In den letzten Wochen traten verschiedene Berufsorganisationen der Zahntechniker, Arbeitgeber Verband Zahntechnik (AVZ), die Innung des Zahntechniker-Handwerks Nordbayern (NBZI) und die Zahntechniker-Innung Rheinland-Pfalz (ZTI) im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum TSVG mit der Forderung an die Öffentlichkeit, dass in den Praxislaboren von MVZ sowie Berufsausübungsgemeinschaften eine Meisterpflicht herrschen sollte. Das heißt, dass in diesen MVZ Praxislaborleistungen nur noch erbracht werden sollen, wenn das Labor meistergeführt ist.
Juristischer Hintergrund
Hintergrund dieser Forderung ist, dass sowohl der Bundesgerichtshof (Urt. v. 14.12.1979, Az.: I ZR 36/78) als auch das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 11.05.1979, Az.: 5 C 16.79) Zahnärzten die Durchführung zahntechnischer Leistungen erlaubt haben, wenn dies für die Behandlung eigener Patienten geschieht; die zahntechnische Tätigkeit sei dabei der zahnärztlichen Behandlung untergeordnet. Das Bundesverwaltungsgericht argumentierte, dass die Anfertigung von Zahnersatz historisch Aufgabe der Zahnärzte und Dentisten gewesen sei. Der Beruf des Zahntechnikers als Fachhandwerker habe sich erst später entwickelt. Zudem gehörte die Anfertigung zahntechnischer Leistungen auch sowohl zum theoretischen als auch zum praktischen Prüfungsstoff des zahnmedizinischen Studiums (vgl. §§ 50, 51 der Approbationsordnung). Dies kann auch durch einen angestellten Zahntechniker geschehen. Zudem seien die Abnehmer des Zahnersatzes auch bei gewerblichen Laboren die Zahnärzte – nicht die Patienten. Denen gegenüber schulde der Zahnarzt eine einheitliche Leistung. Beide Gerichte konzidierten zudem, dass sich die Zahnärzte dabei angestellten Mitarbeitern bedienen können. Wie weit die „Anleitung“ und „Aufsicht“ der Mitarbeiter wurde dabei von der Rechtsprechung noch nicht konkret definiert (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 07.06.1994, Az.: L 6 KA 25/93) – ein umfassendes Weisungsrecht bzgl. der Zahntechniker muss dem Zahnarzt aber zustehen (SG Berlin, Beschl. v. 20.05.2011, Az.: S 83 KA 193/11 ER). Gleichwohl ist Zahnärzten zu raten, hier keinesfalls zu großzügig zu agieren, um nicht Regresse zu provozieren. Wirkliche Konturierungen, was persönliche Leistungserbringung bei der Herstellung von Zahnersatz bedeutet, hat die Rechtsprechung leider noch nicht vorgenommen.
Pauschale Behauptungen
Die zahntechnischen Organisationen bemängeln allerdings pauschal, dass eine ausreichende Überwachung der angestellten Zahntechniker in großen BAG und MVZ nicht durchgeführt werde und gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung dadurch verstoßen würde. Diese Behauptung wird nicht weiter substantiiert. Zunächst können der Rechtsprechung keine ganz klaren Kriterien entnommen werden, inwieweit eine Überwachung angestellter Zahntechniker erfolgen muss. Zum anderen warten die zahntechnischen Organisationen mit keinerlei statistischen Daten auf. Ein klares Kriterium wären hierbei z. B. Verfahren der Handwerkskammern wegen Verstoßes gegen die Meisterpflicht oder Regresse der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen aufgrund eines Verstoßes gegen das angeführte Gebot der persönlichen Leistungserbringung. Darüber schweigt sich die Stellungnahme aus. Auch dem Verfasser sind keine entsprechenden Regresse bekannt. Es bleibt bei der bloßen Unterstellung durch AVZ, NBZI und ZTI.
Wirklich gewollte Konsequenzen?
Der Vorschlag der drei Organisationen überzeugt aus zwei weiteren Perspektiven nicht: Wie soll zum einen eine handwerksrechtliche Meisterpflicht das Gebot der persönlichen Leistungserbringung im Vertragsarztrecht ändern? Offenbar gehen die Zahntechniker davon aus, dass es sich dann gar nicht mehr um ein Praxislabor handelt. Wenn durch die Meisterpflicht alle handwerksrechtlichen Bedingungen eingehalten werden, die auch für gewerbliche Labore gelten, so können sich die Zahntechniker kaum noch dagegen wehren, dass die Zahnärzte selbst Leistungen auf dem gewerblichen Markt anbieten. Dies ist insbesondere für MVZ interessant, die ohnehin bereits gewerbesteuerpflichtig sind.
Fazit
Aus berufspolitischer Sicht haben die verantwortlichen Standespolitiker den Zahntechnikern einen Bärendienst erwiesen. Der Antrag ist juristisch zweifelhaft, arbeitet mit unbewiesenen Unterstellungen und führt in der Konsequenz sogar dazu, dass die Konkurrenz für gewerbliche Labore größer wird.