15. Oktober 2008

Mit seinem Urteil vom 06.02.2008 (Aktenzeichen XII ZR 45/06) hat der BGH für ärztliche Ehescheidungen entschieden, dass bei der Ermittlung des ideellen Praxiswerts nicht ein pauschal angesetzter kalkulatorischer Unternehmerlohn, sondern ein individueller Arztlohn von dem Ausgangswert in Abzug zu bringen ist.

Zunächst stellte das Gericht klar, dass im Rahmen des Zugewinnausgleichs grundsätzlich auch der Vermögenswert einer freiberuflichen Praxis zu berücksichtigen ist. Dabei wurde es von dem Gericht als sachgerecht erachtet, eine Bewertungsmethode heranzuziehen, die in Form einer Richtlinie von einem Gremium der zuständigen Standesorganisation empfohlen wird.

Nach der Richtlinie zur Bewertung von Arztpraxen bestimmt sich der Praxiswert nach dem Verkehrswert. Dieser wiederum setzt sich aus einem materiellen und einem ideellen Praxiswert zusammen. Neben der Bestimmung des Substanzwertes nach den allgemeinen Grundsätzen, erfolgt die Ermittlung des ideellen Werts anhand einer Beurteilung des Umsatzes der Praxis in den letzten drei Kalenderjahren vor dem Kalenderjahr des Bewertungsfalls. Ein Drittel des hierbei ermittelten durchschnittlichen Jahresumsatzes stellt den weiteren Berechnungswert dar.

Von diesem Betrag wäre unter Berücksichtung der Richtlinien nunmehr ein kalkulatorischer Arztlohn für den Praxisinhaber (Jahresgehalt eines Oberarztes nach I b BAT, brutto, verheiratet, zwei Kinder, Endstufe, ohne Mehrarbeitsvergütung) abzuziehen, um den ideellen Praxiswert zu erhalten.

Dies, so der BGH, gilt jedoch nicht für die Vermögensbewertung im Rahmen des Zugewinnausgleichs. Hier ist nicht ein pauschal angesetzter Arztlohn, sondern der nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigte Arztlohn in Abzug zu bringen. Es muss nämlich berücksichtigt werden, dass sich die Ertragsprognose nicht von der Person des derzeitigen Inhabers trennen lasse. Der Zugewinnausgleich soll jedoch das bis zum Stichtag vorhandene Vermögen aufteilen und nicht künftige Einkommenserwartungen ausgleichen. Deshalb muss der auf den Praxisinhaber bezogene Wert eliminiert werden, der auf seiner Arbeit und seinen persönlichen Fähigkeiten und Leistungen beruht. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das Vermögen im Wege des Zugewinnausgleichs und das Einkommen im Wege des Unterhalts ausgeglichen wird.

Fazit: In Einklang mit diesem neuen Urteil des BGH sollte bei der Ermittlung des individuellen Praxiswertes im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht mehr der kalkulatorische Arztlohn, sondern ein nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigter Arztlohn in Abzug gebracht werden.

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