29. März 2019

Die Etablierung zahnärztlicher MVZ (Z-MVZ) wird orchestriert von etwas randständigen Nebenscharmützeln. Zum einen geht es dabei um die Frage der Anzahl der zulässigen Vorbereitungsassistenten, zum anderen um die Frage der Zulässigkeit eines Praxislabors. 

Aufgekommen ist diese Frage im Jahr 2018 dadurch, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein in einem Brief an Z-MVZ, die in der Rechtsform der GmbH organisiert sind, angekündigt hat, die Erstattung von Praxislaborleistungen für unzulässig zu halten und diese nur noch so lange zu erstatten, bis ein – offenbar von ihr angestrengtes – Gerichtsverfahren eine Klärung erbracht hätte. Ebenso wird die Unzulässigkeit der Erstattung auch von Zulassungsausschüssen im Rahmen des Zulassungsverfahrens von MVZ-GmbHs bereits im Vorfeld postalisch mitgeteilt. Ein entsprechendes Gerichtsverfahren ist dem Verfasser jedoch zur Zeit nicht bekannt. Ebenso ist dem Verfasser auch nach Gesprächen keine einzige Krankenkasse bekannt, die ein Problem mit der Erstattung von Praxislaborkosten hat.

Vereinzelte Stimme für Unzulässigkeit

In der juristischen Diskussion hat eine solche Sichtweise in der letzten Zeit vereinzelt Zustimmung erfahren (Niggehoff, in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 18, Rn. 113; derselbe, in: Ratzel u. a., Festschrift 20 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, S. 294). Die Argumente seien, dass die berufsrechtliche Erlaubnis des § 11 MBO-Z auf MVZ mangels Anwendung der Berufsordnung nicht durchschlage, eine GmbH gewerblich tätig sei und die dort angestellten Zahnärzte keine „eigenen“ Patienten hätte, für die sie Laborleistungen erbrächten, da er Behandlungsvertrag mit der GmbH geschlossen werde.

Herrschende Meinung: Praxislaborleistungen können in Z-MVZ-GmbH erbracht werden

Diese Argumentation überzeugt dogmatisch nicht und wird von der herrschenden Meinung abgelehnt (Jahn, in: Halbe/Schirmer, Handbuch Kooperationen im Gesundheitswesen, A 1800, Rn. 95 ff.; Frigger, in: Orlowski/Remmert, GKV-Kommentar SGB V, § 88 SGB V, Rn. 18; Reimer, Laborleistungen von Zahnarzt-MVZ werden in Frage gestellt – Mitteilung des zukünftigen Abrechnungsausschlusses durch die KZV Nordrhein (www.ppp-rae.de; nur online verfügbar), Bischoff, DZW 12/2017, S. 19). Dabei sind folgende Gesichtspunkt entscheidend:

–         Auch Zahnärzte in Z-MVZ sind Zahnärzte. Daher sind sie grundsätzlich dafür qualifiziert, alle zahnärztlichen Leistungen zu erbringen. Die entsprechenden Qualifikationen haben sie ihm Studium erlernt und wurden im Rahmen der zahnärztlichen Examina abgeprüft (vgl. §§ 28 Abs. 5, 50 ZÄPrO) .

–         Die Berufsordnung ist keine Erlaubnisvorschrift für Praxislabore, sondern wirkt nur deklaratorisch. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v. 11. 05.1979, Az.: 5 C 16/79) hielt Praxislabore schon zu einem Zeitpunkt für zulässig, als noch nicht von einer Berechtigung die Rede war, sondern nur die räumlichen Bedingungen beschrieben wurden (hierzu Jahn, a. a. O.). Die Herstellung von Zahnersatz in Praxislaboren ist zudem älter als das Berufsbild der Zahntechniker.

–         Im Gesetz (vgl. § 88 SGB V) findet sich keine Stütze dafür, dass ausschließlich Vertragszahnärzte, nicht jedoch Z-MVZ Laborleistungen erbringen dürfen. § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V regelt jedoch, dass die auf Ärzte bezogenen Regeln u. a. auch für Zahnärzte und MVZ gelten. Eine Einschränkung, dass nur Vertragsärzte, jedoch keine MVZ GmbH die entsprechenden Leistungen erbringen dürfen, ist nicht ersichtlich. Die Gewerblichkeit der Leistung ist einer Z-MVZ GmbH immanent und kein Grund, dass diese keine zahnärztlichen Leistungen erbringen darf. 

–         Das SGB V spricht davon, dass die Versorgung – nicht die Verordnung – von Zahnersatz Teil der vertragszahnärztlichen Versorgung ist.

–         Ursprünglich war die Versorgung mit Zahnersatz sogar im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung mitgeregelt. Die Regelungen über Zahnersatz sollten dann nur eine Klarstellung bieten (siehe hierzu auch: Sproll, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 73 SGB V, Rn. 32).

–         Die Herstellung des Zahnersatzes erfolgt für den Zahnarzt, nicht für den Patienten. Auch bei gewerblichen Dentallaboren kommt kein Vertrag zwischen Patient und Dentallabor zu Stande.

Schließlich sei noch ein praktisches Argument zu nennen: Auch im Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein gibt es in den vier Universitätskliniken Düsseldorf, Aachen, Köln und Bonn nach Wissen des Verfassers zahntechnische Labore. Auch die Universitätskliniken sind als Klinik nicht Mitglied der Zahnärztekammer und unterliegen somit als Klinik nicht der Berufsordnung. Trotzdem werden hier von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein (wettbewerbsrechtlich) unbeanstandet Laborleistungen erbracht. 

Im Übrigen stellt sich die Frage, inwieweit eine Kassenzahnärztliche Vereinigung bei von der Krankenkasse genehmigter Zahnersatzversorgung überhaupt eine Kürzungsbefugnis aufgrund des „falschen Labors“ hat.

Fazit

Es gibt kein tragfähiges Argument, die Leistungserbringung von Z-MVZ-GmbH-Praxislaboren in Frage zu stellen. Z-MVZ, denen hier Kürzungen oder Regresse angedroht werden, sind gut beraten, den Rechtsweg einzuschlagen.

Kategorien
Newsletter
Wollen Sie unter den Ersten sein, die über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitsrecht und der Gesundheitspolitik informiert werden?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.