Gemäß § 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V ist die Gründung von (zahn)medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nur in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform (im Falle der Gründung durch Kommunen) möglich. Wenn ein MVZ von nur einem Gesellschafter gegründet wird, muss dies in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) geschehen, da eine Personengesellschaft aus mindestens zwei Personen bestehen muss und eine eingetragene Genossenschaft mindestens drei Mitglieder benötigt.
Auch wenn dies auf den ersten Blick ungewohnt ist, eine Zahnarztpraxis als GmbH zu führen, und dies historisch betrachtet bei Freiberuflern immer schon kritisch gesehen wurde, so eröffnet das Führen eines MVZ – und damit einer Zahnarztpraxis – als GmbH Ihnen auch einige Vorteile, die Ihnen dieser Beitrag verdeutlichen soll.
Die juristische Person des Privatrechts – wohin mit der Zulassung?
Dass Zahnärzte ihren (selbständigen) Beruf nun in einer GmbH ausüben können, erscheint auf den ersten Blick zunächst ungewöhnlich. Bisher schränkte das Vertragsarztrecht die nach Berufsrecht zulässigen Rechtsformen zum Betrieb einer Berufsausübungsgemeinschaft auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die Partnerschaft ein.
Dies folgte aus dem vertrags(zahn)ärztlichen Zulassungsrecht, wonach nur Zahnärzte als natürliche Personen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden konnten. Damit schied die Rechtsform der juristischen Person des Privatrechts für die Bildung einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft aus, denn die juristische Person des Privatrechts ist als solche nicht zulassungsfähig.
Die Gründung eines MVZ erfordert ebenfalls einen zugelassenen Leistungserbringer nach § 95 Abs. 1a SGB V, was z.B. der Zahnarzt als natürliche Person sein kann. Doch erhält das MVZ im Zulassungsverfahren eine eigene Zulassung, d.h. die Zulassung des Zahnarztes spielt dann keine Rolle mehr. Entweder verzichtet der Zahnarzt auf seine Zulassung zu Gunsten einer Anstellung im MVZ oder er behält seine eigene Zulassung und überträgt diese in das MVZ. Im letzten Fall wird sodann die Zulassung des Zahnarztes von der des MVZ überlagert. Im Falle des Verzichts müsste der jeweilige Gesellschafter sich wieder neu um einen Vertrags(zahn)arztsitz bewerben, sollte er einmal aus der GmbH ausscheiden und (wieder) allein tätig sein wollen. Diese Variante ist allerdings regelmäßig nicht zu erwarten, gerade weil viele Zahnärzte das MVZ als sog. Exit-Modell für sich nutzen (dazu unten mehr).
Dies ist ein Punkt, in dem sich ein als GmbH betriebenes MVZ von einer Berufsausübungsgemeinschaft unterscheidet, die in der Regel als GbR betrieben wird. Wird ein MVZ als GbR betrieben, gibt es immer mehrere Gesellschafter, die dann ebenso ihre jeweiligen Vertragsarztsitze bzw. Zulassungen in das MVZ einbringen und von der Trägergesellschaft gehalten werden. Das heißt, auch hier müssen alle (Gründungs-)Gesellschafter der MVZ GbR eine Zulassung innehaben und diese in das MVZ einbringen.
Keine Anstellungsbeschränkung
Ein Thema, das damit im Zusammenhang steht, ist das Fehlen von Anstellungsbeschränkungen. Wird ein MVZ als GmbH betrieben, reicht es also bei nur einem Gründungsgesellschafter, wenn die GmbH eine Zulassung hält. Der Unterschied zu einer Einzelpraxis (oder Berufsausübungsgemeinschaft) ist aber nun, dass die MVZ GmbH unbegrenzt viele weitere Zahnärzte anstellen kann. Bislang gestattete das Vertragszahnarztrecht lediglich die Anstellung von zwei Zahnärzten pro in der Praxis vorhandenem Vertragszahnarztsitz.
Dieser Punkt führte bereits trotz des relativ jungen Alters des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes, das die Änderungen im Hinblick auf zahnärztliche MVZ-Gründungen brachte, zu Diskussionen dahingehend, ob man die Anzahl der angestellten Zahnärzte in einem MVZ nicht doch wieder begrenzen sollte. Solche Forderungen kamen insbesondere von Seiten der Vertreterversammlung sowie des Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, obwohl die Rechtslage diesbezüglich eindeutig ist.
Die Grundlage für die Beschränkung der Anstellungsmöglichkeit liegt nämlich im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte und gilt nur für Vertragszahnärzte. Nach § 32b Abs. 1 Zahnärzte-ZV in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 6 BMV-Z können pro Vertragszahnarztsitz zwei vollzeitbeschäftigte (oder entsprechend vier teilzeitbeschäftigte) Zahnärzte tätig sein, die von dem zugelassenen Vertragszahnarzt persönlich angeleitet und überwacht werden sollen.
