Seit einigen Monaten ist die 64. Auflage (2017) des Kommentars zum Strafgesetzbuch von Thomas Fischer erschienen. „Der Fischer“ ist gerade in der Rechtspraxis der Gerichte der Standardkommentar zum Strafgesetzbuch (StGB) und der einzige Strafrechtskommentar, der in den juristischen Staatsexamina als Hilfsmittelzugelassen ist. Prof. Dr. Fischer ist in der Öffentlichkeit als scharfzüngiger juristischer Kolumnist der Wochenzeitung DIE ZEIT bekannt und hat auch dort immer eine Verschärfung der Strafgesetze bei Korruption im heilberuflichen Bereich gefordert.
Im Hauptamt ist Prof. Dr. Fischer noch bis Ende April und seinem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand Vorsitzender des 2. Strafsenates des Bundesgerichtshofes (BGH), der für die Revisionen gegen Strafurteile der Gerichte aus Hessen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und des Oberlandesgerichtsbezirks Köln (Köln, Bonn, Aachen etc.) zuständig ist. Aufgrund dieser Stellung und der Verbreitung seines Kommentars ist die Meinung Prof. Dr. Fischers bei der Beurteilung der in Frage kommenden Delikte durchaus relevant.
Aufmerken lassen Fischers Äußerungen zur Sozialadäquanz, also der Grenze, bis zu der Zuwendungen noch strafrechtlich geduldet werden können.
Maßstab für Fischer ist das, was von Patienten (!) für eine „im geschäftlichen Verkehr regelmäßig einflusslose Höflichkeit“ gehalten wird. Dies konkretisiert er dahingehend, dass die „Überreichung von Werbe-Kugelschreibern, Notizblöcken und sonstigen geringwertigen Büromaterialien“, Informationsmaterial sowie „allgemeine oder spezielle Hilfsmittel geringen Werts“ bis zu einer Grenze von 10 Eurohingenommen werden könnten.
Bei gelegentlichen Einladungen hält Fischer eine Grenze von 50 Euro für möglich.
Ausdrücklich hält Fischer aber auch solche Zuwendungen für unzulässig, wenn sie auf eine „regelmäßige ‚Belieferung‘“ abstellten. Als Beispiel nennt er den Fall, wenn eine Arztpraxis routinemäßig Hilfsmittel kostenfrei von bestimmten Anbietern bezieht. Die von Fischer genannten Beträge liegen über denen der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung zum Heilmittelwerbegesetz (HWG); wie sich dieses Verhältnis daher weiter entwickelt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall sind Zuwendungen über 1 Euro (ohne Werbeaufdruck) oder allenfalls 5 Euro (mit Werbeaufdruck)wettbewerbsrechtlich unzulässig wettbewerbsrechtlich, sofern es sich nicht um zulässige Bar- oder Naturalrabatte bzgl. Ware gleicher Art handelt.
Ansonsten hat sich Fischer zwei Punkte herausgegriffen, die damit sicherlich – wie aber auch schon aus unserer Beratung bekannt – im Schwerpunkt der juristischen Betrachtung beim Verhältnis von Industrie und Handel auf der einen Seite, Heilberuflern auf der anderen Seite, stehen:
Zum einen sind dies die Fortbildungsreisen und Fortbildungsveranstaltungen, die von Unternehmen finanziert werden. Hier sieht er insbesondere die Bezahlung von Freizeitprogrammen oder die Versorgung von Begleitungen als strafrechtlich problematisch an. Hier fordert er die Rechtsprechung auf, bezüglich des Programms und des Reiseziels genau hinzuschauen. Er kritisiert in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich, dass die der überwältigende Teil der Fachtagungen von Wirtschaftsunternehmen veranstaltet oder konzipiert werde.
Zum anderen kritisiert er scharf Anwendungsstudien, die oftmals „ohne jeden Wert“ seien und für die Forschung „(fast) gar nicht oder nur alibimäßig genutzt werden und allein der korruptiven Bedrängung von niedergelassenen Ärzten dienen.“