18. Juni 2014

Der Bundesgerichtshof hat am 15. Mai 2014 eine wichtige Entscheidung zu der Zulässigkeit ärztlicher Kooperationsformen getroffen. Demnach ist die Bestimmung des § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung für Ärzte der Landesärztekammer Baden-Württemberg, wonach eine Umgehung des § 31 der Berufsordnung und damit kein gemäß § 18 der Berufsordnung zulässiger Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs insbesondere dann vorliegt, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt, mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit unvereinbar und deshalb nichtig.

Damit sind Teilberufsausübungsgemeinschaft mit Radiologen zulässig, solange sich die beteiligten Ärzte auch ansonsten an die für Teilberufsausübungsgemeinschaften geltenden Regeln halten.

(BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 – I ZR 137/12)

Geklagt hatte die Bad Homburger Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen eine Partnerschaftsgesellschaft, der 30 Ärzte angehören, darunter vier Radiologen. Die Partner dieser Praxis hatten sich zur gemeinsamen standortübergreifenden Erbringung privatärztlicher Leistungen zusammen geschlossen. Nach § 6 Nr. 2 des Partnerschaftsvertrags der Praxis sollte ein Prozent des von der Partnerschaft erzielten Gewinns vorab nach Köpfen und der Rest nach dem persönlich erbrachten Anteil an den gemeinschaftlichen Leistungen verteilt werden. Dabei stellt die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Laboratoriumsmedizin, der Pathologie und der bild- gebenden Verfahren, keinen solchen Leistungsanteil dar.

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hielt eine Teilberufsausübungsgemeinschaft mit Radiologen grundsätzlich für unzulässig, weil sie der Umgehung des § 31 der Berufsordnung für Ärzte der Landesärztekammer Baden-Württemberg diene, wonach Ärzte für die Zuweisung von Patienten weder Vorteile gewähren noch sich versprechen lassen dürfen.

Sie berief sich zudem auf § 18 Abs. 1 Satz 3 der Berufsordnung, der so wortgleich auch in der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer zu finden ist. Dieser lautet wie folgt:

„Ärztinnen und Ärzte dürfen sich zu Berufsausübungsgemeinschaften, Organisationsgemeinschaften, Kooperationsgemeinschaften und Praxisverbünden zusammenschließen. Der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs kann zum Erbringen einzelner Leistungen erfolgen, sofern er nicht einer Umgehung des § 31 dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag der Ärztin oder des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der von ihnen persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keinen Leistungsanteil im Sinne des Satzes 3 dar. Verträge über die Gründung von Teil-Berufsausübungsgemeinschaften sind der Ärztekammer vorzulegen.“

Teilberufsausübungsgemeinschaft mit Radiologen zulässig

Der BGH hat nunmehr diesen Fall entschieden und dabei deutlich gemacht, dass die Regelungen der Berufsordnung in § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung durch sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls nicht gerechtfertigt sei. Vielmehr verstoße diese Regelung in der Berufsordnung gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich verbürgten Berufsausübungsfreiheit.

Der BGH führt dazu aus:

„Mit der in Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich verbürgten Berufsausübungsfreiheit unvereinbar und deshalb unwirksam ist dagegen die Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung, wonach eine Umgehung des § 31 der Berufsordnung und damit kein gemäß § 18 der Berufsordnung zulässiger Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs immer dann vorliegt, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinischtechnischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Teil- Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt. (…) Nach § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung kann sich ein Arzt, der auf Veranlassung anderer Ärzte medizinisch-technische Leistungen erbringt, nur dann an einer von den ihn beauftragenden Ärzten betriebenen Teil-Berufsausübungsgemeinschaft beteiligen, wenn sich sein Leistungsanteil nicht auf das Erbringen solcher medizinisch-technischer Leistungen beschränkt. Auf die Frage, ob der Gewinn entsprechend dem Anteil der jeweiligen persönlich erbrachten Leistungen verteilt wird, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Berufsordnung fingiert damit eine Umgehung des § 31 mit der Folge eines Verbots einer Teil-Berufsausübungsgemeinschaft auch in Fällen, in denen eine unerlaubte Zuweisung nach den erkennbaren Umständen nicht vorliegt. Die in § 18 Abs. 1 Satz 3 Fall 1 der Berufsordnung enthaltene Regelung stellt danach nicht nur einen Eingriff in die Vertragsfreiheit der betroffenen Ärzte dar, sondern verletzt auch deren durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit. (…)“

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen. Denn damit eröffnet der Bundesgerichtshof neue Möglichkeiten der Kooperation zwischen Radiologen und anderen Fachgruppen und schafft zudem eine Chancengleichheit beispielsweise zwischen MVZ´s, in denen solche Kooperationen bereits möglich waren und den in eigener Praxis niedergelassenen Ärzten. Wichtig wird es sein, dass die Praxisverträge, die hierzu vereinbart werden, sich an den Maßgaben des Bundesgerichtshofes orientieren.

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