20. August 2018

In den vergangenen Wochen gab es einige Artikel über den Umstand, dass sich Investoren über ihre Krankenhausbeteiligungen an zahnmedizinischen Versorgungszentren beteiligen. Das Thema wird insbesondere von den kassenzahnärztlichen Vereinigungen und Ihren Vertretern diskutiert.

Die Berichterstattung hierüber war auch bislang schon nicht sehr sachlich und wurde zum Teil mit falschen Behauptungen geführt. Nun ist in der aktuellen Zahnärztlichen Mitteilung (ZM), dem offizielle Organ der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), ein Artikel unter der Überschrift „Die neuen Cashcows“ erschienen, der das bekannte Maß an Unsachlichkeit in einem Maße überschreitet, das man für Körperschaften des öffentlichen Rechts bislang für undenkbar halten durfte.

Der Artikel stammt von der Chefin vom Dienst der ZM, Frau Claudia Kuckuhn und dem ZM-Redakteur Herrn Benn Roolf. Was die beiden in dem Artikel zusammengeschrieben haben, ist in einem Maße falsch, dass es schwer fällt zu glauben, dass dies nur auf schlechter Recherche beruht. Vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass die Unwahrheiten dieses Artikels ganz bewusst gestreut werden.

Bereits der erste Absatz des Artikels beinhaltet schon so viele Fehler, dass es kaum zu fassen ist.

Wir zitieren einmal:

„Internationale Fremdinvestoren kaufen in Deutschland gerade reihenweise marode Kliniken auf, um über dieses Schlupfloch zahnärztliche MVZ zu bilden – und zu melken. Die Versorgung ist ihnen egal, Hauptsache der Rubel rollt. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) zeigt in einer aktuellen Analyse, wie diese Geschäfte die Praxislandschaft – und damit die Struktur und Qualität der zahnärztlichen Versorgung – systematisch zerstören.“

ZM 2018-15_16 vom 16.08.2018

Es werden also „reihenweise marode Kliniken“ gekauft. Wie viele Kliniken wurden denn tatsächlich gekauft? Und was bedeutet „marode“? Dazu findet sich in dem Artikel natürlich kein Hinweis. Und dass beide Behauptungen falsch sind, darauf werden wir im Folgenden noch eingehen.

Dass die „Versorgung ihnen egal“ ist, ist dabei eine maßlose Unterstellung, die durch nichts belegt wird. Es ist auch widersinnig. Denn zugleich soll es den Investoren ja darum gehen, dass „der Rubel rollt“. Wann rollt der Rubel aber bekanntermaßen am sichersten? Wenn eine Praxis zufriedene Patienten hat. Ein schlichter Zusammenhang, der natürlich auch den ZM-Redakteuren bekannt ist, der aber hier im Sinne eines gewünschten Spannungsbogens einfach mal unbeachtet bleibt.

Die Behauptung, dass den Investoren, über die man ja noch am Anfang des Artikels schreibt, die Versorgung egal sei, wird dadurch besonders perfide, dass innerhalb des Artikels eine Tabelle mit MVZ-Ketten geordnet nach Anzahl der Standorte veröffentlicht wird. Es wird damit bewusst der Eindruck geweckt, dass diese MVZ-Ketten und die Fremdinvestoren, gegen die man hier zu Felde zieht, identisch seien. Von den dort erwähnten 12 Ketten kennt unsere Kanzlei mehrere sehr gut. Die MVZs Tausend/Hirschmann beispielsweise werden von Zahnärzten geführt, denen ganz sicher nicht unterstellt werden kann, ihnen sei die Versorgung der Patienten egal. Ganz im Gegenteil! Wie kommen die Redakteure der ZM zu so einer solchen Unterstellung? Die MVZs befindet sich im Allgäu, also im ländlichen Gebiet und bemühen sich dort, Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Diese Inhaber mit den im Artikel behaupteten Charakterzügen von Fremdinvestoren gleichzusetzen, ist schlicht eine Unverschämtheit.

Die Cashcows

Die in der Tabelle genannte Zahnheimat GmbH existiert in dieser Form gar nicht. Diese Ungenauigkeit, die offenbar aus fehlendem gesellschaftsrechtlichen Verständnis oder einfach schlechter Recherche resultiert, wollen wir einmal unbeachtet lassen, denn es ist uns klar, welche MVZ-Kette damit gemeint ist. Diese MVZ-Kette befindet sich in Ostfriesland, in einer Gegend, in der es ungemein schwierig ist, Versorgung aufrecht zu erhalten. Die erwähnte MVZ-Kette hat zuletzt Standorte übernommen, die ansonsten einfach geschlossen hätten. Hier wäre ohne diese Kette nachweislich Versorgung im ländlichen Gebiet verloren gegangen. Die Zahnheimat hat also sichergestellt, dass ältere Zahnärzte ihre Praxis ordentlich abgeben können und die Patienten auch weiterhin vor Ort versorgt werden. Statt dies zu erwähnen und zu honorieren, unterstellt man den Betreibern, dass ihnen die „Versorgung egal“ sei. Dass eine solche Diffamierung zahnärztlicher Arbeit unter dem Deckmantel der ZM möglich ist, hätten wir bislang für unmöglich gehalten.

