Ärztlicher Notstand herrscht bereits in vielen Regionen Deutschlands, insbesondere auf dem Land. Durch die Telemedizin und die Möglichkeit der Fernbehandlung soll die Versorgung zukünftig verbessert werden. Um den Anschluss nicht zu verlieren, sollten Ärzte daher diesen Schritt wagen und via Telemedizin künftig Online-Sprechstunden o. ä. anbieten. Doch gerade in dem Bereich der Telemedizin herrscht Verunsicherung unter der Ärzteschaft: Was ist erlaubt und wann liegt ein Verstoß gegen Berufsrecht vor?
Wir begrüßen sehr, dass sich auch die Projektgruppe Telemedizin der Bundesärztekammer (BÄK) dieser Frage angenommen hat und in einem Papier den im Berufsrecht der Ärzte verankerten Paragraphen zur Fernbehandlung präzisiert. Diese Ausarbeitung ist geeignet, um den Ärzten beim Einsatz telemedizinischer Verfahren einen ersten Leitfaden für mehr Rechtssicherheit zu geben.
Das sogenannte „Fernbehandlungsverbot“ in § 7 Absatz 4 der (Muster-)Berufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) hat Ärzte, die sich dem Einsatz von telemedizinischen Verfahren bedienen, verunsichert. Nach dieser Vorschrift dürfen Ärztinnen und Ärzte individuelle Behandlungen, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen. Auch bei telemedizinischen Verfahren ist zu gewährleisten, dass eine Ärztin oder ein Arzt die Patientin oder den Patienten unmittelbar behandelt.
Berufsrechtlich unzulässig ist danach jedoch nur die „ausschließliche“ Fernbehandlung, nicht hingegen die Fernbehandlung generell.
Die Projektgruppe Telemedizin der BÄK hat anhand von telemedizinischen Versorgungsmodellen einen Überblick über die rechtlich zulässigen und unzulässigen Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten nach § 7 Abs. 4 MBO-Ä erarbeitet. Der Vorsitzende des Ausschusses Berufsordnung, Dr. med. Udo Wolter, erklärt dazu: „Die Erläuterungen schaffen für Ärztinnen und Ärzte in dem sehr dynamischen Entwicklungsfeld der Telemedizin Klarheit, welchen rechtlichen Rahmen die Berufsordnung vorgibt“.
Klargestellt wird in dem Papier, dass sich der Geltungsbereich der Norm nur auf die „individuelle“ ärztliche Beratung oder Behandlung beschränkt. Diese liege dann vor, wenn sie auf einen bestimmten Patienten und dessen Symptome bezogen sei und in einer konkreten Situation zu einer Diagnose oder Therapieempfehlung führe. In dem Papier heißt es dazu: „Infolgedessen ist es berufsrechtswidrig, den einzelnen Patienten konkret zu behandeln, ohne persönlichen im Sinne von physischen Kontakt mit dem Patienten gehabt zu haben“.
In dem Papier wird weiter erläutert, dass allgemeine Erörterungen einer medizinischen Frage ohne Bezug auf einen bestimmten Patienten zulässig sind, ebenso Erläuterungen zu einer Diagnose über ein Internetportal. Jedoch könne die Abgrenzung zwischen allgemeinen Hinweisen und einer ärztlichen Behandlung im Einzelfall schwierig sein, weshalb sie stets einer „konkreten Prüfung in der Verantwortung des Arztes“ bedürfe.
Die ausschließliche telemedizinische Behandlung ist als Ergänzung einer „herkömmlichen“ ärztlichen Behandlung auch rechtlich unter definierten Bedingungen möglich. Die Voraussetzung hierfür ist regelmäßig der physische Arztkontakt des Patienten zu Beginn einer Behandlung. Im Anschluss daran kann die Behandlung zumindest zeitweise ohne persönlichen Kontakt zum Patienten per Telemedizin fortgeführt werden.
Zudem muss auch bei telemedizinischen Verfahren ein Arzt den Patienten „unmittelbar“ behandeln. Diese Begrifflichkeit meint, dass die Behandlung „auf eigenen, unmittelbaren Wahrnehmungen des Arztes“ unter Einbezug aller seiner fünf Sinne beruhen muss. Damit ist die persönliche körperliche Untersuchung des Patienten nach der gebotenen ärztlichen Sorgfaltspflicht gemeint. Somit ist im Hinblick auf die Fernbehandlung stets mindestens ein unmittelbar behandelnder Arzt als Beteiligter erforderlich. Gleichzeitig bedeutet das, dass mehrere Ärzte in die Behandlung eingebunden sein können, ohne dass bei allen ein unmittelbarer Patientenkontakt gegeben sein muss.
Lediglich eine Variante der Telekonsultation erweist sich nach dem Papier als problematisch: Wenn bei einem Arzt-Patienten-Kontakt beispielsweise per Video eine Diagnose oder Therapieempfehlung ohne Einbettung in einen Behandlungszusammenhang erfolgt. Derzeit ist dies zumindest in Deutschland berufsrechtswidrig.
Fazit zur Fernbehandlung
Um die Worte des Vorsitzenden der Projektgruppe, Dr. med. Franz-Joseph Bartmann, aufzugreifen: „Die Hinweise und Erläuterungen zeigen, dass ein sehr weites Spektrum telemedizinischer Versorgung mit unserer Berufsordnung vereinbar ist“.
Dies können wir nur bestätigen. Ärzte und andere Leistungserbringer sollten daher keine Angst vor dem Einsatz telemedizinischer Verfahren haben. Durch die Technik sollen sie nicht ersetzt werden, sondern vielmehr soll die Technik sie ergänzen und moderne Kommunikationswege sollen es ermöglichen, gezielter zu arbeiten und Ressourcen zu schonen. Telemedizin ist die Zukunft.
Wagen also auch Sie den Schritt in eine digitale Zukunft und nutzen die technischen Entwicklungen auch in Ihrer Praxis. Auf diesem Weg begleiten wir Sie gerne und stehen Ihnen mit Rat und Tat hinsichtlich aller damit im Zusammenhang stehenden rechtlichen Fragen zur Seite. Denn Ihnen zu zeigen, wie Sie diese Entwicklung für sich nutzen zu können, haben wir uns zur Aufgabe gemacht! Sprechen Sie uns gerne an.