Seit Jahren lockert sich das Verständnis für das zahnärztliche Werberecht bei den Kammern und den Gerichten zunehmend. Gleichwohl hat sich durch zahlreiche Urteile eine Fülle von unterschiedlichen Entscheidungen heraus gebildet, die teilweise große Verwirrung bei den Zahnärzten stiftet.
In einem aktuellen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (1BvR 233/10; 1 BvR 235/10) wurde nun eine seit längerem diskutierte Frage beschieden:
Darf der Zahnarzt damit werben, dass er beispielsweise ein DVT-Gerät in seiner Praxis hat und dabei den Herstellernamen erwähnen bzw. ein Bild des Gerätes auf seiner Homepage abbilden, auf welchem der Herstellername erkennbar ist?
Die Bundesverfassungsrichter meinen NEIN!
Sie begründen Ihre Auffassung, indem Sie ausführen, es genüge bereits der „böse Schein“, um Zweifel an der ärztlichen Integrität zu wecken. Zum anderen sei, zumindest im Hinblick auf andere Zahnärzte, die die Werbung in Augenschein nehmen, ein Werbeeffekt denkbar, der von Arzt und Hersteller durchaus einkalkuliert sein könne. Es sei nicht ersichtlich, dass die Angabe des Herstellers einen Informationswert für den Patienten habe und die Nennung insofern rechtfertigen könne.
Diese Argumentation kann in keinem Fall überzeugen. Die Richter erläutern nicht weiter, inwiefern hierdurch ein „böser Schein“ entsteht, der die ärztliche Integrität in Verruf bringen könnte. Insbesondere kann das Argument, eine Fremdwerbung für den Hersteller des Gerätes sei lebensfremd, da kein Patient auf die Idee kommen würde, sich ein solches anzuschaffen, mit vorbenannten Ausführungen der Bundesverfassungsrichter nicht entkräftet werden.
Schaut man in vorangegangene Urteile zur Fremdwerbung, wird deutlich, dass diese bislang als unzulässig erachtet wurde, weil Patienten ihrem Arzt ein großes Maß an Vertrauen entgegenbringen. Sofern ein Arzt daher die Hersteller bestimmter Produkte, ob Medizinprodukte oder Dinge des täglichen Lebens, nenne, gehen die Patienten davon aus, der Arzt bevorzuge diesen Hersteller und vertrauen ihm diesbezüglich. Dadurch entstehe ein unzulässiger Werbeeffekt (z.B. VG Münster, Urt. v. 20.05.1998, 6 K 38231/97).
Dass ein solcher Werbeeffekt gar nicht erst entstehen kann, wenn der Patient ohnehin nicht zu der Käuferzielgruppe eines solchen Gerätes gehört, haben die Richter gänzlich ausgeblendet.
Auch der Umstand, dass in dem Beschluss eine Verlinkung auf der Zahnärztehomepage zu einem ärztlichen Fachverlag als zulässig erachtet wurde, lässt die Entscheidung hinsichtlich des Tomographen, um dessen Herstellernamen es ging, schon fast als Quotenentscheidung erscheinen. Denn die Richter haben in diesem Beschluss grundsätzlich deutlich gemacht, dass auch das zahnärztliche Werberecht an die neuen Medien und die Veränderungen der Zeit angepasst werden müsse und gingen im Ergebnis sehr liberal mit dem zahnärztlichen Werberecht um.
Doch was bedeutet das nun für die Zahnärzte?
Ist diese Entscheidung auch übertragbar auf andere Sachverhalte, bei denen Zahnärzte naturgemäß den Hersteller nennen müssen? Denkbare wäre auch die Konstellation, dass ein Zahnarzt ein neues Gerät gerne an einem Infoabend vorstellen möchte, um seine Patienten ausreichend über dessen Funktionsweise zu informieren. Dabei macht es Sinn, einen Mitarbeiter der Herstellerfirma auf einem solchen Infoabend vortragen zu lassen, da dieser über Fachwissen verfügt. Handelt es sich hierbei auch um unzulässige Fremdwerbung nach dem neuen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes, weil demnach schon der „böse Schein“ ausreiche, um die ärztliche Integrität anzuzweifeln?
Gemäß den Ausführungen des Gerichts, wurde die Angabe des Herstellernamens unter anderem auch als unzulässig erachtet, da kein Informationswert für die Patienten zu erkennen war. Bei einer solchen Informationsveranstaltung dürfte dieser Wert nicht in Abrede zustellen sein. Das Gericht führte weiter aus, dass ein solcher vorhandener Informationswert die Nennung rechtfertigen könne. Mithin dürfte die Tatsache, dass eine fachkundige Person der Herstellerfirma die Funktion und Vorgehensweise des Gerätes erläutert ausreichend sein, um die Angabe zu gestatten.
Anders dürfte sich dies künftig bei allen Medizinprodukten auf der Homepage der Zahnärzte verhalten. Es ist davon auszugehen, dass hierin nach dem Beschluss kein Informationswert zu sehen ist und die Nennung damit unzulässig ist.
Praxistipp
Wir empfehlen daher, alle Herstellernamen, soweit vorhanden, von der Homepage, von Flyern oder sonstigen Werbemitteln zu entfernen, um der Gefahr einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, sowie Auseinandersetzungen mit den Kammern vorzubeugen. Bei allen übrigen Maßnahmen sollte bei einem spezialisierten Medizinrechtler Rat eingeholt werden.