24. Oktober 2013

Verstöße gegen das Zuweisungsverbot (§ 11 Apothekengesetz (ApoG)), das Unterhalten von ungenehmigten Rezeptsammelstellen (§ 24 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)) und dergleichen sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Jüngere oberlandesgerichtliche Entscheidungen in diesem Bereich zeigen, dass Vorsicht geboten ist, bei „Absprachen“ zwischen Apotheker und Ärzten, die auf den ersten Blick aus einer wirtschaftlichen Perspektive durchaus als sinnvoll erscheinen.

Zuletzt hat das saarländische Oberlandesgericht mit Urteil vom 25.09.2013 (Az.: 1 U 42/13) eine gegen einen Apotheker gerichtete einstweilige Verfügung des Landgerichts Saarbrücken bestätigt. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der beklagte Apotheker hatte sich durch zwei niedergelassene Ärzte und eine ortsansässige ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft im Oktober 2012 Rezepte per Telefax zuleiten lassen. Der Apotheker lies die verordneten Arzneimittel verpacken und durch Boten an die jeweiligen Patienten ausliefern. Die Boten holten dann die Originalrezepte bei den beteiligten Praxen ab. Das saarländische Oberlandesgericht hat in seinem Urteil angenommen, dass der klagenden Apothekerin ein Unterlassungsanspruch gegen den beklagten Apotheker zustehe, da dieser mit den betroffenen Ärzten in deren Arztpraxen nicht genehmigte Rezeptsammelstellen unterhalten hatte. In den Urteilsgründen heißt es wie folgt:

§ 24 Abs. 1 ApBetrO definiert Rezeptsammelstellen als Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen. Der Erlaubnisvorbehalt gilt nicht nur für „klassische“ Rezeptsammelstellen in einem engen institutionellen Sinn. Eine unzulässige Rezeptsammlung liegt nach der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur bereits dann vor, wenn ein Apotheker Dritte organisiert dazu veranlasst, für ihn Rezepte zu sammeln, oder wenn Rezepte, die von einem Dritten gesammelt werden, von einem Apotheker entgegengenommen werden […]. Begründet wird dies damit, dass die Arzneimittelsicherheit nicht mehr gewährleistet wäre, wenn die Sammlung von Verschreibungen durch Apothekeninhaber ohne Zuhilfenahme von genehmigten Rezeptsammelstellen im rechtsfreien Raum erfolgen könnte […].

Ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 und 2 ApBetrO liegt auch dann vor, wenn die Verschreibungen von der Arztpraxis nur gefaxt oder fernmündlich übermittelt oder wenn sie von Mitarbeitern der Arztpraxis oder Apotheke in die Betriebsräume des Apothekers gebracht werden […], es sei denn, für die entsprechende Handhabung besteht im Einzelfall ein nachvollziehbarer Grund. Ein Solcher ist jedoch nur anzunehmen, wenn für die Handhabung medizinische Gründe vorliegen […].

Allein auf Wunsch der Patienten dürften die beteiligten Ärzte die Rezepte nicht per Telefax an den Verfügungsbeklagten übermitteln. Ein Arzt darf, abgesehen von den vorgenannten medizinisch begründeten Notfällen, allein auf den ausdrücklichen Wunsch des Patienten, Rezepte nicht an eine bestimmte Apotheke weiterleiten […].“

Ferner sei auch die in § 30 Berufsordnung der Ärzte Saarland (vgl. § 30 Musterberufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä)) festgeschriebene Erforderlichkeit der Unabhängigkeit des Arztes bereits dann betroffen, wenn keine strickte Trennung mehr zwischen ärztlicher Heilbehandlung und der Versorgung mit Arzneimitteln besteht. Die ärztliche Unabhängigkeit gegenüber Dritten soll jedoch gerade im Hinblick auf den Patientenschutz, welcher Vorrang hat vor privaten Wünschen einzelner, gewährleistet sein. Weiterhin wies das OLG darauf hin, dass schließlich auch Empfehlungen auf Initiative des Arztes ausgeschlossen seien. Liegen keine medizinischen Gründe vor, darf der Arzt nicht nur keine Empfehlung gegenüber dem Patienten aussprechen; er darf mithin erst recht nicht ein von ihm ausgestelltes Rezept an eine von dem Patienten gewünschte Apotheke faxen. Laut dem saarländischen OLG sei gerade die unmittelbare Einbeziehung des Arztes in den Erwerbsvorgang des Medikamentes durch übermitteln des Rezeptes untersagt.

