Das ARD-Magazin Plusminus berichtete am 24.10.2018 unter dem Titel „Zahnarztpraxen als Renditeobjekt“ über Investoren in der Dentalbranche. Der Beitrag kann HIER online angesehen werden.
Der Beitrag von Pia Busch ist überaus bemerkenswert. Wir wollen das einmal aufbereiten:
Der Bericht beginnt damit, dass in der Anmoderation davon die Rede ist, dass sich aktuell „quer durch Deutschland Finanzinvestoren gezielt in Praxen einkaufen“. Das suggeriert, dass eine Vielzahl von Praxen derzeit von Finanzinvestoren übernommen wird. Bereits das ist falsch, entspricht aber dem Bild, dass auch von der KZBV gerne gezeichnet wird und das hier offenbar blind übernommen wurde. Tatsächlich sind aktuell knapp 0,1% aller Praxen in Deutschland von diesem angeblichen Trend betroffen.
„Die Patienten ahnen davon nichts“
Weiter heißt es dann, dass Rendite Ziel der Finanzinvestoren sei. „Die Patienten ahnen davon nichts“, heißt es dazu in der Anmoderation. Es ist schon erstaunlich, welches Bild hier gezeichnet wird. Natürlich ist das Ziel der Finanzinvestoren Rendite. Denn die Investoren verfolgen unternehmerische und keine karitativen Ziele. Das ist aber auch nichts, was einen Finanzinvestor von einem niedergelassenen Zahnarzt unterscheidet. Denn auch der muss und will Rendite machen und seine Praxis mit Gewinn betreiben. Spätestens die kreditgebende Bank wird ihn bei Zeiten daran erinnern, dass die Rendite stimmen muss. Insofern ist das mantraartige wiederholen der Tatsache, dass Investoren Rendite machen möchten, eine schlichte Tatsache, die für jeden Unternehmer gilt und gelten muss. Ganz sicher ist dieser Umstand nicht dazu geeignet, Investoren zu diskreditieren, was hier allerdings versucht wird.
„Hier geht keiner gerne hin…“.
Nach der Anmoderation beginnt der Beitrag dann mit einem Satz, den Zahnärzte bestimmt besonders gerne hören: „Hier geht keiner gerne hin…“. Vielleicht sollte die Redakteurin einfach mal den Behandler wechseln, um ein anderes Bild von Zahnärzten zu bekommen.
Bei Minute 01.30 wird es besonders absurd. Plusminus zeigt ein Video und behauptet, dass eine Zahnarztkette im Norden Urlaubsstimmung vermitteln würde. Das Video, das dann gezeigt wird, ist mehr als 4 Jahre alt und wurde von einer ostfriesischen Praxis produziert, als es noch lange keine MVZs, keine Investoren und keine Ketten gab. Plusminus zeigt das Video und unterstellt, dass eine „Zahnarztkette“ jetzt auf diese Weise werbe. Das lässt nur zwei Möglichkeiten zu: Plusminus hat gar nicht recherchiert und einfach Dinge umgesetzt, die ihr (von der KZBV?) vorgegeben wurden oder man berichtet bewusst falsch. In jedem Fall muss sich plusminus den Vorwurf der FakeNews gefallen lassen.
Fast amüsant wird es dann, wenn ein Herr Jochen Bauer von der „Vereinigung demokratischer Zahnmedizin“ das Video bewertet: „Das hat mit Zahnmedizin nichts zu tun, hier wird was auf Wohlfühl gemacht“. Was immer Herr Bauer uns damit sagen möchte. Nur am Rande sei einmal die Frage erlaubt, wer ist eigentlich diese ominöse Vereinigung demokratischer Zahnärzte ist? Dr. Jochen Bauer jedenfalls wirft seinen Kollegen gerne schon einmal pauschal vor, zu viel abzurechnen (https://www.youtube.com/watch?v=VxUNH0gkOkk).
Ab Minute 2 listet plusminus die angeblichen Zahnarztketten auf und vermischt dabei Zahnarztpraxen und Investorengesellschaften. Plusminus behauptet dann, dass diese Ketten vor allem in zahlungskräftigen Regionen entstehen. Hat sich Plusminus die eigene Liste der Zahnarztketten einmal angeschaut?
