9. März 2012

Wirtschaftlichkeitsprüfungen sind das Damoklesschwert, welches beständig über dem Zahnarzt hängt. Für ihn bedeuten die Wirtschaftlichkeitsprüfungen, dass er einen Spagat zwischen der Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite und den stets drohenden Haftungsprozesse auf der anderen Seite vollbringen muss. Denn was im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots als nicht mehr notwendig, als unwirtschaftlich angesehen wird, könnte demgegenüber im Haftungsprozess als nicht mehr ausreichend bewertet werden.

Doch was ist zu tun, wenn eine Wirtschaftlichkeitsprüfung angekündigt wird? Zunächst einmal ist es wichtig, ruhig zu bleiben und eine Strategie für den Umgang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu entwickeln. Keinesfalls sollte der betroffene Zahnarzt in blinden Aktionismus verfallen.

Da Maßstab der Wirtschaftlichkeitsprüfung die durch die Behandlung verursachten Mehrkosten je Fall sind, beispielsweise durch überschrittene Richtgrößen, sind zunächst in einem ersten Schritt die aktuellen Prüf- und Richtgrößenvereinbarungen bei der KZV anzufordern. Diese enthalten die Vorschriften über das Verfahren, die Möglichkeit zur Anhörung, wichtige Fristen und Veröffentlichungsdaten sowie die möglichen Rechtsmittel.

In einem zweiten Schritt sollte dann geprüft werden, ob der Antrag mit den in der Vereinbarung aufgestellten formalen Kriterien übereinstimmt. Zwingend geprüft werden sollte, ob in der Vereinbarung die von dem betreffenden Prüfungsausschuss angewandte Prüfmethode mitgeteilt wird, also ob eine Richtgrößenprüfung, oder eine Stichprobenprüfung oder womöglich eine andere Methode angewandt wird? Sind Fristen überschritten worden? So sind beispielsweise Bescheide, die dem Zahnarzt erst nach Ablauf von 5 Monaten zugestellt werden, per se fehlerhaft begründet.

Ein dritter Schritt sollte in jedem Fall die Überprüfung der Angaben des betreffenden Zahnarztes mit den Daten der eigenen Unterlagen sowie anderen Daten darauf hin sein, ob diese übereinstimmen. Sind alle wesentlichen Verordnungen und Diagnosen dokumentiert oder wurde gegebenenfalls etwas vergessen? Dieser Punkt zeigt auch, wie wichtig eine genaue Dokumentation der Behandlungen ist, denn nicht nur in Haftungsprozess können sie erforderliche Beweise liefern. Sie können vielmehr auch in der Wirtschaftlichkeitsprüfung die Entscheidung für eine Behandlung begründen. Nicht selten wurde eine unwirtschaftliche Behandlung im Einzelfall nur aufgrund fehlender Dokumentation bejaht.

Die Wirtschaftlichkeitsprüfung sollte also bereits von Anfang an strategisch angegangen werden. Zahlreiche Punkte sind zu prüfen, bevor dann mit der inhaltlichen des Prüfbescheids begonnen wird.

Nachdem der von der Wirtschaftlichkeitsprüfung betroffene Zahnarzt die formalen Kriterien und die Übereinstimmung der Unterlagen geprüft hat, gilt es sich dem Prüfungsausschuss gegenüber inhaltlich zu äußern.

1. Bei Übereinstimmung der Unterlagen, tatsächlicher Überschreitung:

Hat die Überprüfung der Unterlagen eine Übereinstimmung der Zahlen und damit Überschreitungen oberhalb des Toleranzbereiches ergeben, gilt es die Überschreitungen zu begründen und damit den Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit zu entkräften. Hierzu sollte der Zahnarzt auf Praxisbesonderheiten hinweisen. Praxisbesonderheiten liegen vor, wenn sich die behandelten Patienten und Fälle von denjenigen der Vergleichsgruppe unterscheiden:

Praxisbesonderheiten, welche regelmäßig anerkannt werden:

– Neuniederlassung oder Anfängerpraxis (gilt jedoch in der Regel nur in den ersten 4 Quartalen)

–  Ausrichtung der Praxis auf besondere, wissenschaftlich anerkannte medizinische Untersuchens- und Behandlungsmethoden

–  Praxisbesonderheiten in der Zusammensetzung der Patientenschaft innerhalb der Praxis, bspw. hoher Rentenanteil, hoher Anteil von Kindern und Jugendlichen, hoher Anteil an Überweisungsfällen, onkologisch ausgerichtete Praxis.

