4. März 2013

Die Aufforderung zur „frühen Nutzenbewertung“ von Arzneimitteln für bereits auf dem Markt befindliche Medikamente (Bestandsmarkt) ist rechtens.

Das entschied das LSG Berlin-Brandenburg am 28.02.2013 unter Az.: L 7 KA 106/12 KL ER. Der Pharmahersteller Novartis unterlag dabei dem Gemeinsamen Bundesausschuss bei der Frage, ob der GBA auch den Arzneimittel-Bestandsmarkt der Nutzenbewertung nach § 35a SGB V unterziehen kann. Dies wiederum hätte zur Folge, dass sich Pharmahersteller auch für Medikamente, die bereits vor Einführung der „frühen Nutzenbewertung“ nach AMNOG, also vor dem 1.1.2011 auf dem deutschen Markt zugelassen waren, entweder neuen Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband unterziehen müssen oder – wenn kein Zusatznutzen nachgewiesen werden kann – sogar auf das Niveau der Festbetragsgruppe absenken lassen müssen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hatte im Juni 2012 erstmals bereits zugelassene Präparate in die Nutzenbewertung und Preisverhandlungen einbezogen. U.a. wurde auch Novartis aufgefordert, Dossiers zu vier von Ihnen vertriebenen Diabetes-Mitteln mit den Wirkstoffen Sitagliptin, Vildagliptin und Saxagliptin sowie deren Wirkstoffkombinationen vorzulegen. Der Jahresumsatz dieser Präparate wird auf bis zu 500 Millionen Euro geschätzt (Quelle: faz-online vom 10.02.2013). Novartis führte im Verfahren aus, dass eine Preisabsenkung auf das Niveau der Festbetragsgruppe zu einer voraussichtlichen Preisabsenkung von ca. 90 % führen würde.

Seinen Beschluss zur Vorlage eines Dossiers begründete der GBA damit, dass diese Wirkstoffe gemäß § 35a Abs. 6 Satz 2 SGB V mit dem Wirkstoff Linagliptin im Wettbewerb stünden, für den er bereits im März 2012 einen Beschluss über die Nutzenbewertung gefasst habe.

Streitpunkt der Klage war im Wesentlichen, ob in der Aufforderung zur Vorlage eines Dossiers zur Bestandsmarkt-Nutzenbewertung ein Verwaltungsakt zu sehen sei, gegen den der Rechtsweg eröffnet sei.

Dies hat das LSG in seinem im einstweiligen Rechtschutzverfahren getroffenen Beschluss mit Blick auf das Gesetz verneint. Einen selbständigen Regelungscharakter und damit eine unmittelbare Außenwirkung auf die Rechte der Antragstellerin (Novartis) hat das Gericht in seinem Beschluss verneint. Die Aufforderung, ein Dossier einzureichen sei eine reine Obliegenheit, so wie die im Sozialrecht üblichen Aufforderungen zur Mitwirkung. Zudem entspräche dies auch dem Willen des Gesetzgebers, da die Vorschrift zur frühen Nutzenbewertung im Sozialgesetzbuch (§ 35 a Abs. 8 SGB V) explizit keine Klagemöglichkeit während des Verfahrens vorsehe, um so Verzögerungen im Verfahren durch Prozesse zu vermeiden. Dies gelte nach Ausführungen des LSG gleichermaßen für den Bestandsmarkt wie auch für neu zugelassenen Medikamente.

http://www.lsg.berlin.brandenburg.de/sixcms/media.php/4417/l7ka106-12kler.15939411.pdf

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