10. August 2011

Nicht immer gehen Mitgesellschafter einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft in Frieden auseinander. Sowohl persönliche Differenzen als auch ungelöste Geldfragen führen oftmals zu einem Bruch des Vertrauensverhältnisses zwischen den Gesellschaftern. Einigkeit besteht in diesen Fall meist nur noch in dem Wunsch, die Gemeinschaft schnellstmöglich zu beenden.

Nach den geltenden zivilrechtlichen Vorschriften lässt sich dies auch recht schnell und unkompliziert umsetzen. Bei Vertragsärzten gilt es darüber hinaus das Spannungsverhältnis zwischen Zivilrecht und Vertragsarztrecht zu beachten. Neben einem zivilrechtlichen Gesellschaftsvertrag erfordert eine gemeinsame Berufsausübungsgemeinschaft unter Vertragsärzten auch der Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss. Dieser statusbegründende Akt muss bei der Beendigung durch entsprechende Feststellung wieder beseitigt werden. Anerkannt ist dabei, dass eine solche Feststellung nicht zu einem bereits in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt erfolgen kann.

In diesem Zusammenhang hatte aktuell das Sozialgericht Marburg im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens am 03.05.2011 (Az.: 12 KA 305/11 ER) über den Zeitpunkt der Beendigung der bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft zu beschließen. Konkret ging es um die Frage, ob die Beendigung einer Berufsausübungsgemeinschaft nur zum Quartalsende oder aber bereits auch zu eine früheren Zeitpunkt festgestellt werden kann.

Die beiden betroffenen Vertragsärzte waren sich darüber einig, dass die gemeinsame Berufsausübung aufgrund einer außerordentlichen Kündigung enden sollte, umstritten war nur der relevante Zeitpunkt, zu dem dies geschehen sollte. Der die Kündigung aussprechende Gesellschafter beantragte bei dem zuständigen Zulassungsausschuss mit etwas Verspätung die rückwirkende Feststellung des Endes der gemeinsamen Berufsausübung zum 31.03.2011. Der Zulassungsausschuss stellte daraufhin eine Beendigung der gemeinsamen Berufsausübung erst zum 30.06.2011 fest. Begründet wurde dies damit, dass der statusrelevante Charakter der Entscheidung eine rückwirkende Feststellung zum 31.03.2011 verbiete. Die Datierung auf das Quartalsende sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zu beanstanden. Das BSG hatte in der Vergangenheit die Ansicht vertreten, dass eine Datierung auf das Quartalsende nicht zu beanstanden sei, da auf den üblichen Rhythmus der Abrechnung abgestellt werde (vgl. Urteil des BSG vom 19.08.1992, Az.: 6 RKa 36/90).

Der antragstellende Gesellschafter legte gegen diese Entscheidung Widerspruch ein und beantragte bei dem Sozialgericht Marburg den Berufungsausschuss zu verpflichten, die Beendigung mit Wirkung zum 31.03.2011 festzustellen. Das Gericht kam schließlich zu der Entscheidung, den Zulassungsausschuss zu verpflichten, festzustellen, dass die Berufsausübungsgemeinschaft zum 04.05.2011 endet. Es hielt den Beschluss des Zulassungsausschusses für rechtswidrig. Zwar scheide eine rückwirkende Feststellung aus, allerdings habe der Antragsteller einen Anspruch auf Beendigung der Berufsausübungsgemeinschaft ab dem Zeitpunkt des Beschlusses der Ärztekammer.

FAZIT:

Berufsausübungsgemeinschaften haben neben den allgemeinen Gesellschaftsrecht auch die Besonderheiten des Vertragsarztrechts zu berücksichtigen. Eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages vermag die vertragsarztrechtliche Berufsausübungsgemeinschaft nicht automatisch zu beenden.

Zwar ist die Problematik, ob die Beendigung der gemeinsamen Berufsausübung nur zum Ende eines Quartals oder auch im laufenden Quartal festgestellt werden kann, durch die Entscheidung des Sozialgerichts Marburg noch nicht abschließend geklärt. Da sich eine gesetzliche Regelung nicht finden lässt, gibt die Entscheidung einen ersten Anhaltspunkt, für die Praxis. Eine vergleichsweise Heranziehung der Regelung des § 28 Abs. 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Ärzte vermag die Tendenz des Sozialgerichts zu stützen. Hiernach kann die Auslauffrist bei einem Zulassungsverzicht verkürzt werden, wenn der Vertragsarzt nachweist, dass die weitere Berufsausübung für die gesamte Dauer oder einen Teil der Frist ihm nicht zumutbar ist. Soweit eine weitere gemeinsame Tätigkeit für die Beteiligten unzumutbar ist, spricht nichts dagegen, die Berufsausübungsgemeinschaft schon vor Quartalsende zu beenden.

Das Ergebnis des Sozialgerichts Marburg vermag auch aus Gründen der Praktikabilität zu überzeugen. Die Beendigung einer Berufsausübungsgemeinschaft im laufenden Quartal ist für die Kassenärztliche Vereinigung zwar mit erheblichem Zusatzaufwand verbunden, abrechnungstechnisch indes nicht ausgeschlossen.

Praxistip:

Bei Ausspruch der Kündigung gegenüber einem Mitgesellschafter sollte unverzüglich auch beim Zulassungsausschuss die Feststellung der Beendigung der gemeinsamen Berufsausübung beantragt werden. Ein Rechtsstreit, wie der vorliegende, lässt sich hierdurch in aller Regel vermeiden.

 

 

Kategorien
Newsletter
Wollen Sie unter den Ersten sein, die über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitsrecht und der Gesundheitspolitik informiert werden?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.