Das OLG hielt daher im Ergebnis fest:

„Wenn in einem Zeitraum von nur acht Werktagen drei Arztpraxen nahezu 70 Rezepte per Telefax an einen bestimmten Apotheker übersenden, spricht schon die Lebenserfahrung dafür, dass es sich um Fälle handelt, in denen die Rezeptübermittlung per Telefax im Einzelfall keine medizinischen Gründe hat, sondern Resultat einer Verständigung der beteiligten Ärzte und dem Apotheker ist und Bequemlichkeitserwägungen von Patienten geschuldet ist.“

Im Juni 2013 hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 14.06.2013, Az.: 4 U 254/12) einen Fall entschieden, bei dem eine Zusammenarbeit zwischen einem Apotheker und einer GmbH, deren Zweck ausweislich ihres Gesellschaftsvertrages unter anderem die Auswahl geeigneter Partner zur Sicherstellung qualifizierter Weiterbehandlung nach Entlassung der Patienten sowie die Sicherung der Versorgung mit Materialien und Hilfsmitteln war. Bei Einverständnis des Patienten lieferte eine Apotheke, die mit der GmbH kooperierte, Arzneimittel direkt an den Patienten. Zu diesen Kooperationsapotheken gehörte auch die des beklagten Apothekers. Gegen diese Vorgehensweise wandte sich der klagende Apotheker, weil er hierin einen Wettbewerbsverstoß sah. Im Ergebnis war das Oberlandesgericht Karlsruhe der Ansicht, dass in der Zusammenarbeit der GmbH und des beklagten Apothekers durch die Information über die den Patienten in der Klinik verordneten Medikamente per Telefax, eine Zuweisung von Verschreibungen i.S.d. § 11 Abs. 1 ApoG zu sehen sei. In dem Urteil heißt es:

„Die zwischen der GmbH und dem Beklagten praktizierte Kooperation durch Vorabinformationen des Beklagten über die Patienten der Klinik verordnete Medikamente per Fax und die dadurch von der GmbH veranlasste Lieferung des Medikaments durch den Beklagten an den Patienten gegen Aushändigung des Originalrezepts verstößt gegen § 11 Abs. 1 ApoG. Denn damit lässt sich der Beklagte durch die mit der Behandlung von Krankheiten befasste GmbH-Verschreibungen zuweisen.“

Der Senat führte des Weiteren aus, dass hieran auch die Tatsache nichts ändere, dass es eventuell keine ausdrückliche Vereinbarung gegeben habe, da solche Absprachen auch stillschweigend getroffen werden könnten. Unbeachtlich sei auch, ob der Leistung der GmbH eine Gegenleistung des beklagten Apothekers gegenüberstand. Unerheblich sei ferner, dass den Patienten beispielsweise eine Auswahl von bestimmten Apotheken überlassen worden sei. Maßgeblich sei nach Auffassung des Senats, dass dem Modell ein die Apothekenwahl des Patienten maßgeblich störendes Element dadurch inne wohne, dass die Einschaltung der GmbH darauf angelegt sei, ihr einen Einfluss auf die Auswahl der Apotheke zu verschaffen.

Fazit:

Mögen etwaig angedachte Kooperationsmodelle zwischen Apothekern und Ärzten auch aus wirtschaftlicher Sicht noch so lukrativ erscheinen, sind diese mit Vorsicht zu genießen, da sie –wie gezeigt – nicht selten „auffallen“ und in unter Umständen langen und kostenintensiven Rechtsstreitigkeiten enden. Bevor angedachte Kooperationsmodelle in die Tat umgesetzt werden, sollte man besser einen in diesem Bereich spezialisierten Berater aufsuchen, um im Vorfeld Probleme auszuschließen.

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