15. August 2017

Das Landessozialgericht Niedersachen-Bremen hat mit Urteil vom 19.05.2017 – L 3 KA 108/12 entschieden, dass der Umzug einer Patientin keinen Unzumutbarkeitsgrund für eine Nachbesserungsbehandlung beim erstbehandelnden Zahnarzt darstellt. Wurde die Nachbesserung durch einen anderen Zahnarzt gleichwohl durch die Krankenkasse genehmigt, kann diese den bereits gezahlten Festzuschuss vom Erstbehandler nicht zurück verlangen.

Unzumutbarkeit der Nachbesserung

Eine 90-jährige Patientin hatte bei dem Kläger (Erstbehandler) einen Zahnersatz anfertigen lassen. Die Krankenkasse der Patientin zahlte hierfür einen Festzuschuss in Höhe von insgesamt € 1.006,14. Ca. 1,5 Jahre später verzog die Patientin in eine andere Stadt. Zur gleichen Zeit beanstandete sie gegenüber ihrer Krankenkasse, dass der vom Erstbehandler eingliederte Zahnersatz zu locker sei. Daraufhin wurden Mängelgutachten erstellt. Diese ergaben, dass eine Nachbesserung erforderlich ist. Weil dem Erstbehandler im Rahmen der 2-jährigen Gewährleistungsfrist Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden müsse, lehnte die Krankenkasse jedoch zunächst den Antrag der Patientin auf einen Behandlerwechsel (vor Ort) ab und wies die Patientin an, sich den Erstbehandler zu kontaktieren. Der Sohn der Patientin wendete ein, dass der Patientin dies wegen Entfernung und wegen einer schwerwiegenden Störung des Vertrauensverhältnisses unzumutbar sei. Daraufhin genehmigte die Krankenkasse schließlich doch einen Behandlerwechsel. Für eine Neuversorgung durch den aufgesuchten Zahnarzt vor Ort zahlte die Krankenkasse einen Festzuschuss von € 1.031,75. Vom Erstbehandler verlangte die Krankenkasse den bereits gezahlten Festzuschuss von € 1.006,14 als Schadensersatzanspruch zurück. Dagegen wehrte sich der Kläger. Zu Recht.

Die Entscheidung

Selbst wenn die Patientin gegenüber ihrer Krankenkasse einen Anspruch auf eine neue prothetische Versorgung bei einem neuen Zahnarzt hat, ergibt sich hieraus kein Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegenüber dem Erstbehandler.

Das Gericht hat entschieden, dass die Krankenkasse nur die Schäden ersetzt verlangen kann, die durch vertragswidriges Verhalten des Vertragszahnarztes entstehen. Allein die Tatsache, dass eine im Rahmen einer Dienstleistung erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist, reicht hierfür nicht aus. Vielmehr muss aus Gründen, die im Behandlungsverhältnis selbst liegen, eine Nachbehandlung durch den jeweiligen Vertragszahnarzt unzumutbar sein.

Aus dem dokumentierten Behandlungsverlauf zwischen dem Erstbehandler und der Patientin ergaben sich nach den Urteilsgründen keine Umstände, weswegen eine Nachbesserung oder Neuanfertigung beim Erstbehandler unzumutbar gewesen wäre. Die Unzumutbarkeitsgründe beruhten lediglich auf persönlichen Gründen der Patientin aufgrund ihres Umzuges, die jedoch nicht dem Erstbehandler zuzuschreiben sind. Die Behauptung einer schweren nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses war in diesem Fall lediglich eine Schutzbehauptung.

Darüber hinaus wies das Gericht klarstellend daraufhin, dass unabhängig davon ein Schaden ohnehin nur in den zusätzlichen Kosten hätte bestehen können, die der Patientin infolge der Zweibehandlung beim Nachbehandler entstanden sind.

Fazit

Im Rahmen der 2-jährigen Gewährleistung ist der behandelnde Zahnarzt verpflichtet wie auch berechtigt, erforderliche Nachbesserungsbehandlungen vorzunehmen. Persönlich Gründe durch den Wegzug eines Patienten rechtfertigen für sich keine Unzumutbarkeit der Nachbehandlung durch den Erstbehandler. Krankenkassen, die dennoch einem Behandlerwechsel aufgrund der örtlichen Entfernung im Interesse der Patienten zustimmen, können die Kosten für die Erstbehandlung nicht zurück verlangen.

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