10. Oktober 2013

So kann es gehen: Mehrere Ärzte hatten sich zu einem Berufsausübungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Einer der beteiligten Ärzte kündigte die Gesellschaft und verließ diese infolgedessen im Herbst 2013. Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Berufsausübungsgemeinschaft auch eine Homepage betrieben. Die Webseite wurde extern auf einem Server gehostet und war dort über ein Administratorpasswort zugänglich. Nur mit diesem Passwort konnte die Homepage und die an die Praxispartner vergebenen E-Mail-Adressen verwaltet werden. Der Administrator konnte außerdem neue Mail-Accounts hinzufügen, solche löschen oder deren Inhalte einsehen.

Nachdem nun der Arzt, der die Gesellschaft gekündigt hatte, die Praxis auch verlassen hatte, stellte die anderen Partner fest, dass dieser sämtliche Internetadressen der Praxis auf sich hatte registrieren lassen. Zudem nutzte er das Administratorpasswort, um den ursprünglichen Zugang zur Internetseite zu sperren und die Präsenz mit einem neuen Passwort zu versehen. Die in der Praxis verbliebenen Ärzte hatten damit keinen Zugriff mehr auf ihre Internetpräsenz. Der ausgeschiedenen Arzt nutze das Administratorpasswort zudem dazu, auch Einsicht in E-Mails seiner ehemaligen Partner zu nehmen.

Diese stellten umgehend einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dem Antrag hat das LG Wiesbaden dann auch stattgegeben und dem ausgeschiedenen Arzt aufgegeben, es bei Meidunq eines für jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Administrator-Zugangsdaten bestehend aus dem Login und Passwort für die Homepage der Praxis zurückzusetzen.

Ferner wurde ihm aufgegeben, es zu unterlassen, Administrator-Zugangsdaten bestehend aus dem Login und Passwort für die Homepage der Praxis zu verändern und es zu unterlassen, die E-Mail Postfächer seiner bisherigen Praxispartner ohne deren Einwilligung einzusehen.

(LG Wiesbaden, Beschluss vom 29.05.2013 – 2 O 128/13 (Volltext))

Was ist hier schief gelaufen? Ganz einfach:

So gut wie kein Praxisvertrag enthält Klauseln zum Umgang mit der Internetseite einer Praxis.

Was hat mit dieser zu passieren, wenn eine Gemeinschaftspraxis sich auflöst? Wer darf die Internetadresse nach der Trennung wie weiter nutzen? Und was passiert im Fall der Praxis-Auflösung mit der Facebook-Fanpage, dem Twitteracount, etc.? Es liegt auf der Hand, dass diese Fragen einen erheblichen wirtschaftlichen Wert haben können. Und trotzdem wird dieses Thema bei der Gestaltung von Praxisverträgen nach wie vor nicht oder nur sehr stiefmütterlich behandelt. Meist ist nicht mal geregelt, wer im Falle der Praxisauflösung die Telefonnummer wie weiter nutzen darf. Das ist natürlich nicht mehr zeitgemäß!  Prüfen Sie, ob Ihr Praxisvertrag diese sehr relevanten Fragen beantwortet. Und wenn nicht, lassen Sie Ihren Vertrag entsprechend ergänzen, damit es im Fall der Fälle keine unnötigen Probleme gibt. Einen sicheren Praxisvertrag kann es nur geben, wenn auch solche zeitgemäßen Fragestellungen geregelt sind. Die vorgegebenen und häufig verwendeten Standards und Musterverträge helfen hier nicht weiter und führen im Streitfall zu hohen und unnötigen Kosten. Gehen Sie also auf Nummer sicher und achten Sie auf die nötige Aktualität Ihrer Verträge.

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