9. Dezember 2022

Die Erkältungs- und Grippewelle hat uns fest im Griff. Der Krankenstand ist in diesem Jahr höher, als in den vergangenen Jahren. Und wer krank ist, ist krank und sollte schnell genesen. Gerade im Gesundheitssektor führen fehlende Fachkräfte und das hohe Arbeitspensum schnell zu Spannungen am Arbeitsplatz. Wenn beide Seiten die wichtigsten Verhaltensregeln im Krankheitsfall beachten, kann dies unnötiges Konfliktpotential vermeiden.

1. Gesundes Betriebsklima bei hohen Krankenstand

Klar sollte sein: Jeder „darf“ krank sein oder werden! Es ist vollkommen normal und legitim, hin und wieder aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen regenerative Fehlzeiten aufzuweisen. Dies ist sogar ein notwendiger Bewältigungsmechanismus, um z. B. Stress zu reduzieren oder die Arbeitsbelastung zu regulieren. Unternehmenskultur abhängige Faktoren zeichnen hier den Unterschied ab, wie der Umgang mit Krankheit und Fehlzeiten wahrgenommen wird. Vor allem Mitarbeiter im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen, z. B. im Gesundheitswesen neigen dazu auch mit Schnupfen, Halsschmerz, Husten und weiterer Symptome zur Arbeit zu gehen. Hier ist Führungskompetenz und Selbstfürsorge gefragt.

Mitarbeiter und insbesondere Berufseinsteiger müssen unter Umständen erst lernen, mit der eigenen Gesundheitskompetenz umzugehen. Dazu gehört auch, eigenverantwortlich und adäquat zu entscheiden, wann eine Krankmeldung sinnvoll ist und wann nicht. Ob als Mitarbeiter oder gar als Führungskraft mit Vorbildfunktion ist es wichtig Selbstfürsorge und ein gutes Teamverständnis zu übernehmen.

2. Den Chef richtig informieren

Wer krank ist und nicht arbeiten kann, sollte sich umgehend bei seinem Unternehmen krankmelden. Je früher dies geschieht, desto besser kann geplant und das Fehlen abgefedert werden. Häufig enthalten Arbeitsverträge Regelungen, in welcher Form und bis zu welcher Uhrzeit des Werktages die Mitteilung zu erfolgen hat. Bereits bei Einstellung ist es ratsam zu klären, wer der richtige Ansprechpartner für die Krankmeldung ist und in welcher Form die Information dort sicher ankommt. Auf WhatsApp und Co. oder die Weitergabe durch Kollegen sollte sich besser nicht verlassen werden.

3. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst am dritten Tag?

Nicht jede Erkrankung bedarf ärztlicher Betreuung. Doch wann muss die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (kurz AU) tatsächlich vorliegen? Nach § 5 Abs. 1 (2) Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) ist spätestens am dritten Tag der Erkrankung des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber eine AU vorlegen, die spätestens am darauffolgenden Arbeitstag im Unternehmen vorliegen muss. Doch Vorsicht, die gesetzliche Grundsatzregelung, lässt in § 5 Abs. 1 (3) EFZG eine Ausnahme zu: Ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Fehltag vorzulegen ist, sollte der Arzt sofort zur Feststellung der Krankheit aufgesucht werden und die AU übermittelt werden.

4. Adieu gelber Schein – Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Die bisherige schriftliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird ab dem 01.01.2023 durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, sog. eAU, abgelöst. Ab dem 01.01.2023 müssen ArbeitnehmerInnen ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr beim Arbeitgeber vorzeigen. Es handelt sich stattdessen um ein elektronisches Verfahren, in dem die Krankenkassen die Arbeitsunfähigkeitsdaten dem Arbeitgeber zur Verfügung stellen; dieser muss/kann die Daten dann entsprechend digital abrufen.

Und wie läuft das Verfahren nun konkret ab?

