2. Dezember 2025

Die Entscheidung, als (Zahn)ärztin oder (Zahn)arzt den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, ist mutig – und will sorgfältig vorbereitet sein. Neben Zulassung, Standortwahl und den Herausforderungen der Praxisübernahme oder Neugründung ist die Finanzierung über ein Bankdarlehen eine der wichtigsten und folgenschwersten Weichenstellungen. Seit unserem ursprünglichen Beitrag 2007 hat sich rechtlich und praktisch einiges verändert – aktuelle Entwicklungen und digitale Antragsprozesse machen es aber nicht einfacher, sichere Entscheidungen zu treffen.

Finanzierung und Vertragsprüfung: Was ist 2026 zu beachten?

Die meisten Praxisgründungen im Rhein-Main-Gebiet, in Frankfurt und ganz Deutschland werden weiterhin mit Bankkrediten finanziert. Zwar liegen die durchschnittlichen Investitionssummen für Arzt- und Zahnarztpraxen heute oft sogar etwas höher als früher (oft 200.000 € bis 500.000 € und mehr – je nach Standort und Praxiskonzept), allerdings eines ist geblieben: Das Darlehen bestimmt, wie leistungsfähig und flexibel Ihre künftige Praxis sein wird – und wie hoch Ihr monatlicher finanzieller Druck ausfällt.

Trotz standardisierter digitaler Abläufe empfehlen wir: Nichts unterschreiben, was Sie nicht bis ins Detail verstanden und geprüft haben. Denn Banken verwenden weiterhin vorrangig ihre eigenen (digitalen) Vertragsformulare – der rechtliche Spielraum für Verhandlungen ist zwar beschränkt, aber die Vertragsprüfung durch eine/n erfahrene/n Medizinrechtsanwalt/-anwältin ist wichtiger denn je. Auch Details wie Tilgungsmodalitäten, Sondertilgungsrechte, Zinsbindungen und Kündigungsmöglichkeiten sollten individuell beleuchtet werden. Mit zunehmender Komplexität steigen hier rechtliche Risiken und Gestaltungsoptionen.

Die Stellung des Praxisgründers im Kreditrecht: Änderungen und aktuelle Praxis

Existenzgründungskredite für den Praxisaufbau werden rechtlich regelmäßig dem Unternehmerhandeln zugeordnet. Maßgeblich ist die objektive Zweckrichtung des Geschäfts: Wird das Darlehen zur Aufnahme einer freiberuflichen/selbständigen Tätigkeit aufgenommen, handelt der Darlehensnehmer grundsätzlich als Unternehmer (§ 14 BGB), auch wenn die Tätigkeit erst beginnt; das hat die höchstrichterliche Rechtsprechung für „Startgeschäfte“ (z.B. Miet-/Franchiseverträge, Praxisbeteiligungen) klar herausgearbeitet

Wenn Ihr Kredit rechtlich kein Verbraucherdarlehen ist, gelten die besonderen Verbraucherschutzregeln nicht: Es gibt in der Regel kein gesetzliches Widerrufsrecht, weniger zwingende Informations- und Formvorgaben, und die Bank kann sich stärker auf ihre eigenen Vertragsbedingungen stützen. Ihre Rechte ergeben sich dann vor allem aus dem konkreten Vertrag und den allgemeinen Regeln des Zivilrechts; einzelne gesetzliche Kündigungsrechte (zum Beispiel die Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren bei festem Zinssatz) bestehen weiterhin, werden in der Praxis aber oft nicht aktiv thematisiert. Umso wichtiger ist dann natürlich die Prüfung im Vorfeld.

Vertragsgestaltung und Sicherheiten: Risiken in der Praxisgründung

Auch heute verlangen Banken meist umfangreiche Sicherheiten: Neben der klassischen Sicherungsübereignung der Praxiseinrichtung und der Abtretung von Honorarforderungen gegen die KZV sind Bürgschaften (oft auch vom Ehepartner) sowie Lebensversicherungsabtretungen weiterhin gängige Praxis. Allerdings haben sich die Anforderungen an die Wirksamkeit von Bürgschaften deutlich verschärft – gerade im Lichte der aktuellen Rechtsprechung zum Schutz der Familie vor finanzieller Überforderung. Pauschale Bürgschaften oder unbeschränkte Mitverpflichtungen des Ehepartners müssen selten akzeptiert werden.

Beachten Sie außerdem: Die Bank darf Sicherheiten nur im erforderlichen Maße verlangen (sog. Überbesicherung ist unzulässig). Eine unabhängige Vertragsprüfung klärt, welche Sicherheiten wirklich erforderlich sind und ob der Kreditanbieter sich an die rechtlichen Vorgaben hält.

Laufzeit, Rückzahlung & Kündigung: Ihre Rechte als Darlehensnehmer

Die Rückzahlung und die vereinbarte Darlehenslaufzeit sind individuell zu gestalten. In der Praxis werden weiterhin Festzinsdarlehen mit Bindungen von 5, 10 oder 15 Jahren abgeschlossen. Nach 10 Jahren können Sie den Kreditvertrag – ungeachtet einer längeren Zinsbindung (!) – gemäß § 489 BGB ordentlich mit einer Frist von 6 Monaten kündigen. Für Darlehen mit variablen Zinsen gilt häufig schon eine dreimonatige Kündigungsfrist (§ 488 Abs. 3 BGB). Diese praxisrelevanten Kündigungsrechte werden in Bankberatungen oft nicht ausreichend erläutert.

Externe und persönliche Darlehen: Kein Papier – kein Beweis!

Auch bei Gelddarlehen von Familie, Freunden oder Bekannten gilt: Nur ein schriftlicher Vertrag sichert Sie rechtlich ab. Es sollten wenigstens Darlehenssumme, Zinsen, Rückzahlungsmodus und Laufzeit klar fixiert sein – ansonsten drohen im Streitfall rechtliche Unsicherheiten und unnötige Risiken. Für Darlehen an Existenzgründer/innen gilt bei privaten Darlehensgebern insoweit kein Schriftformerfordernis – dennoch ist dies angesichts der häufig beträchtlichen Summen unverzichtbar.

Fazit: Erfolg beginnt mit Strategie und Struktur – nicht mit schnellen Unterschriften

Die sichere finanzielle Basis für Ihre Praxisgründung hängt maßgeblich von der klugen Auswahl und Gestaltung Ihres Darlehensvertrags ab. Prüfen Sie jedes Darlehensangebot kritisch – und lassen Sie sich vor Abschluss von spezialisierten (Medizin-)Rechtsanwältinnen beraten. Nur so vermeiden Sie Fallstricke, verhindern existenzielle Risiken und setzen die Grundlage für eine wirtschaftlich erfolgreiche und rechtssichere Praxis.

Fragen zur Praxisfinanzierung oder zum Darlehensvertrag?

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