Auch der KZBV-Vorsitzende lässt sich gerne damit zitieren, dass die die „fast 600 Zahnärzte-MVZ … zur Sicherstellung der Versorgung in strukturschwachen Räumen nichts leisten.“ (Quelle). Eine Unterstellung, die beweisbar falsch ist. Unsere Kanzlei hat in den letzten 3 Jahren gut 170 zahnmedizinische MVZS gegründet. Entgegen anderer Behauptungen sind die meisten davon auf dem Land angesiedelt und tragen damit mehr zur Versorgung in strukturschwachen Räumen bei, als es der KZBV-Vorsitzende und seine Stellvertreter, die ihre Praxis in Mönchengladbach, Berlin und Köln hatten und haben, je getan haben.

Dass dann in dem zitierten ersten Absatz des ZM-Artikels auch noch behauptet wird, dass „diese Geschäfte die Praxislandschaft – und damit die Struktur und Qualität der zahnärztlichen Versorgung – systematisch zerstören“, setzt dem Ganzen die Krone auf. Tatsächlich wird in Ostfriesland aktiv Versorgung sichergestellt. Übrigens nicht mit Unterstützung der KZV. Die Erfahrung der dortigen Zahnärzte mit den alltäglichen Problemen in den jeweils erforderlichen Zulassungsverfahren erzählen ihre eigene Geschichte.

Wenn man nun denkt, die Ungenauigkeiten und Falschbehauptungen im ersten Absatz des Artikels seien nur ein ungeschickter Einstieg in den Artikel, so sieht man sich gleich im nächsten Satz getäuscht. Dort heißt es:

Ansiedlung von MVZs

„Zahnärzte-MVZ siedeln sich vor allem in Großstädten, Ballungsräumen und einkommensstarken ländlichen Regionen an.“

Bei diesem Satz stellt man sich unvermittelt die Frage, worum es den Verfassern des Artikel denn nun geht. Geht es um Fremdinvestoren oder um Zahnärzte-MVZs? Oder will man etwa beides gleichsetzen, um die Falschinformation und die Stimmungsmache auf die Spitze zu treiben? Unabhängig davon ist dieser Satz aber in jedem Fall falsch, weil sich Zahnärzte-MVZs in Deutschland nirgendwo angesiedelt haben. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gingen Zahnärzte-MVZs nämlich nicht aus Neugründungen hervor. Vielmehr handelt es sich nahezu immer um bereits existierende Berufsausübungsgemeinschaften, die die zulassungsrechtliche Möglichkeit genutzt haben, ihre Berufsausübungsgemeinschaft in ein MVZ umzustrukturieren. Dies haben sie z.B. gemacht, um flexibler Zahnärzte anstellen zu können oder auch auf rechtlich unsichere Hilfskonstruktionen mit sog. Juniorpartnern, wie sie früher üblich waren, verzichten zu können. An den jeweiligen Standorten bestanden also schon immer Praxen.

Durch die Umwandlung in ein MVZ hat sich meist an der Behandlerzahl überhaupt nichts geändert. Durch die MVZ Gründungen hat sich also an der Versorgungssituation in Deutschland so gut wie nichts geändert. Von „Ansiedlungen“ kann also überhaupt keine Rede sein.

Krankenhäuser in finanzieller Schieflage

Insgesamt zeugt der Artikel davon, dass die Verfasser wenig Kenntnis vom Betrieb eines MVZs haben. Sie behaupten, dass Investoren „einfach als GmbH zugelassene Krankenhäuser in finanzieller Schieflage“ kaufen, „um neue MVZ-GmbHs zu gründen“. Von „einfach“ kann in dem Zusammenhang natürlich keine Rede sein. Denn würden die Krankenhäuser z.B. durch eine Insolvenz wegfallen, würde auch der MVZ-Träger entfallen und alle MVZ, die über das Krankenhaus gegründet wurden, wären zulassungsrechtlich sofort gefährdet und würden dann auch nach einer kurzen Übergangsfrist ihre Zulassung wieder verlieren. Die Krankenhäuser, die erworben werden, müssen also solide finanziert und betrieben werden. Ein Umstand, der übrigens unmittelbar zur Versorgungssicherheit beiträgt.

