8. März 2017

Zu einer erfolgreichen Praxisführung gehören neben einer modernen Praxisausstattung und einer hoch qualifizierten zahnärztlichen oder ärztlichen Tätigkeit unter anderem auch wirksame Marketingmaßnahmen. Auf der Suche nach einem niedergelassenen Zahnarzt oder Arzt wird heutzutage in der Regel erst einmal im Internet „gegoogelt“. Für jeden Zahnarzt oder Arzt gilt daher die Maßgabe, gerade im Internet möglichst schnell von Patienten „gefunden“ zu werden. Dafür ist es erforderlich, dass die eigene Internetpräsenz in der Suchergebnisliste von Suchmaschinenbetreibern wie z.B. Google am Besten bereits auf der ersten Trefferseite erscheint. Content-Marketing und Suchmaschinenoptimierung (SEO) sind nur zwei von mehreren Stichworten, die einem im Bereich des Online-Marketing immer wieder begegnen.

Mit der originären zahnärztlichen oder ärztlichen Tätigkeit und dem nicht unwesentlichen Verwaltungsapparat einer Praxisführung ist ein Praxisinhaber in der Regel jedoch bereits zeitlich ausgelastet. Kein Wunder also, dass hier verschiedene Dienstleister einen Markt für sich entdeckt haben, indem sie Marketingdienstleistungen für ihre Kunden anbieten. So gibt es z.B. Unternehmen, die sich gerade auch auf das Online-Marketing spezialisiert haben. Durch Anzeigentexte auf Online-Anzeigenseiten von renommierten Zeitungen, die in Kooperation mit dem Kunden zu einem bestimmten Thema erstellt werden sollen, soll auch der Traffic auf die Internetpräsenz der jeweiligen Kunden erhöht werden. Zu ihren Kunden zählen unter anderem niedergelassene Zahnärzte und Ärzte. Das alles hat natürlich seinen Preis. Pro Anzeigentext wird ein Pauschalbetrag in dreistelliger Höhe verlangt, ebenso lässt sich das Unternehmen jedes vereinbarte Keyword pauschal bezahlen und zudem ist eine Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten vorgesehen.

Ob man solche Dienstleistungen braucht und in Anspruch nehmen möchte, ist jedem letztlich selbst überlassen. Um diese Entscheidung jedoch für sich abzuwägen, sollte man nichts überstürzen und sich vor allem vorab gut informieren. Zum einen ist es wichtig, die berufsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbemaßnahmen zu kennen (§ 21 MBO-Zahnärzte; § 27 MBO-Ärzte). Zum anderen sollte man eigene Recherchen über die angebotene Dienstleistung anstellen, um die Sinnhaftigkeit des Angebots abschätzen zu können und Kosten und Nutzen für sich abzuwägen.

Telefonwerbung nur mit Einwilligung

Gerne treten entsprechende Dienstleistungsunternehmen zunächst telefonisch an eine Praxis heran. Ist der telefonische Kontakt auch erst einmal hergestellt, wird durch geschickte Gesprächsführung das eigene Geschäftsmodell vorgestellt und genauso geschickt die Notwendigkeit und etwaige Vorzüge zur Inanspruchnahme der beworbenen Marketingdienste vermittelt.

Aber Achtung: Telefonwerbung ist nicht ohne weiteres zulässig ist. Im Verbraucherbereich ist mittlerweile überwiegend bekannt, dass Telefonwerbung ohne ausdrückliche vorherige Einwilligung des Verbrauchers verboten ist. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Aber auch gegenüber Unternehmern (anderen Marktteilnehmern) ist Telefonwerbung nach dieser gesetzlichen Regelung untersagt, wenn nicht zumindest eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen vorliegt. Ob zumindest eine mutmaßliche Einwilligung des Angerufenen angenommen werden kann, hängt oftmals von den Umständen des Einzelfalls ab. Besteht zwischen den Beteiligten schon länger eine geschäftliche Beziehung  und haben auch in der Vergangenheit regelmäßig Telefonanrufe dieser Art und ohne Beanstandung stattgefunden, kann eine mutmaßliche Einwilligung angenommen werden. Erklärt der Angerufene jedoch unmissverständlich und deutlich, dass er kein Interesse an dem Anruf hat, so liegt eine Einwilligung zumindest ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor. Dies gilt um so mehr, wenn bisher keine geschäftliche Beziehung zwischen den Beteiligten bestand. Das Aufzwängen eines weiteren Gesprächs durch ein bisher nicht in geschäftlicher Beziehung stehendes Unternehmen stellt dann vielmehr einen Eingriff in das „Recht am Unternehmen“ dar. Ein betroffener Praxisinhaber hätte in diesem Fall auch die Möglichkeit, einen Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzanspruch gerichtlich durchzusetzen.