Schritt 1 – Arzt informiert Krankenkasse

Konkret erfolgt die Arbeitsunfähigkeitsfeststellung durch den Arzt. Anschließend übermittelt dieser die Daten elektronisch an Krankenkasse

Schritt 2 – Information an Arbeitgeber

Im zweiten Schritt sind Arbeitnehmer verpflichtet, den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit zu unterrichten. Hierfür muss der Arbeitgeber die Daten eigenständig elektronisch bei der Krankenkasse abrufen.

Schritt 3 – Datenabruf durch Arbeitgeber

Der Arbeitgeber ruft wie beschrieben die Daten bei der Krankenkasse ab. Diese hält folgende Informationen bereit:

  • Name des/der Beschäftigten,
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
  • Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und 

Angaben, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.

Besteht jetzt Handlungsbedarf für Arbeitgeber?

Ja. Wenn Arbeitgeber die eAU einsehen möchten, muss die Bescheinigung selbständig bei der Krankenkasse abgerufen werden. Zudem sollten die ab dem 01.01.2023 unterschriebenen Arbeitsverträge mit einem Nachtrag angepasst werden. Denn wird weiterhin die übliche Klausel zu schriftlichen AU-Bescheinigungen verwendet, zeigt der Arbeitgeber, dass er nicht auf der Höhe der Zeit ist. Dies kann auf potenzielle Arbeitnehmer unprofessionell und im Zweifel abschreckend wirken.

5. Lohnfortzahlung für den Arbeitnehmer

Arbeitnehmer haben den gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung verhindert sind und sie daran kein Verschulden trifft.

Diese Entgeltfortzahlung gilt für sechs Wochen, danach übernimmt die Krankenkasse des Arbeitnehmers mit der Zahlung von Krankengeld. Arbeitgeber aufgepasst: Der Anspruch auf die Entgeltfortzahlung bezieht sich nicht nur auf das Grundgehalt, sondern erstreckt sich auch auf eine etwaige Umsatzbeteiligung. Zur Berechnung wird regelmäßig das Durchschnittsgehalt der letzten zwölf Monate als maßgeblich angesehen.

6. Wer krank ist, darf das Haus nicht verlassen

Der Irrglaube, man müsse bei einer Krankschreibung zu Hause bleiben, hält sich nachhaltig. Selbstverständlich darf der kranke Arbeitnehmer das Haus verlassen, um sich zu versorgen oder den Arzt oder Therapeuten aufzusuchen. Er darf auch öffentlich Freizeitinteressen nachgehen. Die Grenze ist, wo Aktivitäten dem Genesungsprozess entgegenstehen oder offensichtlich wird, dass der Arbeitnehmer gar nicht krankt. Wer „krankfeiert“ hat mit einer dann berechtigten außerordentlichen Kündigung zu rechnen.

7. Zurück an die Arbeit gehen

Wenn die Krankheit überstanden ist, muss der Mitarbeiter wieder arbeiten gehen. Dies gilt auch, wenn die Krankmeldung einen längeren Zeitraum vorsieht. Regelmäßig ist die Genesung zwar erst nach Ablauf der eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, doch sich der Mitarbeiter früher wieder fit, spricht nichts dagegen wieder bei der Arbeit zu erscheinen. Der Irrglaube, der Mitarbeiter sei dann nicht gesetzlich sozial- und unfallversichert, bleibt unrichtig.

8. Experten fragen

Der kurze Ausfall wegen einer Erkältung führt regelmäßig nicht zu Schwierigkeiten. Ein hoher Krankenstand oder längere oder häufigere Erkrankungen bei den Mitarbeitern, kann allerdings zahlreiche Problemstellungen mit sich bringen: die Veränderung der Tätigkeiten, Reduktion der Arbeitszeit, Wiedereingliederungsmaßnahmen, Lohnansprüche, Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Gerne beraten wir Sie zu allen Fragen rund um die Gestaltung und Veränderung der Arbeitsverhältnisse in Ihrer Praxis.

Kategorien
Newsletter
Wollen Sie unter den Ersten sein, die über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitsrecht und der Gesundheitspolitik informiert werden?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.