Zusatzverkäufe (IGeL-Leistungen, Zahnreinigungen)  
Qualitäts- oder Effizienzboni für Praxismanager:innen  

Doch diese Anreizsysteme funktionieren nur, wenn die Ziele klar, transparent und rechtzeitig definiert werden. Fehlt dies, kann es – wie das aktuelle BAG-Urteil zeigt – teuer werden.  

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Urteil:

1. Verpflichtung zur rechtzeitigen Zielvorgabe: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die Ziele für eine variable Vergütung rechtzeitig definiert werden. In Arzt- und Zahnarztpraxen bedeutet das: Klare Vereinbarungen, wann und wie die Bonuskriterien festgelegt werden.

2. Motivation funktioniert nur mit klaren Vorgaben: Ein Bonus kann nur dann zur Leistungssteigerung beitragen, wenn die Ziele frühzeitig und eindeutig festgelegt werden. Ein „nachträgliches Umschreiben“ der Kriterien – etwa basierend auf der wirtschaftlichen Lage der Praxis – ist nicht zulässig.  

3. Schadensersatzanspruch des Mitarbeiters: Wenn keine oder verspätete Ziele gesetzt werden, kann der Arbeitnehmer die volle Bonuszahlung einfordern – unabhängig von der tatsächlich erbrachten Leistung. Das bedeutet für Praxen: Fehlerhafte Bonusregelungen können schnell teuer werden!

4. Keine Mitwirkungspflicht des Arbeitnehmers: Der Praxisinhaber oder Arbeitgeber trägt die volle Verantwortung für die Zielsetzung. Mitarbeiter müssen nicht aktiv nachhaken oder selbst Ziele einfordern.

Was sollten Praxisinhaber jetzt tun?

Das Urteil macht eindeutig klar, dass Praxen ihre Bonussysteme grundsätzlich rechtssicher und transparent ausgestalten sollten, um sowohl arbeitsrechtlichen Vorgaben als auch den Erwartungen der Beschäftigten gerecht zu werden. Eine solche Gestaltung beginnt damit, alle Aspekte des Bonussystems in klaren und verständlichen Regelungen festzuhalten, die entweder im Arbeitsvertrag oder in einer spezifischen Praxisvereinbarung dokumentiert sind. Darüber hinaus ist es ratsam, eindeutige Fristen für die Festlegung der jeweils gültigen Zielvorgaben zu definieren, etwa in dem festgelegt wird, dass sämtliche Ziele bis spätestens zum 1. Februar für das laufende Jahr verbindlich vereinbart sein müssen.

Ebenso wichtig ist es, faire und realistische Zielsetzungen zu treffen, die nicht einseitig durch den Arbeitgeber abgeändert werden dürfen. Eine nachträgliche, willkürliche Anpassung würde nämlich nicht nur zu Unmut bei den Mitarbeitenden führen, sondern könnte zudem rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Um spätere Unklarheiten oder Streitigkeiten zu vermeiden, lohnt es sich schließlich, jede Zielvereinbarung schriftlich zu dokumentieren. Denn eines ist sicher: Unklare oder gar einseitig geänderte Bonussysteme sorgen nicht für zusätzliche Motivation, sondern erhöhen die Frustration und bergen die Gefahr teurer Nachzahlungen.

Motivationsbooster oder Druckmittel?

Bonussysteme in Arzt- und Zahnarztpraxen können ein wertvolles Instrument sein, um Teamleistung und Patientenservice zu verbessern. Doch sie müssen fair, transparent und rechtskonform sein. Werden Ziele nicht klar definiert oder nachträglich angepasst, entsteht schnell der Eindruck, dass Boni eher als Druckmittel denn als echte Belohnung dienen.  

Fazit: Klare Bonusregelungen schützen vor teuren Fehlern

Das aktuelle BAG-Urteil zeigt, wie wichtig es ist, variable Vergütungssysteme in Arzt- und Zahnarztpraxen professionell und rechtskonform zu gestalten. Werden Ziele nicht rechtzeitig festgelegt, kann das erhebliche finanzielle Folgen für den Arbeitgeber haben – bis hin zur Nachzahlung der vollen Bonusvergütung als Schadensersatz.  

Ein gut durchdachtes Bonussystem kann ein wertvoller Motivationsbooster für das Team sein, die Mitarbeiterbindung stärken und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Praxis beitragen. Doch nur, wenn die Regeln klar, verständlich und rechtssicher sind.  

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