Die schrittweise Einführung der elektronischen Verordnung von Hilfsmitteln (sogenanntes E-Rezept) im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist für weitere Leistungsbereiche, einschließlich Hilfsmitteln, in einem Stufenplan vorgesehen. Demnach sollen Versicherte ab dem 1. Juli 2027 die Möglichkeit haben, Hilfsmittel mittels E-Rezept einzulösen. Bereits 18 Monate vorher, also bis zum 01.01.2026, müssen alle Hilfsmittelerbringer an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein. Die Nutzung der Telematikinfrastruktur kennen Verordner, Apotheken und Patienten, seit am 01.01.2024 flächendeckend und verpflichtend das E-Rezept für Arzneimittel eingeführt wurde.
Die spezifischen gesetzlichen Grundlagen für diese Erweiterungen sind in den entsprechenden Anpassungen des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) und weiteren einschlägigen Gesetzen, wie dem Digitale-Gesundheitsanwendungen-Gesetz (DVG), dem Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG), dem Patientendaten-Schutz-Gesetz und Verordnungen und Richtlinien zu finden.
Was sind Hilfsmittel?
Typische Hilfsmittel im Sinne der GKV sind die aus den Sanitätshäusern bekannten orthopädischen Hilfsmittel (z.B. orthopädische Schuhe, Rollstühle) sowie Seh- und Hörhilfen (Brillen, Hörgeräte). Der Hilfsmittelmarkt ist allerdings sowohl hinsichtlich der Produkte, also auch hinsichtlich der Versorgungswege diverser als der Arzneimittelmarkt. So sind längst nicht alle Produktgruppen im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes gelistet, Verordnungen können vom Patienten teilweise direkt beim Hersteller eingelöst werden und es gibt Besonderheiten wie z.B. Blindenführhunde, bei denen weder der Versandhandel noch die Abgabe über Sanitätshäuser oder Apotheken passend erscheint.
Pilotprojekte zur elektronischen Verordnung
Es laufen derzeit zwei große Pilotprojekte zur elektronischen Hilfsmittelverordnung unter Beteiligung von Krankenkassen, die allerdings beide in ihren jetzigen Projektstufen auf die Verordnung orthopädischer Hilfsmittel, also nur auf einen Teilmarkt beschränkt sind. Informationen zu den beiden Projekten sind unter Pilotprojekt eVerordnung und eGesundheit-Deutschland verfügbar.
Für große andere Marktbereiche und Gruppen von Hilfsmittelerbringern existieren noch gar nicht alle technischen und formellen Voraussetzungen für die Teilnahme an Projekten zur elektronischen Verordnung. Die Akteure, die auch Gesellschafter der zur Schaffung der Telematikinfrastruktur gegründeten gematik GmbH sind (also der Bund und die Spitzenorganisationen der Krankenkassen, Ärzte, Zahnärzte und Apotheker) müssen dafür sorgen, dass rechtzeitig vor dem 01.07.2027 alle Hilfsmittelerbringer an entsprechenden Pilotprojekten teilnehmen können, die auch Nischenprodukte und sämtliche Versorgungswege umfassen.
Erst dann wird für alle Beteiligten, insbesondere im Interesse aller Patienten das Ziel erreicht, durch Digitalisierung die Prozesse rund um die Verordnung und Abgabe von Hilfsmitteln effizienter und transparenter gestalten.
Positive Aspekte des E-Rezepts
Die positiven Konsequenzen einer flächendeckenden und funktionierenden Infrastruktur zur elektronischen Verordnung wären:
- Effizienzsteigerung: Der Papieraufwand wird reduziert, die Bearbeitungszeit von Verordnungen verkürzt sich. Die Vollständigkeit von Informationen soll Rückfragen zwischen den Prozessbeteiligten verringern.
- Transparenz: Alle Beteiligten – Ärzte, Krankenkassen, Hersteller, Händler und Patienten – haben jederzeit Zugriff auf den aktuellen Status der Verordnung.
- Sicherheit: Die elektronische Verordnung minimiert das Risiko von Fehlern und Missverständnissen, die bei handschriftlichen Verordnungen auftreten können.
Technische Voraussetzungen
Für die erfolgreiche Umsetzung der elektronischen Verordnung müssen Ärzte, Hilfsmittelhersteller und -händler bestimmte technische Voraussetzungen erfüllen:
- Ärzte: Sie benötigen eine geeignete Praxissoftware, die die Erstellung und Übermittlung elektronischer Verordnungen unterstützt. Zudem müssen sie über einen sicheren Zugang zum Telematikinfrastruktur-Netzwerk verfügen.
- Hersteller und Händler: Diese Akteure müssen ebenfalls in der Lage sein, elektronische Verordnungen zu empfangen und zu verarbeiten. Dazu benötigen sie kompatible IT-Systeme und sichere Kommunikationswege. Alle Hilfsmittelerbringer müssen an die dafür geschaffene Telematikinfrastruktur angeschlossen werden.
Herausforderungen
Die Einführung der elektronischen Verordnung von Hilfsmitteln stellt alle Beteiligten vor gewisse Herausforderungen:
- Technische Umstellung: Die Implementierung neuer Software und IT-Systeme erfordert Zeit und finanzielle Investitionen. Insbesondere kleinere Praxen und Händler könnten vor größeren Herausforderungen stehen.
- Schulung und Anpassung: Ärzte, Hersteller und Händler müssen geschult werden, um die neuen Systeme effizient nutzen zu können. Dies erfordert zusätzliche Ressourcen und Zeit.
- Datenschutz und Sicherheit: Der Schutz sensibler Patientendaten muss gewährleistet sein. Dies erfordert strenge Sicherheitsmaßnahmen und die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Fazit
Die elektronische Verordnung von Hilfsmitteln stellt einen wesentlichen Fortschritt auf dem Weg zu einer digitalisierten und effizienteren Gesundheitsversorgung dar. Sie bietet zahlreiche Vorteile, darunter eine schnellere Bearbeitung von Verordnungen, weniger bürokratischen Aufwand und eine verbesserte Transparenz für alle Beteiligten. Gleichzeitig bringt die Umstellung Herausforderungen mit sich, insbesondere im Hinblick auf die technische Infrastruktur und die notwendige Schulung der Beteiligten.
Um den Übergang erfolgreich zu gestalten, sind zunächst die technischen Voraussetzungen zu schaffen. Dies umfasst unter anderem den flächendeckenden Ausbau der Telematikinfrastruktur, die Bereitstellung geeigneter Softwarelösungen und die Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit. Ebenso wichtig ist es, allen beteiligten Akteuren – darunter Leistungserbringern, Ärzten und Patienten – den Zugang zu diesen Systemen zu ermöglichen und deren Handhabung durch gezielte Schulungen zu erleichtern.
Die Zeit bis zur geplanten Einführung am 01.07.2027 sollte intensiv genutzt werden, um die Systeme umfassend zu testen. Testläufe und Pilotprojekte könnten dabei helfen, technische Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und Anpassungen vorzunehmen. Zudem können die Erfahrungen aus der Einführung des E-Rezepts für Arzneimittel wertvolle Erkenntnisse liefern, um typische Fehler oder organisatorische Herausforderungen zu vermeiden.
Eine strukturierte Herangehensweise, kombiniert mit einer offenen Kommunikation und einem intensiven Austausch zwischen allen Beteiligten, wird entscheidend dazu beitragen, dass die Einführung der elektronischen Verordnung von Hilfsmitteln reibungslos verläuft und das volle Potenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen ausgeschöpft wird.