27. Oktober 2017

Die schnelle elektronische Kommunikation per WhatsApp, Facebook Messanger & Co. ist bereits fester Bestandteil des Privatlebens vieler Menschen. Der Trend zeigt aber, dass auch Patienten – insbesondere jüngere – zunehmend größeren Wert auf eine schnelle und vor allem elektronische Kommunikation mit ihrem Arzt legen. Die sozialen Medien verlagern sich immer mehr auch in das Geschäftsleben. Insoweit bieten die sozialen Medien auch für Arztpraxen Möglichkeiten, welche über die übliche Kommunikation hinausgehen. Allerdings stehen dem gewisse Risiken gegenüber. Ärzte sollten dem Einsatz der neuen Medien im Rahmen der Patientenkommunikation mit Vorsicht begegnen. Worauf beim Einsatz sozialer Medien im Rahmen der Patientenkommunikation besonders zu achten ist, zeigt der folgende Beitrag.

Ärztliche Schweigepflicht

Wie auch sonst, muss der Arzt bei der Nutzung sozialer Medien die ärztliche Schweigepflicht beachten. Sensible Patientendaten dürfen über Kommunikationskanäle wie beispielsweise WhatsApp und Facebook nicht übermittelt werden. Auch dürfen in den sozialen Netzwerken keine Informationen zu Patienten gepostet oder als Video eingestellt werden.

Patientenanfragen sollten ausschließlich über gesicherte Wege – beispielsweise verschlüsselte E-Mail-Systeme – beantwortet werden. Denn hier greift neben strengen Datenschutzregeln auch die ärztliche Schweigepflicht. Verstöße gegen letztere können strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Ärzte sollten die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Kommunikation zwischen ihnen und ihren Patienten vertraulich und im Rahmen des gesetzlich Zulässigen abläuft. Verlangt oder schlägt ein Patient eine nicht geeignete Form der Kommunikation vor, so ist es Aufgabe des Arztes, den Patienten darauf hinzuweisen, mit welchen Problemen diese Art der Kommunikation verbunden ist.

Entscheidet sich ein Arzt dazu, seinen Patienten eine elektronische Kommunikation anzubieten, gibt es drei wesentliche Punkte, welche es zu beachten gilt: Datenschutz, Haftung und Abrechnung.

Der Datenschutz fordert eine sichere und vertrauliche Kommunikation mit den Patienten. Hinsichtlich der Haftung stellt sich die Frage, in welchen Fällen eine Fernbehandlung erfolgen darf, ohne dass der Arzt seine Sorgfaltspflicht verletzt. Und im Rahmen der Abrechnung ist zu hinterfragen, ob eine solche Kommunikation mit dem Patienten bezahlt wird oder ob der Arzt insoweit umsonst arbeitet.

Datenschutz – Sichere Kommunikationsverfahren

Ein besonderes Augenmerk ist auf den Datenschutz zu richten. Dieser spielt immer dann eine Rolle, wenn Patienten konkret angesprochen werden sollen. Grundsätzlich gelten sämtliche datenschutzrechtlichen Vorschriften auch in den neuen sozialen Medien. Bei der Kommunikation per SMS / WhatsApp / Facebook-Messanger handelt es sich technisch betrachtet nicht um eine sichere End-to-End-verschlüsselte Form der Kommunikation. Die Informationen sind daher weniger sicher als in einem gewöhnlichen, verschlossenen Brief.

Es stellt sich daher die Frage, welche Informationen überhaupt über diesen unsicheren Weg versendet werden dürfen. Unproblematisch können sämtliche Informationen zur Praxisorganisation – Öffnungszeiten, Anreise, Parkmöglichkeiten, etc. – über diesen Weg kommuniziert werden.