Schweigen auf Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Lässt man sich demgegenüber auf das Gespräch weiter ein, kann es problematisch werden, wenn in diesem Zusammenhang auch ungewollt bereits Zusagen gemacht werden, die rechtlich als Vertragsschluss gewertet werden könnten. Anders als bei Fernabsatzverträgen mit Verbrauchern, bei denen gemäß § 312 d Abs. 1, Abs. 4 Nr. 3 und 4 BGB i.V.m. § 355 BGB  gesetzlich ein 14-tätiges Widerrufsrecht vorgesehen ist, bedient man sich unter Geschäftsleuten gerne eines sog. kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Diese werden oftmals auch als „Bestätigung“ oder „Auftragsbestätigung“ betitelt. Anders als eine Auftragsbestätigung gibt ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben den Inhalt eines nach Ansicht des Absenders bereits abgeschlossenen Vertrages wieder. Ob im Einzelfall ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben vorliegt, lässt sich von einem juristischen Laien oftmals nicht beurteilen. Sind die Voraussetzungen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens jedoch erfüllt, gilt der handelsrechtliche Grundsatz, dass der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens unverzüglich widersprechen muss, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Widerspricht er nicht, wird der Vertrag mit dem aus dem Bestätigungsschreiben ersichtlichen Inhalt rechtsverbindlich (§ 362 HGB).

Es sind vielfältige Konstellationen denkbar, bei denen man sich über die Wirksamkeit solcher Vertragsschlüsse im Einzelfall trefflich streiten kann. Auch und gerade inhaltlich müssen kaufmännische Bestätigungsschreiben bestimmte Kriterien erfüllen, etwaige inhaltliche Unklarheiten gehen nach der Rechtsprechung sogar zu Lasten des Absenders. Da es sich bei derartigen Geschäftsmodellen aber auch oftmals um ein Massengeschäft handelt, wird selbst in Zweifelsfällen ein entsprechend tätiges Marketingunternehmen zunächst das eigene Geschäftsmodell und seine entsprechende Rechtsauffassung verteidigen. Schnell werden Anwälte eingeschaltet, die dann die unverzüglich in Rechnung gestellte Zahlungsforderung aufgrund eines vermeintlich ordnungsgemäßen Vertragsschlusses durchzusetzen versuchen. Nach außen wird suggeriert, dass auch der gerichtliche Weg zur Durchsetzung von Zahlungsansprüchen nicht gescheut wird.
Ein Praxisinhaber wird den Rechtsweg dagegen nicht um jeden Preis beschreiten wollen. Denn dies ist mit Zeit und Kosten verbunden, die man nachvollziehbarer Weise lieber in die eigene Praxistätigkeit investiert als in einen aufgezwungenen Rechtsstreit.

Fazit

Um nicht von übereilten Vertragsschlüssen und deren Kostenfolgen überrascht zu werden, sollten sich Praxisinhaber bereits im Vorfeld darüber Gedanken machen, wie mit Telefonwerbung oder auch anderen Werbemaßnahmen per E-Mail oder Fax umgegangen werden soll. Telefonische Erstkontakte werden in aller Regel über eine Praxismitarbeiterin erfolgen. Hier sollte bestenfalls bereits arbeitsvertraglich geklärt werden, was erlaubt ist und was nicht. Ist die Praxismitarbeiterin, die ggf. auch gleichzeitig Praxismanagerin ist, überhaupt vertretungsbefugt für vertragliche Angelegenheiten? Wenn ja, in welchem Umfang? Wenn nicht, sollte das auch klar nach außen hin kommuniziert werden. Schließlich sollte man die angepriesene Marketing-Dienstleistung auf ihre Zulässigkeit, aber auch auf ihre Sinnhaftigkeit gründlich prüfen und sich insbesondere nicht unter Druck setzen lassen. Bei ungebetenen und ungefragten Anrufern sollte im Zweifel umgehend und unmissverständlich mitgeteilt werden, dass ihre Dienste und derartige Ansprachen nicht erwünscht sind und das Gespräch beendet werden.

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