1. März 2023

Am 26. Februar 2013 ist das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, das sog. Patientenrechtegesetz in Kraft getreten. Ziel war es, die zahlreichen und lückenhaften Vorschriften zum Arzt-Patienten-Verhältnis transparenter zu machen und so insbesondere auf Patientenseite eine größere Rechtssicherheit zu schaffen. Aus ärztlicher Sicht haben insbesondere die damit geregelten Pflichten zur Aufklärung und Information der Patienten Bedeutung.

Aufklärung als Prävention nach dem Patientenrechtegesetz

Die Aufklärung des Patienten ist nicht nur eine gesetzliche Hauptpflicht der Ärzte und wahrt das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Es ist auch der Grundstein für ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis und schafft bestenfalls ein echtes Verständnis für die Risiken der ärztlichen Behandlung. Nicht wenige Arzthaftungsprozesse werden geführt, weil der Patient sich hilflos den für ihn unerwarteten negativen Folgen eines ärztlichen Eingriffs ausgesetzt fühlt. Der in den Prozessen dann regelmäßig etwas mitleidig verwendete Begriff „schicksalshafter Verlauf“ ist selten dazu geeignet, die Situation zu befrieden und ein häufig teurer Rechtsstreit nimmt seinen Lauf.

Entsprechend sinnvoll ist es auch von ärztlicher Seite, die Aufklärungspflicht nicht nur als störenden Formalismus im Behandlungsalltag abzuhandeln, sondern als präventive Chance zu sehen, die auch im Falle eines „schicksalhaften Verlaufs“ einem Streit vorbeugen kann.

Informations- und Aufklärungspflichten

Das Patientenrechtegesetz teilt die Pflichten zwischen Informationspflichten einerseits (§ 630 c BGB) und den Aufklärungspflichten (§ 630 e BGB) andererseits auf.

Die Informationspflichten umfassen vor allem die frühere therapeutische Aufklärung. Der Patient ist über das adäquate, seinem Gesundheitszustand angemessene Verhalten vor und nach der Behandlung zu informieren. Ergänzend hierzu sind auch weitere Pflichten, so zum Beispiel die wirtschaftliche Aufklärung oder die Information über Behandlungsfehler, mit umfasst.

In § 630 e BGB sind demgegenüber die Anforderungen an die klassische, ordnungsgemäße Einwilligungsaufklärung normiert. Der Patient ist frühzeitig mündlich durch einen für den Eingriff qualifizierten Arzt oder Zahnarzt über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören in der Regel, insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

Ausnahmen von der Aufklärungspflicht

Wie immer gibt es auch bei der Aufklärungspflicht Ausnahmen, die diese ganz oder teilweise entfallen lassen. Aufgrund der Bedeutung der Aufklärung für die wirksame Einwilligung des Patienten in einen medizinischen Eingriff werden diese sehr restriktiv ausgelegt und sind im jeweiligen Einzelfall durch den Behandler genau zu überprüfen.

So gilt eine Ausnahme den medizinischen Notfällen, in denen oft nicht nur keine Zeit für ein gründliches Aufklärungsgespräch ist, sondern in denen der Patient vielleicht auch schon gar nicht mehr in der Lage dazu ist. Hier gilt: je dringender die Behandlung für die Gesundheit des Patienten ist, desto geringer sind die an eine Aufklärung zu stellenden Anforderungen. So kann im Einzelfall beispielsweise die erforderliche Bedenkzeit zwischen Aufklärung und Eingriff stark verkürzt sein. Ist darüber hinaus mit erheblichen Gefahren für die Gesundheit des Patienten zu rechnen, kann die Aufklärungspflicht im äußersten Fall sogar ganz wegfallen. Es gilt dann die hypothetische Einwilligung, also die Annahme, dass der Patient in Kenntnis der Umstände in den Eingriff eingewilligt hätte.

Handelt es sich bei dem Patienten ebenfalls um einen Mediziner oder sonstigen Heilkundigen, der den geplanten Eingriff allumfassend überblicken kann oder hat der Patient sich bereits mehrere Male dem gleichen Eingriff unterzogen, kann die Pflicht zur Aufklärung ebenfalls entfallen. Hier sollte der Behandler allerdings Vorsicht walten lassen und lieber einmal zu viel als zu wenig aufklären.

Eine Aufklärung kann schließlich auch dann entbehrlich sein, wenn der volljährige Patient von sich aus ausdrücklich auf die Information oder die Aufklärung verzichtet.  Der Patient muss den Verzicht deutlich, klar und unmissverständlich geäußert und die Erforderlichkeit der Behandlung sowie deren Chancen und Risiken zutreffend erkannt haben. Der Behandler ist verpflichtet, sich davon zu überzeugen, dass der verzichtende Patient die Erforderlichkeit des Eingriffs kennt, dessen Art und den Umstand, dass der Eingriff nicht ohne Risiko verlaufen kann.

Praxistipp zum Patientenrechtegesetz

Die Aufklärung der Patienten kann mehr als nur die vor 10 Jahren neu normierte Pflichtübung, sondern als Teil wertschätzender Kommunikation auch erhebliche Vorteile für die Behandlerseite sein. Kommt es dann doch einmal zum Streit, sollte zeitnah rechtliche Hilfe beim Fachanwalt für Medizinrecht in Anspruch genommen werden.

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