Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 20.04.2016, 7 U 241/14, die Aufklärungspflicht bei Risiken über Brustimplantate konkretisiert.
In dem hier entschiedenen Fall ging es um die Abweisung der Klage einer Patientin im Streit um die mit billigem Industriesilikon gefüllten Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP). Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass diese auch vor dem Hintergrund der durch das Gericht konkretisierten Aufklärungspflicht nicht zu beanstanden sei. Es komme insoweit weder eine Haftung der beklagten Ärzte, noch des Haftpflichtversicherers der Herstellerfirma in Betracht.
Das OLG Karlsruhe beruft sich im Rahmen der Konkretisierung der Aufklärungspflicht zunächst auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Danach muss der Patient „im Großen und Ganzen“ wissen, worin er einwilligt. Dazu muss er über die Art des Eingriffs und seine nicht ganz außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegenden Risiken informiert werden, soweit diese sich für einen medizinischen Laien aus der Art des Eingriffs nicht ohnehin ergeben und für seine Entschließung von Bedeutung sein können. Dem Patienten muss eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs und den spezifischen mit ihm verbundenen Risiken vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern.
Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher ist der Patient, dem dieser Eingriff angeraten wird oder den er selbst wünscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen zu informieren. Das gilt in besonderem Maße für kosmetische Operationen, die nicht, jedenfalls nicht in erster Linie der Heilung eines körperlichen Leidens dienen, sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis. Der Patient muss in diesen Fällen darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigstenfalls erwarten kann, und ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen geführt werden, damit er genau abwägen kann, ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn immerhin belastenden Eingriffs und darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge eines Eingriffs in Betracht kommen. Deswegen stellt die Rechtsprechung sehr strenge Anforderungen an die Aufklärung des Patienten vor einer kosmetischen Operation.
Das OLG Karlsruhe führt – unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßstäbe der Rechtsprechung des BGH – aus, dass bei einer Brustaugmentation mit Silikonimplantaten neben den allgemeinen Operationsrisiken (Blutung, Infektion, Narbenbildung, Kapselfibrose, Folgeoperationen, mögliche Notwendigkeit des Austauschs des Implantats, Gefahr einer Asymmetrie, möglicherweise unbefriedigendes kosmetisches Ergebnis) insbesondere darüber aufzuklären ist, dass Silikonimplantate im Durchschnitt eine begrenzte Lebensdauer aufweisen, die durchschnittlich bei etwa 10 bis 15 Jahren liegt und die daher nach zehn Jahren eine regelmäßige engmaschige Kontrolle und gegebenenfalls einen Austausch der Implantate erforderlich macht. Aufzuklären ist zudem darüber, dass die tatsächliche Lebensdauer individuell verschieden ist und von der Reaktion der Implantate mit dem umliegenden Gewebe abhängt, die wiederum von seiner Größe, dem Weichteilmaterial, der Lage der Implantate und den körperlichen Aktivitäten der Patienten beeinflusst wird. Ferner ist über die Umstände, welche die Lebensdauer der Implantate begrenzen, sowie über die Risiken einer Implantatruptur mit den Folgen möglicher lokaler Gewerbereaktionen, einem Gel-Bleeding (Phänomen, dass geringere Mengen des Gels aufgrund der Beschaffenheit der Implantathülle ausschwitzen können) oder einer Beschädigung des Implantats durch massive Gewalteinwirkung (beispielsweise bei einem Auto- oder Sportunfall) aufzuklären.
Fazit:
Auch dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass die Anforderungen an die Patientenaufklärung immer strenger werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es dem (Zahn)Arzt beim Vorwurf eines Aufklärungsfehlers obliegt, nachzuweisen, dass er den Patienten tatsächlich richtig aufgeklärt hat, ist die Frage nach der richtigen Art und Weise der Patientenaufklärung von entscheidender Bedeutung. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung und der Gesetzgeber immer höhere Anforderungen an die Patientenaufklärung stellen, gewinnt dieser Aspekt an immer größerer Bedeutung.
Daher ist allen (Zahn)Ärzten dringend dazu zu raten, ihren Patienten die erforderliche umfassende und individuelle Aufklärung zu gewähren, sowie die Aufklärung der Patienten ernst zu nehmen und mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen.
Im Zweifelsfall ist es wohl am besten, den Patienten schriftlich bestätigen zu lassen, dass er eine entsprechende Aufklärung erhalten hat, oder?
Die schriftliche Bestätigung des Patienten, dass er entsprechend aufgeklärt wurde, ist nicht von Nachteil. Sie entbindet den (Zahn)Arzt jedoch nicht von seiner Dokumentationspflicht. Der (Zahn)Arzt sollte in der Patientenkartei stets den wesentlichen Inhalt des Aufklärungsgesprächs dokumentieren, da er im Haftungsfall die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten trägt und es danach dem (Zahn)Arzt obliegt, zu beweisen, dass er den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt hat.