Sobald der Gründungsgesellschafter eines MVZ seine Zulassung in das MVZ eingebracht hat und diese von der Trägergesellschaft gehalten wird, ist der Gesellschafter kein Vertragszahnarzt mehr, sondern ein ebenso bei dem MVZ angestellter Zahnarzt. Für den Gesellschafter gelten dann also die Regularien des Bundesmantelvertrages nicht mehr und damit auch nicht mehr die Beschränkung der Anzahl der angestellten Zahnärzte auf zwei vollzeit- bzw. vier teilzeitbeschäftigte Zahnärzte. Da diese Tatsache klar ist und nachvollziehbar sein sollte, sind die Forderungen nach einer „Wiedereinführung“ der Anstellungsbeschränkungen als nicht realistisch umsetzbar zu sehen; mit einer entsprechenden Gesetzesänderung ist derzeit nicht zu rechnen.
Haftungsrechtliche Aspekte in der GmbH
Ein ganz wesentlicher Punkt, in dem sich der Betrieb eines MVZ als GmbH von dem Betrieb eines solchen als GbR unterscheidet, ist die Haftung. In einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haften neben der Gesellschaft selbst deren Gesellschafter im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, das heißt jeder Gesellschafter haftet für den vollen geltend gemachten Betrag.
Der Gläubiger – z.B. ein Patient – kann von jedem der Praxisinhaber den vollen geltend gemachten z.B. Schadensersatz- und Schmerzensgeldbetrag verlangen, auch wenn er nur von einem der Zahnärzte behandelt worden ist. Jeder Gesellschafter einer BAG haftet damit auch für Fehler seines Gesellschafterkollegen – und zwar im Zweifel mit seinem Privatvermögen! Im Innenverhältnis hat der zahlende Gesellschafter zwar einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem die Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen verursachenden Gesellschafter, doch der ist im Zweifel am Ende nicht durchsetzbar.
Bei einer MVZ-GmbH dagegen haftet nur die Gesellschaft selbst für sämtliche Forderungen gegen diese – und zwar in der Höhe beschränkt auf die Stammeinlage von mindestens 25.000 €. Da dies die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen befürchten ließ, ihre Forderungen gegen die MVZ, die teilweise über 25.000 € hinausgehen können, blieben unbeglichen, wurde als Voraussetzung zur Gründung eines MVZ als GmbH in § 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V eingeführt, dass der Gesellschafter selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abzugeben hat; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden.
Die beschränkte Haftung gilt daher insbesondere für die Haftung gegenüber Lieferanten. Soweit es nämlich um die Haftung für Behandlungsfehler geht, haftet der behandelnde Zahnarzt aus Deliktsrecht neben der MVZ GmbH.
Die Vertretung der Gesellschaft
Was die Geschäftsführungsbefugnis betrifft, so sind die Gesellschafter einer GbR in der Regel grundsätzlich gemeinsam geschäftsführungs- bzw. vertretungsbefugt. In einem gewissen Umfang kann einem der Gesellschafter für bestimmte Geschäfte eine Einzelvertretungsbefugnis per Gesellschafterbeschluss eingeräumt werden. Es bleibt jedoch bei einer sog. Eigengeschäftsführung, das heißt die Gesellschafter führen die Geschäfte der Gesellschaft.
Bei einer MVZ GmbH ist eine Übertragung der Geschäftsführung dagegen in noch größerem Umfang möglich. Hier kann nämlich sowohl einer der Gesellschafter als auch ein Nichtgesellschafter zum Geschäftsführer bestellt werden, der in der Regel zur Führung aller Geschäfte bzw. zur Vertretung der Gesellschaft nach außen befugt ist. Nur in einzelnen Ausnahmefällen entscheidet die Gesellschafterversammlung. Grundsätzlich muss also nicht zwingend einer der Gesellschafter Geschäftsführer sein; in aller Regel ist dies jedoch der Fall, zumindest solange der Gesellschafter noch selbst als Zahnarzt tätig ist. Sofern ein Nichtgesellschafter Geschäftsführer der GmbH ist, spricht man von einer „Fremdgeschäftsführung“.
Wurde die GmbH von einem Gesellschafter allein gegründet, kann dieser Gesellschafter Geschäftsführer und zahnärztlicher Leiter zugleich sein. Das Vorhandensein eines Zahnärztlichen Leiters in jedem MVZ ist auch Voraussetzung für den Betrieb eines MVZ. Dieser soll sicherstellen, dass die vom MVZ zu erbringenden Leistungen den vertragszahnarztrechtlichen Anforderungen genügen.
Im Hinblick auf die Geschäftsführungsbefugnis ist die GmbH damit auch handlungsflexibler und der Alltag kann „flüssiger“ vonstatten gehen, ohne ständig notwendige Unterschriften der anderen Gesellschafter einholen zu müssen; dies ist dort nur noch bei wesentlichen Entscheidungen wie Grundstücksgeschäften der Fall.
