16. September 2022

Negative Bewertungen – sei es auf Google, Jameda oder einem der anderen Portale – sind in der Regel erstmal ärgerlich. Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Außenwirkung. Deshalb möchten die Praxisinhaber (negative) Bewertungen im Internet am liebsten einfach löschen lassen. Allerdings sind die Bewertungen in den meisten Fällen vom Gundrecht der Meinungsfreiheit geschützt. Überdies sehen die Gerichte das Informationsinteresse zukünftiger Patienten als schützenswert. Etwas anderes gilt, wenn gegenüber dem Portal auf dem die Bewertung veröffentlicht wurde, nachgewiesen werden kann, dass die Veröffentlichung entweder die Grenzen der zulässigen Meinungsäußerung überschritten oder ein Kontakt mit der bewertenden Person in der Praxis nie stattgefunden hat.

Der richtige Ansprechpartner

Die jeweiligen Bewertungsportale haften in der Regel nicht unmittelbar für die eingestellten Bewertungen. Doch kann der Kontakt zum Verfasser jeder einzelnen Bewertung häufig nur über das Bewertungsportal hergestellt werden.

Rechtlich hilft hierbei, dass die Betreiber der Portale zwar nicht als unmittelbar Verantwortliche anzusehen sind, allerdings als mittelbare Störer. Dies deshalb, weil sie die technischen Möglichkeiten des Internetdienstes zur Verfügung stellen und damit zumindest indirekt zur Verletzung des geschützten Persönlichkeitsrechts des betroffenen Praxisinhabers beitragen. Damit sind die Betreiber der jeweiligen Bewertungsportale zwar nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen, wohl allerdings dann, wenn sie Kenntnis von der möglichen Rechtsverletzung erlangen. Spätestens nach Erhalt eines Löschungsantrages oder einer Beanstandung (am besten mit anwaltlicher Hilfe) sind die Portale verpflichtet den Sachverhalt grundlegend aufzuklären, zu prüfen und – rechtlich korrekt – zu bewerten.

Müssen sich Praxisinhaber bewerten lassen?

In dem Urteil vom 30.04.2020 (Az.: 16 U 218/18) entschied das OLG Frankfurt a.M. dass ein „Ärztebewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllt, sofern die Betreiberin als neutraler Informationsmittler auftritt“. Das heißt übersetzt: solange Jameda, Google & Co. objektiv bleiben, unterstehen sie dem Schutz der Meinungsfreiheit.

In dem vorliegenden Fall ging es darum, dass sich eine Augenärztin gegen eine negative Bewertung zur Wehr setzte und daraus resultierend auch die vollständige Löschung ihres Profils, ihrer sogenannten Basisdaten verlangte. Das Gericht lehnte diesen Anspruch ab und begründete dies mit der gesellschaftlich erwünschten Funktion des Bewertungsportals. Die Abwägung fiel somit zu Gunsten der Meinungsfreiheit und gegen die Interessen der betroffenen Ärztin aus.

Was tun mit negativen Bewertungen?

Praxisinhaber müssen sich allerdings nicht jeden Inhalt einer Bewertung gefallen lassen oder sind diesem schutzlos ausgeliefert. Vielmehr hat sich der Bewertende an gewisse Spielregeln zu halten. Eine Bewertung darf zum einen keine unwahren Tatsachenbehauptungen enthalten. Zum anderen darf eine Meinungsäußerung/Wertung nicht die Grenze der sogenannten Schmähkritik überschreiten. Verboten sind insbesondere Beleidigungen und Äußerungen herabsetzender Art. Allerdings müssen Praxisinhaber überspitzte Kritik und wahre Tatsachen, auch wenn diese für sie gewissermaßen rufschädigend sein können, hinnehmen.

Die negative Bewertung ist deshalb zu allererst darauf zu prüfen, ob sie eine herabwürdigende Wirkung hat oder ob sie Ausfluss der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit ist. Rein subjektive Meinungsäußerungen müssen – so ärgerlich sie sind – hingenommen werden.

Kommt man zu der Einschätzung, dass tatsächlich eine Rechtsverletzung vorliegt, sollte man sich überlegen, ob ein Löschantrag sinnvoll erscheint oder ob sich beispielsweise eine öffentliche Kommentierung nicht als praktikablere Alternative anbietet. Auch beides gleichzeitig kann im Einzelfall Sinn machen. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass die ärztliche Verschwiegenheitsverpflichtung gewahrt bleibt.

Welcher Weg eingeschlagen werden soll, richtet sich vor allem nach dem Inhalt der Bewertung und was dieser entgegengehalten werden kann.

Bewertungen durch Fremde

Besonders effektiv lässt sich eine Bewertung angreifen, wenn der Bewertende gar kein Patient war. Die Freiheit zur Meinungsäußerung findet nämlich – soweit es um Äußerungen in den Medien geht – dort ihre Grenze, wo es für eine andere belastende Meinung keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt. Fehlen solche Bezugspunkte oder sind sie unwahr, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig gegenüber dem verletzten Persönlichkeitsrecht des bewerteten Zahnarztes zurücktreten.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Löschung der Bewertung beweisen muss grundsätzlich derjenige, der den Anspruch geltend macht – also der Zahnarzt. Bei negativen Tatsachen – wie hier dem Fehlen der Patienteneigenschaft – trifft das Bewertungsportal jedoch eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Die Betreiber des Portals müssen nachweisen können, dass der Bewertende tatsächlich Patient war.

Diese Rechtsprechung bestätigte der BGH kürzlich mit Urteil vom 09.08.2022 (Az.: VI ZR 1244/20). In dem entschiedenen Fall ging es um negative Bewertungen eines Ferienparks auf einem Hotelbewertungsportal durch Personen, die dort gar keine Gäste gewesen waren. Der BGH entschied, dass Beanstandung der Bewertung durch den Ferienpark mit der Begründung, es habe gar keinen Kundenkontakt gegeben ausreichend gewesen sei. Das Bewertungsportal konnte seinerseits den Kundenkontakt nicht nachweisen.

Das Urteil ist mit seiner Begründung auch auf Arztbewertungsportale und die Fälle fehlenden Patientenkontakts übertragbar.

Fazit

Wie mit einer negativen Bewertung umzugehen ist, muss anhand des Einzelfalls individuell entschieden werden. Wer seine Möglichkeiten kennen und ausschöpfen möchte, sollte sich rechtlich beraten lassen. Wird tatsächlich eine Rechtsverletzung festgestellt, zwingt ein ordentlich begründeter Löschantrag die Bewertungsplattform dazu, sich ohne einen langen Rechtsstreit mit der Angelegenheit auseinanderzusetzen – häufig mit dem Ergebnis, dass der beanstandete Eintrag gelöscht wird.

Sofern keine Rechtsverletzung vorliegt, bleibt zu empfehlen, dass die negative Bewertung nicht persönlich genommen werden sollte. Mit der Kommentarfunktion sollte ohne Emotionen und sachlich geantwortet werden und für den Fall, dass es möglich ist, sprechen Sie mit Ihrem Patienten unter vier Augen.

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