23. Januar 2015

Medizintourismus ist in den Medien beinahe zum Schimpfwort verkommen. Obwohl deutsche Ärzte und Kliniken mit Patienten aus dem Ausland Umsätze in Milliardenhöhe generieren, werden dubiose Machenschaften von Patientenvermittlern toleriert und dadurch der Begriff des Medizintourismus in der Öffentlichkeit mit einem Negativimage belegt. Dabei ist gerade der Inbound Medizintourismus, also die Inanspruchnahme deutscher Behandler zum Zwecke der Therapie, Prävention oder Rehabilitation von Patienten aus dem Ausland sowohl aus Sicht der Behandler, als auch aus Sicht der Patienten ein lohnendes Geschäft.

Patienten schätzen insbesondere den guten Ruf, den die Medizin „made in germany“ genießt. Sie schätzen neben der Disponibilität der Behandlung in Deutschland insbesondere auch die Sicherheit, Sorgfalt und Diskretion der deutschen Ärzte.

Nach Schätzungen der auf Fragen des Medizintourismus spezialisierten Hochschule Bonn-Rhein-Sieg kamen im Jahr 2012 insgesamt 224.000 Touristen aus dem Ausland nach Deutschland, um sich hier ambulant oder stationär medizinisch behandeln zu lassen,was im Vergleich zu 2011 ein Zuwachs um 8,6 Prozent darstellt und damit 0,5 % des Gesamtpatienteneinkommens dargestellt hat. Umsätze würden in Milliardenhöhe generiert werden, so die Studie. 2012 kamen die meisten Patienten von Russland aus nach Deutschland. Auf Platz zwei und drei der Patientenrangliste lagen die Niederlande und Frankreich.

Medizintourismus sinnvoll?

Die Aufnahme von internationalen Patienten bietet den inländischen Anbietern große Chancen. Hervorzuheben ist zunächst die Erlössteigerung der Krankenhäuser. Für Kliniken in deutschsprachigen Ländern bedeuten ausländische Patienten einen beträchtlichen Mehrerlös und die Chance, freie Klinikkapazitäten zu nutzen. Auch eröffnen sich Spezialisierungsmöglichkeiten für kleinere Häuser und die Chance weltweit seinen Ruf aus- bzw. aufzubauen. Die Sicherstellung von Arbeitsplätzen und die Erschließung neuer Finanzquellen sind weitere Effekte. Jedoch bietet die Aufnahme ausländischer Patienten nicht nur Chancen, sondern auch Herausforderungen:

Zum Einen sind bei der Aufklärung ausländischer Patienten besondere Anforderungen zu berücksichtigen, zum anderen ist auch entgegen weit verbreiteter Ansicht die Abrechnung bei ausländischen Selbstzahlern kein rechtsfreier Raum.

Unabhängig vom sprachlichen Hintergrund eines Patienten muss die Aufklärung grundsätzlich individuell auf ihn abgestimmt sein. Gelangt der Arzt insbesondere beim ausländischen Patienten zu dem Eindruck, dass seine Ausführungen aufgrund der sprachlichen Defizite nicht verstanden werden, dann darf er die Behandlung nicht durchführen. Optimal wäre es, wenn Arzt und Patient fließend eine gemeinsame Sprache beherrschen, was jedoch oft genug nicht der Fall sein wird, sodass es erforderlich ist, sich anderweitig zu helfen. Sprachkundige Angehörige des Patienten oder Mitarbeiter des Arztes können übersetzen. Notfalls ist ein anerkannter Dolmetschers hinzuziehen. Die hierdurch anfallenden Kosten müssen nicht vom Arzt übernommen werden. Weigert sich der ausländische Patient jedoch, den Übersetzer zu bezahlen, so wird der behandelnde Arzt deswegen nicht frei von seiner Informationspflicht. Vielmehr muss die Aufklärung dann auf andere Art und Weise in verständlicher Form geschehen. Zieht der Arzt eine andere Person hinzu, muss der Patient dieser Hinzuziehung zustimmen.

Verweigert der Patient das Hinzuziehen einer sprachkundigen Person, ist von der geplanten Behandlung abzusehen. Auch wenn der Arzt sich Dritter bei der Aufklärung bedienen darf, ist eine Delegation an nichtärztliches Personal, oder auch Angehörige des Patienten grundsätzlich nicht zulässig. Dringend erforderlich ist darüber hinaus die Dokumentation, dass der Patient die Aufklärung verstanden und dem Eingriff zugestimmt hat.

Eine Abrechnung unabhängig von der GOÄ ist auch bei ausländischen Patienten nicht zu empfehlen und entspricht nicht der aktuellen Gesetzeslage. Auch der BGH hat bereits mehrfach entschieden, dass es sich bei der Gebührenordnung für Ärzte um zwingendes Preisrecht handelt (BGH in NJW 2006, 1879(1880), BVerfG in NJW 2005, 1036 (1037)). Auch Pauschalpreise hält der BGH für ausgeschlossen, da die Gebührenordnung als solche, insbesondere das ihr zugrunde liegende Einzelleistungsvergütungssystem nicht abdingbar ist. Nur die Steigerungsfaktoren und damit auch die Gebührenhöhe ist abdingbar (BGH in NJW 2006, 1879 (1881)) Das gilt auch für nicht notwendige medizinische Leistungen wie diese z.B. bei rein kosmetischen Operationen vorliegen (BGH, 23.03.2006 – III ZR 223/05 in NJW 2006, 1879). Bei der Bemessung des Steigerungssatzes sind nicht nur die Regeln der GOÄ, sondern auch das Berufsrecht zu beachten.. Dies bedeutet, dass bei Überschreitung des 3,5-fachen Satzes vor Behandlungsbeginn eine Honorarvereinbarung abgeschlossen werden muss. Obergrenzen im Rahmen einer solchen Vereinbarung bei der Festlegung der Steigerungssätze gibt es grundsätzlich nicht.

Bei Rechtsanwälten hat der Bundesgerichtshof das 17-fache der gesetzlichen Gebühren als sittenwidrig angesehen, das 4,5- oder 6-fache dagegen nicht. Grundlage für die Bewertung der Sittenwidrigkeit ist § 138 BG, wonach ein Rechtsgeschäft wegen Wuchers nichtig ist, sofern jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, welche in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Die abweichende Gebührenhöhe muss sich auf konkrete bestimmbare einzelne Leistungen beziehen. Sie muss als Individualabrede festgelegt werden und darf nicht für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sein.

Somit bestehen neben den medizinischen Leistungen bei der Behandlung von ausländischen Patienten große Herausforderungen für die Kliniken, da Prozesse und Vorgehensweise an die neuen Patienten angepasst werden müssen. Des Weiteren muss auch die Behandlung und die Pflege an die Kultur und die Wünsche des neuen Klientels angepasst werden.

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