Gewinnermittlung: GbR contra GmbH
Ein weiterer Unterschied zwischen einem MVZ als GbR und einem MVZ als GmbH liegt in der Gewinnermittlung. Dieser wird in einer GbR noch immer üblicherweise durch eine Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, in einer GmbH findet dagegen ein Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG statt und die Berechnung des Gewinns erfolgt letztlich durch Bilanzierung.
Wie der Name schon sagt, stellt der Gewinn beim Betriebsvermögensvergleich den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres – vermehrt um den Wert der Entnahmen in das Privatvermögen und vermindert um den Wert der Einlagen aus dem Privatvermögen – dar. Bei der Bilanzierung gilt das Prinzip der wirtschaftlichen Entstehung, welches besagt, dass die Gewinnauswirkung eines Vorgangs immer in dem Jahr steuerlich erfasst wird, zu dem der Vorgang wirtschaftlich gehört; der Zeitpunkt von Zahlungseingängen und –abflüssen ist unerheblich.
Die Erstellung einer Einnahmenüberschussrechnung funktioniert dagegen einfacher: hier stellt der Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dar. Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und -ausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten). Dabei gilt der Grundsatz des Zu- und Abflussprinzips, d.h. Einnahmen sind im Gewinn desjenigen Wirtschaftsjahres zu berücksichtigen, in dem der Zufluss erfolgt (z.B. Gutschrift auf dem Bankkonto); Ausgaben sind erst in dem Wirtschaftsjahr steuerlich absetzbar, in dem sie tatsächlich geleistet worden sind (z.B. Abbuchung vom Bankkonto).
Eine Bilanz sagt deutlich mehr über die finanzielle Situation einer Gesellschaft aus und empfiehlt sich generell zur Ermittlung des Gewinns einer Gesellschaft. In diesem steuerrechtlichen Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auf den Gewinn einer GmbH zwar die Gewerbesteuer anfällt, dieser jedoch dadurch – im Vergleich zu einer GbR – dadurch reduziert wird, dass der Gesellschaftergeschäftsführer als angestellter Zahnarzt (und Geschäftsführer) ein Gehalt ausgezahlt bekommt. Auch in dieser Hinsicht bietet das Betreiben des MVZ als GmbH somit gewisse Vorteile.
Die GmbH als sog. Exit-Modell
Schließlich bietet die GmbH als sog. Exit-Modell einem Zahnarzt die attraktive Möglichkeit, sich nach und nach mehr aus dem Praxisalltag und der Zahnarzttätigkeit zurückzuziehen und stattdessen mehr unternehmerisch oder auch (mit steigendem Alter) gar nicht mehr tätig zu sein. Reduziert der Gesellschafter seine Tätigkeit vollständig, um in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, kann er in der GmbH weiterhin Gesellschafter bleiben und am Ende des Jahres die verbleibenden Gewinne erhalten, ohne tatsächlich noch tätig zu sein.
In einer GbR funktioniert dies dagegen nicht. Hier scheidet ein Gesellschafter mit Eintritt in den Ruhestand aus der Gesellschaft aus.
Fazit:
Für viele Zahnarztpraxen bietet die Gründung eines MVZ erhebliche Vorteile. Insbesondere dessen Betrieb als GmbH kann für Sie von Interesse sein.
Trotz all dieser Vorteile, die das Betreiben eines MVZ als GmbH bietet, ist es immer eine Frage des Einzelfalls, ob das MVZ als GbR oder als GmbH betrieben werden sollte. Die Auswahl der für Sie passenden Gesellschaftsform sollte stets in enger Abstimmung mit Rechtsanwalt und Steuerberater erfolgen.
Guten Tag,
Für mich stellt sich eine Frage, die ich bisher leider niergendwo beantwortet gefunden habe.
Darf man eine Zahnarztpraxis kaufen/übernehmen (oder wie hier beschrieben MVZ gründen) ohne das man einen Zahnarzt ist (also keine berufliche Bezugspunkte mit Zahnmedizin)
Kurz meine Situation: meine Frau schließt bald ein Zahnmedizin-Studium ab. Ich spiele mit den Gedanken, dass ich eine Zahnpraxis kaufe (als Investment) und sie dann dort arbeiten kann.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob sowas über möglich ist – unter der Voraussetzung, dass ich keinen Zahnarzt bin. Sie muss nach dem Studium 2 Jahren als Assistenzahnarzt arbeiten, bevor sie überhaupt ein Praxis leiten darf.
Ich bedanke mich im Voraus,
mfg
Für Zahnarztrpraxen gilt grundsätzich ein Frmedbesitz. D.h. die Praxis muss einer Zahnärztin oder einem Zahnarzt gehören und es darf auch kein Dritter am Gewinn der Praxis beteiligt werden. In einer Konstellation wie Sie sie beschrieben, könnte es sinnvoll sein, über eine Betreibergesellschaft nachzudenken. Dies muss man aber ganz konkret besprechen und prüfen. Rufen Sie uns gerne dazu an.