Schließlich kommt man in dem Artikel dann zu dem Ergebnis, dass viele MVZ-Trägergesellschaften sehr verschachtelt seien, deren Spur „sich oft in Luxemburg“ verliert. Offenbar will man mit dem Hinweis auf Luxemburg die Investoren in eine unseriöse Ecke stellen. Diese Art von Berichterstattung ist ihrerseits nicht seriös.

Hier werden MVZ-Ketten, an denen Investoren beteiligt sind, in einem Atemzug mit MVZ-Ketten genannt, die von Zahnärzten betrieben werden, wie dies auch in „normalen“ Berufsausübungsgemeinschaften üblich ist. Es wird suggeriert, dass die MVZ-Ketten nichts für die Versorgung auf dem Land täten, obwohl eine Vielzahl von Standorten der genannten MVZ-Ketten sich gerade dort befinden. Dr. Z wird wiederum in einem Atemzug mit allen anderen Praxen genannt, obwohl die dortige Struktur mit den Strukturen der übrigen MVZ-Ketten nur wenig gemein hat.

Fazit

Es stellt sich die Frage, was mit einem solch schlecht recherchierten Artikel beabsichtigt wird. Ist es schlicht Stimmungsmache gegen die Zahnarzt-MVZs, die manchen Standesvertretern aus Prinzip ein Dorn im Auge sind? Dabei verschließt man ganz offensichtlich die Augen vor den Markterfordernissen und den Wünschen junger Zahnärztinnen und Zahnärzten. Man verschließt auch die Augen vor den Möglichkeiten, die man mit einer sinnvollen Nutzung von MVZs gerade älteren Zahnärzten bieten könnte, deren Praxen kaum mehr verkäuflich sind. Die undifferenzierte Betrachtungsweise, die dieser Artikel in Gänze offenbart, ist für niemanden hilfreich.

Wenn man keine Investoren im ambulanten Markt möchte, hätte man deren Marktteilnahme vor geraumer Zeit recht einfach verhindern können. Aber warum sollte man das tun? Nehmen wir die typische Alterspraxis auf dem Land – wer übernimmt diese denn in Zukunft noch in ländlichen Gebieten? Junge Zahnärztinnen und Zahnärzte sind es bekanntermaßen eher nicht. Es sind also meist größere Praxisstrukturen, die für solche Zukäufe Kapital brauchen. Und häufig ist an dieser Stelle Eigenkapital deutlich sinnvoller als Fremdkapital. Wenn man Versorgung wirklich sicherstellen will, kann man davor nicht die Augen verschließen. Aus diesem Grund wäre es auch verfehlt, wenn man Zahnärzte-MVZs nur durch Zahnärzte gründen lassen würde, wie es die KZBV wünscht. Eine Forderung, die mit der Wirklichkeit nicht in Einklang zu bringen ist und die glücklicherweise auch politisch keine Mehrheit findet.

Es wäre hilfreich, die unsinnige Verweigerungshaltung gegen MVZs aufzugeben. Wenn man die schwarzen Schafe, denen es ausschließlich um Profit geht, aus dem Markt halten möchte, warum sagt man dies dann nicht einfach offen und ehrlich, statt gegen die MVZ-Ketten im Allgemeinen zu Felde zu führen. Damit wendet man sich gegen zahlreiche Zahnärzte, die einen hervorragenden Job machen und zwar ganz im Sinne ihrer Patienten.

Es wäre zudem hilfreich, wenn diese pauschalen Vorverurteilungen unterbleiben würde und man sich tatsächlich um die Probleme der Zahnärzteschaft kümmert, indem man berufspolitische Diskussionen ehrlich, aber eben auch sachlich und objektiv führt.

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2 Antworten

  1. Gute Stellungnahme! Danke!
    Es wäre wünschenswert, diesen Artikel der ZM als Kommentar und/oder Gegendarstellung anzubieten.
    Die „Schwierigkeiten“, die seitens der KZV oder Kammern bei der Gründung von MVZ gemacht werden, suchen Ihres gleichen und haben nicht im entferntesten etwas mit Standesvertretung zu tun.
    Keinerlei Unterstützung. Dabei ist das Ziel der Standesoberen klar; diese Institutionen haben angst, durch grosse/grössere zusammschlüsse Ihre Daseinberechtigung and damit Ihre (politische) Machtposition zu verlieren. Auch das würde erwähnt gehören.

    Beste Grüsse.
    Markus Greven_Bonn

  2. Gute Stellungnahme!!! Was treibt die bloß, solch einen unfassbaren Artikel zu veröffentlichen!!!!
    Alle Zahnärzte sollten sich zusammenschließen, um solche Machenschaften der KZBV zu unterbinden. Das ist nicht die Haltung der Zahnmediziner zu den MVZs, die die Herren vertreten. Nicht zu glauben, was da gerade passiert.

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