30. November 2022

Im neuen Jahr wird alles besser. Ob dies tatsächlich so zu trifft, wird sich zeigen. Unter anderem hat der Gesetzgeber die Problematik der Vertretung von Ehegatten und die damit verbundene Auskunftspflicht der Ärzte angepackt. Das Stichwort hier heißt: Notvertretungsrecht.

Zum 1. Januar 2023 wird insgesamt eine umfangreiche Reform des Betreuungsrechts in Kraft treten. Dies betrifft auch die Neuregelung eines gegenseitigen Vertretungsrechts von Ehegatten in einer Notfallsituation im Bereich der Gesundheitssorge sein. Da es sich hier um eine Normänderung handelt, welche auch unsere Mandantschaft betrifft, klären wir kurz in unserem Blog auf.

Die Regelung zum Notvertretungsrecht kommt dann zur Anwendung, wenn die Ehegatten (noch) keine Regelungen zur Vertretung im Erkrankungsfall getroffen haben. Bisher konnte ein Ehegatte den anderen nur vertreten, wenn er über eine Vorsorgevollmacht verfügte, die Regelungen zur Gesundheitssorge enthielt, oder wenn der jeweils andere Ehegatte vom Betreuungsgericht zum rechtlichen Betreuer bestellt worden ist.

Das ab Januar 2023 in Kraft tretende Notvertretungsrecht gibt den Ehegatten zukünftig für den Notfall ein gegenseitiges Vertretungsrecht im Bereich der Gesundheitssorge, das allerdings an enge Voraussetzungen gebunden ist und nur maximal 6 Monate gilt.

Voraussetzung für das Notvertretungsrecht ist, dass ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge rechtlich nicht mehr selbst besorgen kann. Der behandelnde Arzt muss die medizinischen Voraussetzungen des Vertretungsrechts und den Zeitpunkt, zu dem diese spätestens eingetreten sind, schriftlich bestätigen. Offen bleibt bislang, ob dies auch zu dokumentieren ist, was aus haftungsrechtlicher Sicht sicherlich mehr als sinnvoll ist. 

Der vertretende Ehegatte hat auf der anderen Seite dem behandelnden Arzt schriftlich zu versichern, dass kein Ausschlussgrund für das Vertretungsrecht vorliegt und es aufgrund der Bewusstlosigkeit oder Krankheit bisher nicht ausgeübt wurde. Hier stellt sich für den behandelnden Arzt eine weitere Problematik: Kann er auf diese Bestätigung vertrauen? Ein Ausschlussgrund ist beispielsweise das Getrenntleben der Ehegatten.  Muss der Arzt dies aktiv erfragen und so die familienrechtliche Problematik im Behandlungszimmer erörtern?

Sofern alle Voraussetzungen vorliegen, ist der Arzt kraft Gesetzes von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Ehegatten entbunden, auch ohne zusätzliche Schweigepflichtentbindungserklärung. Der Wortlaut umfasst nur behandelnde Ärzte, nicht aber Angehörige anderer Heilberufe (z. B. Therapeuten, Pflegekräfte, Laborpersonal, Sprechstundenhilfen). Darauf hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft schon in ihrer Stellungnahme vom 09.12.2020 hingewiesen, schlussendlich wurde der Gesetzeswortlaut nicht
angepasst.

Insgesamt ist diese Art der Vereinfachung des Arbeitsablaufes für die Ärzte nachvollziehbar, doch wurden hier möglicherweise nicht neuen Probleme geschaffen?

Zur Erleichterung hat das Bundesministerium der Justiz auf den Seiten der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft ein Formular zur Verfügung gestellt, mit dem die Ärzte die obigen Voraussetzungen prüfen und dokumentieren können. Dieses ist hier

https://www.dkgev.de/service/publikationen-downloads/broschueren-mustervertraege/

abrufbar.

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