11. Dezember 2020

Alle Jahre wieder. Der Mindestlohn betrug im Jahr 2020 € 9,35. Wir berichteten hierzu bereits auf unserem Blog unter dem Artikel „Arbeitgeber aufgepasst – die „Minijobfalle“ – es drohen empfindliche Strafen“. Nun wird der gesetzliche Mindestlohn auf € 9,50 pro Stunde zum 1. Januar 2021 erneut ansteigen. Das gilt auch für Minijobber, die zum Beispiel als Reinigungskraft, Buchhaltungskraft oder Aushilfe in der Arzt- bzw. Zahnarztpraxis tätig sind. Praxisinhaber sollten daher prüfen, ob aufgrund der Änderung die Beschäftigungszeiten anpasst werden müssen.

Bei Arbeitszeitüberschreitung Minijobber -Status in Gefahr

Das zu vernachlässigen, kann für beiden Seiten Nachteile nach sich ziehen. Denn Minijobber dürfen maximal € 450,00 im Monat verdienen. Wer für seine Arbeit eine bestimmte Stundenzahl und Bezahlung nach Mindestlohn vereinbart hat, muss in 2021 seine Arbeitszeit verringern. Anderenfalls bringt der höhere Mindestlohn womöglich den Minijobber -Status in Gefahr. Das gilt auch bei einer geringen Überschreitung der Mini-Job-Grenze.

Teilzeit- und Befristungsgesetzes und Minijob

Weniger bekannt ist die seit Anfang 2019 geänderte Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), die da lautet:

„Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.“

Nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Rechtslage war es noch so, dass eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart galt, wenn keine andere (arbeitsvertragliche) Regelung getroffen wurde.

Auswirkungen auf geringfüge Beschäftigungsverhältnisse

Was das nun mit Minijobs – also geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen das Arbeitsentgelt monatlich 450,00 € nicht übersteigen darf – zu tun hat, ist am besten an Hand von Beispielen zu verdeutlichen.

Beispiel A: Der schriftliche Arbeitsvertrag

Vereinbart der Arbeitgeber mit dem geringfügigen Beschäftigen einen schriftlichen Arbeitsvertrag ist nach der Gesetzeslage für 2021 darauf zu achten, dass der Mindestlohn von 9,50 € eingehalten wird. Bei einem Minijob mit maximal 450,00 € bedeutet das, dass der Arbeitnehmer maximal 47,36 Stunden pro Monat arbeiten darf und dies auch vertraglich so fixiert ist.

Bei dem Beispiel A ist also alles in Ordnung; der Mindestlohn ist eingehalten.

Beispiel B: Der mündliche Arbeitsvertrag

Nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Diese Vorschrift ist vielen Arbeitgebern nicht bekannt, was auch daran liegt, dass im NachwG selbst keine Folgen für einen Verstoß geregelt sind. Wenn der Arbeitnehmer dann allerdings – beispielsweise vor Gericht – behauptet, dass ihm noch X Urlaubstage und/ oder X Gehälter zustehen, ist der Arbeitgeber in der Pflicht, diese Behauptungen zu widerlegen. Das wird ihm ohne einen schriftlichen Arbeitsvertrag kaum möglich sein.

Ist der Arbeitsvertrag dennoch nur in mündlicher Form geschlossen und besteht keine Vereinbarung über die Arbeitszeit, greift obige Gesetzesänderung. Dann wird also eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden fingiert. Das bedeutet, dass nunmehr ein Mindestwochenlohn von 190,00 € und damit ein Mindestmonatslohn von 760,00 € (gerechnet auf vier Wochen) gilt. Dies, obwohl der Arbeitgeber eigentlich eine geringfügige Beschäftigung von 450,00 € vereinbaren wollte.

Welche Konsequenzen hat dies für den Praxisinhaber?

Einerseits kann die Rentenversicherung den Arbeitgeber zum finanziellen Ausgleich der nicht gezahlten Sozialversicherungsabgaben verpflichten. Zu beachten ist, dass gesetzlich hierfür eine Nachforderung von bis zu 4 Jahren möglich ist.

Andererseits kann der Arbeitnehmer selbstverständlich den entsprechenden höheren Lohn fordern und/ oder z.B. eine höhere Abfindungszahlung. Empfindliche Strafen sieht daneben auch das Mindestlohngesetz (MiLoG) in § 21 vor. Wird gegen die Regelungen dieses Gesetzes verstoßen, eröffnet der Zoll ein Bußgeldverfahren. Insgesamt drohen Geldstrafen von bis € 30.000,00 und sogar bis zu € 500.000,00.

Zugleich sind die Zollbehörden bei dem Verdacht einer Ordnungswidrigkeit/Straftat verpflichtet, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Damit drohen dem Arbeitgeber sogar strafrechtliche Konsequenzen, da die Rechtsprechung in jeder Mindestlohnunterschreitung ein „Vorenthalten“ i.S.d. § 266 a StGB sieht. Zwar reicht eine fahrlässige Mindestlohnunterschreitung nicht aus, da bedingt vorsätzliches Handeln notwendig ist. Dem Risiko eines strafrechtlich relevanten Verhaltens sollte sich aber kein gewissenhafter Arbeitgeber unnötig aussetzen.

Praxistipp für Minijobber

Wichtig zu beachten: Am 1. Juli 2021 steigt der Mindestlohn erneut, und zwar auf dann € 9,60 pro Stunde. Daher sollte auch im weiteren Verlauf des Jahres 2021 an die Anpassung der Verträge gedacht werden.

Überdies sollte in der Praxis generell niemand ohne Arbeitsvertrag tätig werden, um empfindliche Nachteile zu vermeiden. Dies gilt gerade bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, deren schriftliche Fixierung oftmals auf Grund des geringen Verdientes als überobligatorischer Aufwand gewertet wird. Hier fallen dann häufig Einwände wie „Muss das denn sein?“ oder „Schon wieder so viel Verwaltungsaufwand.“.

Spätestens durch die jetzige Gesetzesänderung drohen dem Praxisinhaber empfindliche finanzielle Einbußen, Bußgelder und/ oder sogar strafrechtliche Verfahren. Weshalb wir dringend dazu raten sich und die Mitarbeiter durch Verträge abzusichern.

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