22. August 2017

Sowohl für Medizinproduktehersteller als auch für den Dentalfachhandel sowie Dentallabore ist es von großer Bedeutung, regelmäßig in Kontakt mit ihren Kunden zu bleiben und diese über neue Produkte und Angebote zu informieren. Aber Vorsicht! Hat der Empfänger der E-Mail vorher keine entsprechende Einwilligung abgegeben, sind solche Marketingmaßnahmen unzulässig! Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) wiederholt mit Urteil vom 14.03.2017 (Az. VI ZR 721/15) entschieden.

Welche E-Mail-Empfänger sind erfasst?

In dem zugrundeliegenden Verfahren nahm der Kläger (Handelsvertreter) die Beklagte (Verlagsgesellschaft) auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Grund dafür waren zwei zuvor von einem beauftragten Werbepartner im Namen der Beklagten erhaltenen Werbe-E-Mails für (Print-) Produkte der Beklagten. Die Werbung wurde an seine geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse ….@gmx.de geschickt.

Der BGH führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass sich dieses Werbeverbot ohne entsprechende Einwilligung an alle geschäftlich genutzten E-Mail-Adressen des Klägers bezieht. Damit sind also neben den offensichtlich geschäftlich genutzten E-Mail-Adressen wie oder auch all diejenigen E-Mail-Adressen erfasst, die scheinbar privat sind, aber – bekanntermaßen – geschäftlich genutzt werden. Dabei ist seitens des Absenders einer Werbe-E-Mail die geschäftliche Nutzung der Adresse bekannt, sobald der Kunde diese in einem geschäftlichen Zusammenhang (z.B. bei einer Warenbestellung, auf einer Messe etc.) angegeben hat.

Warum ist die Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung unzulässig?

Die Versendung unerwünschter Werbe-E-Mails stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Sie löst als solcher Unterlassungs- und ggf. Schadensersatzansprüche nach §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB aus.

Verhindert werden soll das Eindringen des Werbenden in die geschäftliche Sphäre, insbesondere in die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des Kunden. Dem Kunden sollen Werbemaßnahmen nicht gegen seinen erkennbaren und mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Das Gericht nimmt an, dass belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers führt (vgl. bereits BGH, NJW 2006, 3781). Sie beeinträchtige die Betriebsabläufe, weil der Empfänger die E-Mails jeweils einzeln sichten muss. Darüber hinaus müsse er ihr widersprechen, um eine weitere Zusendung zu unterbinden. Dies führe in der Summe zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH, GRUR 2013, 1259; NJW 2009, 2958).

Wie sieht es mit der Werbung mittels anderer Kommunikationswege aus?

Das Urteil des BGH behandelte in erster Linie nur Werbe-E-Mails, äußerte sich in diesem Zusammenhang aber auch über Werbung mittels anderer Kommunikationswege. Bei einem – heute nur noch selten eingesetzten – Werbe-Fax ist ebenfalls die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Fax-Empfängers erforderlich (vgl. OLG Hamburg CR 2004, 376).

Ruft man den Kunden an, um ihn über aktuelle Angebote oder neue Produkte zu informieren, muss zumindest dessen mutmaßliche Einwilligung vorliegen (vgl. LG München I, GRUR-RR 07, 59, 60). Dies bedeutet, dass auf Grund konkreter Umstände im Einzelfall ein sachliches Interesse des Anzurufenden am Anruf durch den Anrufer vermutet werden kann (BGH GRUR 2001, 1181, 1183 u.a.), indem er den Anruf erwartet oder ihm zumindest positiv gegenübersteht. Vorsicht aber auch hier! Bereits der Anruf eines Außendienstmitarbeiters, um einen Termin vor Ort zu vereinbaren, wird als mittelbare Werbung gesehen! Er erfordert daher ebenfalls eine mutmaßliche Einwilligung.