–  Nachgewiesene Behandlungen besonders schwieriger Fälle

Keine Praxisbesonderheiten sind:

–  Behauptung, besser, gründlicher und sorgfältiger zu behandeln

–  Hohe Praxiskosten oder Personalaufwand

–  Kleine Fallzahl gegenüber der Vergleichsgruppe

–  Behandlung vieler Aussiedler bzw. Ausländer stellt nicht notwendigerweise eine Praxisbesonderheit dar.

2. Nichtüberseinstimmung der eigenen Unterlagen mir denen des Prüfungsausschusses

Hat die Überprüfung der Unterlagen ergeben, dass diese nicht mit den Unterlagen des Prüfungsausschusses übereinstimmen, sollte der betroffene Zahnarzt den Ausschuss darauf aufmerksam machen.

Darüber hinaus sollte er unbedingt über seinen Rechtsanwalt Akteneinsicht beantragen und die Rezepte daraufhin kontrollieren, ob es fremde Verordnungen oder Verordnung außerhalb des prüfenden Quartals sind. Ebenso sollte geprüft werden, ob die Verordnungsbelege in der Summe den Verordnungsvolumen entsprechen und ob diese vollständig vorgelegt wurden.

3. Anhörungstermin vor der Prüfkommission

Sofern Sie im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung zu einer Anhörung vor der Prüfkommission eingeladen werden und Sie sich entschließen dieser Einladung nach zu kommen, empfiehlt es sich grundsätzlich einen in Abrechnungsangelegenheiten erfahrenen Kollegen oder Rechtsanwalt zu diesem Termin mitzunehmen.

Die Begleitung dient in diesem Fall nicht nur der moralischen Unterstützung in einer für die meisten Zahnärzte unangenehmen Situation, sondern auch der rechtlichen Hilfestellung. So sollte Ihre Begleitung sich während der Anhörung ausreichend Notizen über die Prüfung machen. Dies bereits aus dem Grund, dass durch die Prüfstelle kein Wortprotokoll gefertigt wird. Mögliche Argumente für eine Widerspruchsbegründung können daher lediglich dem selbst gefertigten Protokoll entnommen werden.

Darüberhinaus sollte Ihre Unterstützung in der Lage sein auf mögliche fehlerhafte Auslegung von Abrechnungsvorschriften seitens der Prüfkommission hinweisen. Nur so lässt sich vermeiden, dass Ihnen für die gesamte Dauer des Prüfgesprächs fälschlicherweise ein Verstoß gegen Wirtschaftlichkeitsprinzipien vorgehalten wird, der tatsächlich so nicht existiert.

 

Exkurs: Parodontosebehandlungen

Vorstehendes gilt auch für einen Sonderaspekt der Abrechnung, nämlich die Behandlung von Parodontose-Patienten. Erfahrungsgemäß spielt gerade dieser Bereich eine zunehmende Rolle, da immer mehr Zahnärzte Parodontose-Behandlungen (PA-Behandlungen) erbringen. Die KZV gehen vermehrt dazu über Honorarkürzungen in diesem Bereich der Abrechnung durchzuführen. Da mit der PA-Behandlung hohe Honorarvolumina erreicht werden, können diese Kürzungen betroffene Praxen empfindlich treffen.

Oftmals erfolgen solche Regresse mit der Argumentation, dass keine richtlinienkonforme PA-Behandlung vorliegt. Eine erfolgreiche Verteidigung gegen eine solche Rückforderung setzt daher fundierte Kenntnisse der PA-Richtlinien ebenso wie der hierzu ergangen Rechtsprechung voraus.

Fazit: Sowohl in formaler Hinsicht als auch inhaltlich gilt es in der Wirtschaftlichkeitsprüfung einige Aspekte zu prüfen, um gegebenenfalls den Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit entkräften zu können. Nachdem der von der Wirtschaftlichkeitsprüfung betroffene Zahnarzt die formalen Kriterien und die Übereinstimmung der Unterlagen geprüft hat, gilt es sich dem Prüfungsausschuss gegenüber inhaltlich zu äußern.

Im Zweifel sollten Sie stets einen Fachanwalt für Medizinrecht, der mit den Besonderheiten einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vertraut sein sollte, zu Rate ziehen. Denn der Anwalt, der sich tagtäglich im Auftrag von Zahnärzten mit Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren beschäftigt weiß, wie in solchen Fällen zu agieren ist und wie hohe Regressforderungen zu vermeiden sind.

Wenn Sie rechtliche Beratung in diesem Bereich wünschen, ruft Sie Rechtsanwalt Guido Kraus gerne zurück:

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