Fraglich wird es jedoch bei Terminvereinbarungen sowie Terminerinnerungen per E-Mail oder SMS. Denn häufig kann bereits aus der Art des Termins hergeleitet werden, was Anlass des Arztbesuches ist. Überdies nennt der Patient in der Terminanfrage regelmäßig auch die Erkrankung oder den Grund des Arztbesuchs. Hierbei handelt es sich um vertrauliche Daten, welche nicht per SMS, E-Mail oder WhatsApp verschicket werden sollten. Weniger kritisch sind reine Terminerinnerungen per SMS zu werten. Etabliert hat sich insoweit bereits das Versenden von Terminerinnerungen per Postkarte. Das Risiko, dass Datenschützer Anstoß daran nehmen, ist zwar nicht gänzlich auszuschließen, aber dennoch als eher gering zu werten. Um sicher zu gehen, sollte allerdings das schriftliche Einverständnis eines jeden Patienten vor der Nutzung von SMS oder E-Mail als Kommunikationsmittel eingeholt werden.

In Fällen, in denen der Arzt eine vertrauliche Anfrage des Patienten über E-Mail, SMS oder WhatsApp erhält, sollte die Anfrage des Patienten dennoch beantwortet werden, da es einen unprofessionellen und unorganisierten Eindruck machen würde, wenn diese Nachricht unbeantwortet bliebe. Es ist allerdings dazu zu raten, dass der Arzt mit einem Hinweis dahingehend antwortet, dass er per SMS / E-Mail / WhatsApp keine Behandlungsanlässe besprechen möchte und um eine telefonische oder persönliche Kontaktaufnahme gebeten wird.

Keine berufliche Nutzung von WhatsApp

Zwar werben die Entwickler von WhatsApp mit einer End-to-End-Verschlüsselung. Es gibt jedoch keinen Mechanismus, mit dem festgestellt wird, dass der Gesprächspartner auch tatsächlich derjenige ist, der er vorgibt zu sein. Überdies weist WhatsApp in seinen Geschäftsbedingungen darauf hin, dass die App nur für den privaten Einsatz zugelassen ist. Das bedeutet, wenn WhatsApp für berufliche Zwecke genutzt wird und es dabei zu unerwünschten Vorfällen kommt – beispielsweise einem Datenleck –, dann kann WhatsApp damit alle Verantwortung zurückweisen.

Posten vertraulicher Angaben auf Facebook

Im Gegensatz zu WhatsApp ist die Nutzung von Facebook durch eine Arztpraxis auch nach den Geschäftsbedingungen von Facebook zulässig. Aber auch hier sollte die Plattform ausschließlich dazu genutzt werden, um nützliche Informationen über Praxis und Organisation zu posten. Keinesfalls dürfen medizinische Befunde über Facebook verschickt werden. Entsprechendes gilt auch dann, wenn man die Verschlüsselung im Facebook-Messanger aktiviert. Die Nachrichten sind auch dann nicht sicherer als bei WhatsApp, da auch hier nicht garantiert ist, dass der Gegenüber auch tatsächlich derjenige ist, der er zu sein scheint.

Patientenkommunikation

Ein weiterer zu beachtender Aspekt beim Einsatz sozialer Medien als Kommunikationsmittel, ist das sogenannte berufsrechtliche Fernbehandlungsverbot (§ 7 Abs. 4 MBO-Ä). Nach § 7 Abs. 4 MBO-Ä dürfen „Ärztinnen und Ärzte (…) individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt.“

Diese Vorschrift wird übereinstimmend so ausgelegt, dass eine individuelle Behandlung zwingend einen Arzt-Patienten-Kontakt „mit allen fünf Sinnen“ erfordert. Das heißt, der Patient muss sich beim Arzt persönlich vorstellen. Daher ist eine ausschließliche Beratung über Telekommunikationsmittel nach allgemeiner Auffassung nicht zulässig. Vor einer Fernbehandlung hat zumindest einmal ein persönlicher Kontakt zwischen Arzt und Patient stattzufinden.

Der Arzt muss die Möglichkeit der Fernberatung daher verantwortungsvoll einsetzen. Das Risiko, wichtige Hinweise auf eine schwere Erkrankung zu übersehen oder die Dringlichkeit der Erkrankung falsch einzuschätzen, sind deutlich höher als bei einer persönlichen Vorstellung des Patienten.