Die weitesten Möglichkeiten bietet das klassische Post-Mailing, das lediglich nicht unzumutbar belästigen darf. Danach darf keine Werbung per Post versandt werden, wenn erkennbar ist, dass der Kunde diese Werbung nicht wünscht. Dies ist bei entsprechenden Reklameverbotsschildern auf dem Briefkasten anzunehmen.

Welche Anforderungen muss die erforderliche Einwilligung erfüllen?

In dem BGH-Verfahren wandte der beklagte Verlag ein, der Kläger habe beim Herunterladen eines Free-Ware-Programmes in die Werbung eingewilligt. Der Kläger hatte seinerzeit seine E-Mail-Adresse an eine Freeware-Plattform übermittelt, um dort ein Softwareprogramm herunterladen zu können. Unterhalb des Eingabefeldes für die E-Mail-Adresse sei er darauf hingewiesen worden, dass die eingegebene E-Mail-Adresse für den Betreiber der Seite sowie dessen Sponsoren für werbliche Zwecke freigegeben werde und er in unregelmäßigen Abständen Werbung per E-Mail erhalten werde. Der Kläger drückte die Enter-Taste und bestätigte damit die Nutzungsbedingungen. Daraufhin erhielt er eine Double-Opt-In-E-Mail mit dem Betreff „Download-Link für B.“ (ausgewählte Freeware), in der er den Download-Link erhielt und nochmals auf die werbliche Nutzung der übermittelten E-Mail-Adresse hingewiesen wurde. Mit der Bestätigung des Links wurde der Download gestartet und der Kläger stimmte ein weiteres Mal den Nutzungsbedingungen zu. In den AGB der Seite wurde der Kläger auf sein Recht, seine Einwilligung jederzeit zu widerrufen, hingewiesen.

Anwendbarkeit von AGB-Recht führt zu höheren Anforderungen

Der BGH entschied hierzu, dass keine wirksame Einwilligung vorlag. Bei der zugrundeliegenden Einwilligungserklärung handelte es sich um eine vorformulierte und damit um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Damit unterliegt sie der sog. Inhaltskontrolle. Im Ergebnis hielt sie dieser wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers nicht stand. Die Einwilligungserklärung war nicht hinreichend transparent, weil aus ihr nicht konkret hervorging, für welche Produkte die Unternehmen werben dürfen. Eine Einwilligung erfolgt für einen konkreten Fall, wenn klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst (vgl. BGH, NJW 2013, 2683).

Danach muss aus der Einwilligungserklärung also zum einen hervorgehen, für welche Produkte und Dienstleistungen geworben werden darf. Zum anderen muss sie die Unternehmen nennen, von denen solche Werbung verschickt wird.

Im Ergebnis war die Werbe-E-Mail in dem zugrundeliegenden Fall also nur unzulässig, weil keine hinreichend transparente Einwilligungserklärung des Klägers vorlag.

Fazit

Möchten Sie Ihre Kunden auch weiterhin regelmäßig über neue Produkte, attraktive Angebote sowie verfügbare Dienstleistungen informieren? Dann bedenken Sie, vorher dessen ausdrückliche Einwilligung einzuholen, wenn dies mittels E-Mail oder Fax erfolgen soll. Die Erklärung muss hinreichend konkret sein und insbesondere die Produkte und Dienstleistungen sowie die werbenden Unternehmen enthalten. Wichtig ist auch, diese Anforderungen bereits bei einer mittelbar zu Werbezwecken vorgenommenen geschäftlichen Handlung zu beachten. Etwas freier sind Sie, wenn Sie die Kommunikationswege Telefon oder Post wählen. Der BGH bestätigte mit diesem Urteil aus März 2017 seine seit Jahren gefestigte Rechtsprechung. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass es neben diesen zivil- und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben auch datenschutzrechtliche gibt, die im geschäftlichen Verkehr unbedingt zu beachten sind. Gerne unterstützen wir Sie bei der Ausgestaltung rechtswirksamer Einwilligungserklärungen und helfen Ihnen heraus aus dem scheinbar unübersichtlichen „Einwilligungs-Dschungel“!

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