8. Februar 2008

In der Rechtsprechung ist in den letzten Jahren ein Wandel
vom Werbeverbot zum Werberecht für Ärzte und Zahnärzte erkennbar. Alle Werbeträger, wie z.B. Praxisschild, Briefbogen, Rezeptvordrucke, Internetpräsentationen, anzeigen etc. werden grundsätzlich gleich behandelt. Rundfunk- und Fernsehwerbung ist ebenfalls erlaubt.

Zudem dürfen neben den nach der Weiterbildungsordnung erworbenen Qualifikationen auch sonstige öffentlich-rechtliche Qualifikationen, Tätigkeitsschwerpunkte und organisatorische Hinweise angegeben werden, wenn diese nicht nur gelegentlich ausgeübt werden. Drei maßgebliche Entscheidungen im Jahr 2007 tragen weiter zur Liberalisierung bei.

In früherer Zeit sprach man davon, dass für Ärzte und Zahnärzte eine Art Werbeverbot gelte. Die Praxen beschränkten sich darauf, über die Neuaufnahme von Praxispartnern, die Sitzverlegung oder das Ende der Urlaubszeit zu informieren. Mit zunehmender Notwendigkeit der wirtschaftlichen Aufstellung einer Praxis wuchs das Bedürfnis, die speziellen Fähigkeiten der Praxis in der Öffentlichkeit darzustellen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits 2003 erklärte, dass es auch einem Arzt grundsätzlich möglich sein muss, sein Bild in der Öffentlichkeit positiv zeichnen dürfen, wurde durch zahlreiche Gerichtsurteile eine Lockerung des Werbeverbots erreicht. Sehr wichtige Einschränkungen der Werbefreiheit sind nun im Jahr 2007 ebenfalls weggefallen.

I. ärztliche Werbung in Berufskleidung

Bisher war es Ärzten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) untersagt, für Behandlungen, Verfahren oder Arzneimittel mit der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung außerhalb der Fachkreise Werbung zu betreiben.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG wurde genau nach Ihrem Wortlaut angewandt, so dass sich Gerichte und Standesvertretungen stets für die Achtung dieser Vorschrift ausgesprochen haben. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof diese strenge Auslegung der Vorschrift für unzutreffend erachtet (BGH, Urteil vom 01.03.2007 – Az. I ZR 51/04).

Damit ist klar, dass Ärzte in Berufskleidung werben dürfen. Das Werbeverbot bleibt lediglich aufrechterhalten, wenn die Werbung geeignet ist, Patienten unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken.

II. Zulässigkeit eines Werbefilms

Eine weitere Entscheidung des Hessischen Berufsgericht für Heilberufe bestimmt ebenfalls die Zulässigkeit der Werbung in Berufskleidung ein gestaltet die Wahl der Werbemedien für Ärzte und Zahnärzte weiter aus.

Gegenstand dieses Verfahrens war die Überprüfung der Zulässigkeit der Ausstrahlung eines Werbefilms eines Arztes im Fernsehen und der Verwendung dieses Films auf der Homepage der Arztpraxis.

Das Gericht erklärte, dass das Werbeverbot für Ärzte dem Schutz der Bevölkerung dient. Es soll das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen vornimmt. Einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs soll vorgebeugt werden. Dabei ist aber nicht jede Werbung eines Arztes, sondern nur die berufswidrige Werbung verboten. Sachangemessene Informationen, die den möglichen Patienten nicht verunsichern, sondern ihn als mündigen Menschen befähigen, von der freien Arztwahl sinnvoll Gebrauch zu machen, sind daher zulässig.

Nach diesen Maßstäben ist der Werbefilm eine zulässige Art der Imagewerbung. Dem Arzt müssen alle üblichen Werbeträger zur Verfügung stehen.

Speziell die Verwendung des Films im Internet drängt sich nicht einem unvorbereiteten Laienpublikum auf, da die passive Darstellungsplattform der Homepage regelmäßig nur von interessierten Personen auf der Suche nach ganz bestimmten Informationen aufgesucht wird.

Die am Verfahren beteiligte Kammer hatte zur Verteidigung ausgeführt, dass es der einhelligen Beratungspraxis sämtlicher Ärztekammern im Geltungsbereich der Bundesgesetze und des HWG entspreche, dass ein Kammermitglied sich nicht in seiner Berufskleidung bei seiner Werbung für die Arztpraxis abbilden lassen dürfe.

Das Berufsgericht erklärte wörtlich, dass „diese Beratungspraxis, wenn sie tatsächlich existieren sollte, angesichts der vorgenannten Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof nicht (mehr) haltbar ist“.

III. Verwendung von Vorher-Nachher-Bildern in der Werbung für Schönheitsoperationen

Nachdem das OLG München 2001 entschied, dass Vorher-Nachher-Bilder zur Veranschaulichung der Wirkung von Schönheitsoperationen nicht vom Verbot des HWG erfasst waren, weil das Gesetz nur für die Werbung mit Darstellungen von Krankheiten galt, wurde das HWG geändert. Der Anwendungsbereich des HWG wurde auf operative plastisch-chirurgische Eingriffe erweitert, soweit sich die Werbeaussage auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit bezieht.

Nach der Gesetzesänderung hat erstmals das Landgericht Lübeck mit Urteil vom 15.05.2007 (Aktenzeichen 11 O 2/07) entschieden, dass die Behandlungsmethode des tiefen Peelings der Haut mittels Laser, die oberflächliche Behandlung von Cellulite und Peelings mit geringer Eingriffstiefe nicht unter das Verbot der Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern gemäß § 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1 Nr. 5b HWG fallen.

Das Gericht führte aus, dass eine Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern nur dann verboten ist, wenn alle drei Merkmale (operativ, plastisch und chirurgisch) gegeben sind, was hier nicht der Fall war. Die eher der Dermatologie zuzuordnenden Behandlungen dürfen folglich beworben werden. Es bleibt bislang bei einem Werbeverbot für die plastische und ästhetische Chirurgie.

Aus dieser Entscheidung wird deutlich, dass die Gerichte weiterhin bestrebt sind, die Vorgaben des Verfassungsrechts und damit die weitgehende Werbefreiheit auch für Ärzte zu ermöglichen. Es bleibt abzuwarten, wie lange das HWG unter den zunehmenden Einschränkungen seines Anwendungsbereichs noch Bestand haben kann.

IV. Fazit

Fest steht somit, dass im Lichte der neuesten Rechtsprechung und der entsprechenden Auslegung speziell der Vorschriften des HWG die Werbung für Ärzte und Zahnärzte weitere Möglichkeiten erfährt. Solange die einzelnen Kammern hierzu aber keine einheitliche Linie entwickeln, bleibt es bei der Notwendigkeit, sich im Falle einer Ahndung vehement und mit fachkundiger Hilfe dagegen zur Wehr zu setzen.

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2 Antworten

  1. Wie kommt es, dass Vorher-Nachher-Bilder für plastisch chirurgische Eingriffe schon so lange verboten sind, es aber gerade im Bereich der Intim-Chirurgie (zum Beispiel Schamlippenkorrektur) es im Internet so viele Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz gibt?

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