Abrechnung

Letztlich stellt sich die Frage, ob und wie ein Patientenkontakt mittels neuer sozialer Medien abgerechnet werden kann.

Nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) kann die Nummer 1 (Beratung) und die Nummer 3 (eingehende Beratung, mindestens 10 Minuten) auch für die Beratung „per Fernsprecher“ abgerechnet werden. Dies umfasst auch die elektronische Kommunikation. Voraussetzung ist aber auch hier, dass der Erstkontakt zwischen Arzt und Patient nicht ausschließlich elektronisch erfolgt.

Nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) können sogenannte „mittelbare“ Arzt-Patienten-Kontakte dann abgerechnet werden, wenn es entweder im Quartal keinen anderen Kontakt gab (Ziffer 01435) oder die Inanspruchnahme unvorhergesehen und zur Unzeit erfolgt (Ziffer 01100 / 01101). Der Begriff der mittelbaren Patientenkontakte wird definiert in den Allgemeinen Bestimmungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Danach sind mittelbare Patientenkontakte, Kontakte, bei denen sich Arzt und Patient nicht am selben Ort befinden, soweit dies berufsrechtlich zulässig ist. Nach den obigen Feststellungen, wonach die elektronische Kommunikation zulässig ist, soweit sie zuverlässig verschlüsselt ist, könnte diese danach als mittelbarer Kontakt theoretisch wie oben abgerechnet werden. Zu beachten ist jedoch, dass aufgrund des Fernbehandlungsverbotes zuvor ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden haben muss. Erfolgte dieser Kontakt allerdings im gleichen Quartal, wird die Ziffer 01435 wiederum gestrichen. Die Abrechnungsmöglichkeiten nach EBM sind insoweit also eher dürftig.

Praxistipp

Auch wenn die sozialen Medien immer mehr unseren Alltag prägen, ist bei der Nutzung der sozialen Medien in einer Arztpraxis besondere Vorsicht geboten. Es passiert schnell – wenn auch in den meisten Fällen unbeabsichtigt –, dass sensible Patientendaten veröffentlicht werden. Die Folgen eines solchen Vorfalls können für den Arzt erheblich sein und sollten daher unbedingt vermieden werden.

Wir empfehlen Ärzten soziale Medien für die Weiterleitung von Patientendaten grundsätzlich nicht zu nutzen. Lediglich für allgemeine Informationen – beispielsweise Hinweise auf die Öffnungszeiten der Praxis – sollte eine Arztpraxis die sozialen Medien nutzen. Sofern ein Patient ausdrücklich wünscht, dass sein Arzt mit ihm über soziale Netzwerke kommuniziert, dann nicht ohne die Einwilligung der Patienten und Schweigpflichtsentbindung. Der Arzt sollte den Patienten in einem solchen Fall ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Informationen auch von Dritten gelesen, weiterverwendet oder in sonstiger Weise genutzt werden können und sie als Arzt hierfür keinerlei Verantwortung übernehmen.

 

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4 Antworten

  1. Wie verhält es sich, wenn der Kontakt vom Patienten ausgeht? Vorgesehen für Terminwünsche oder ein Folgerezept. Kontaktdaten werden auf dem Mobiltelefon nicht gespeichert.

  2. Ich stelle es mir schwierig vor eine Abrechnung für Ärzte zu erstellen, die sich auf den Patientenkontakt mittels neuer sozialer Medien bezieht. Ich habe auch einen Arzt, bei dem man sich über WhatsApp melden kann, falls die Praxis urlaubsbedingt geschlossen ist. Das finde ich noch sehr gewöhnungsbedürftig, obwohl ich die Idee an und für sich gut finde.

  3. Mit seinen Patienten per WhatsApp zu kommunizieren, geht in meinen Augen etwas zu weit. Wie soll ein Arzt dann überhaupt noch Berufs- und Privatleben voneinander trennen? Es ist doch ohnehin schon so, dass viele Ärzte die Schicksale ihrer Patienten mit nach Hause nehmen, wie ich von meiner Schwester weiß. Sie ist als Internistin tätig.

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