An erster Stelle steht die „Zahnheimat“. Im Übrigen eine Zahnarztpraxis mit mehreren Standorten, aber weit entfernt davon eine „Kette“ zu sein. Eine Praxis, die von Zahnärzten betrieben und geführt wird und die sich in Esens und Umgebung befindet. Also in Ostfriesland, auf dem Land. Mehr Land geht kaum. Zahlungskräftige Region? Vielmehr handelt es sich um eine Praxis, die die wohnortnahe Versorgung der Patienten in Ostfriesland gewährleistet. Zur großen Zufriedenheit ihrer Patienten. Eine solche Praxis wird also in einen Topf geworfen mit den bösen „Finanzhaien“. Seriöser Journalismus sieht ganz sicher anders aus! Plusminus verbreitet wie gesagt, schlicht und einfach FakeNews.
„Was viele Patienten nicht wissen“
Plusminus weißt dann darauf hin, dass Finanzgeber dieser Praxen Private- Equity Gesellschaften seien. „Was viele Patienten nicht wissen“, so plusminus. Was soll diese Stigmatisierung? Wer ist denn Finanzgeber des klassischen Zahnarztes? Eine Bank. Weiß das der Patient? Interessiert es ihn? Ist die Bank nicht auch darauf aus, dass der Zahnarzt Rendite macht? Und wenn er keine Rendite macht, greift die Bank allzuhäufig auch direkt ein in das operative Geschäft der Praxis. Alles also nichts Neues und nicht Besonderes.
Plusminus behauptet auch, dass diese Gesellschaften die Abrechnung der Praxen zentral steuern würden. Eine schlichte Falschbehauptung – FakeNews.
Ab Minute 02.50 des Beitrages wird darauf hingewiesen, dass die Zahnärzte in den Zahnarztpraxen angestellt seien. Und dann berichtet man über einen Zahnarzt, der in einer Kette gearbeitet hat, die zu einem Investor gehört, der aber natürlich anonym bleibt. Angeblich habe er einer Patientin eine Prothese empfohlen und sei dann angewiesen worden, Implantate zu setzen. Mal abgesehen davon, dass wir gar nicht wissen, ob in dem Fall festsitzender Zahnersatz nicht sogar die bessere Alternative war, wird mit diesem anonymen Zahnarzt natürlich suggeriert, dass auf angestellte Zahnärzte Druck ausgeübt wurde. Aber was sind solche anonymen Behauptungen wert? Das ist so, als wenn wir aufgrund von KZV-Juristen, die sich bei uns bewerben und schlecht über die Arbeitsatmosphäre ihres bisherigen Arbeitgebers erzählen, Rückschlüsse auf die Arbeitsatmosphäre bei den KZVen generell ziehen würden. Beides ist jedoch gleichermaßen falsch und wertlos.
Anschließend wird wieder Dr. Jochen Bauer bemüht, der sich wie folgt äußert: „Durch geschicktes Steuern, bekomme ich Patienten durchaus dorthin, Leistungen für notwendig zu erachten, die völlig unsinnig sind.“ Nun mag es sein, dass Herr Dr. Bauer so agiert, aber was soll die Aussage in diesem Beitrag? Hat plusminus Belege dafür, dass so etwas auch nur in einem Behandlungsfall in den Praxen über die berichtet wird, geschehen ist? Natürlich nicht. Die Behauptung geschieht einfach ins Blaue hinein und Herr Dr. Bauer gibt sich dafür her, seine Kollegen, die in diesen Praxen tätig sind, pauschal in Misskredit zu bringen. Ein hochgradig unkollegiales Verhalten!
Bei Minute 5:20 wird dann klar, woher plusminus seine Informationen hat. Nämlich direkt von der KZBV. Denn plusminus wiederholt die Mär der KZBV, dass Finanzinvestoren insolvente Kliniken kaufen würden, um MVZs zu gründen und dass diese vor allem in Ballungszentren entstehen würden. All das ist falsch. Es werden keine insolventen Kliniken gekauft, weil die Investoren die Kliniken langfristig betreiben müssen, weil die MVZs sonst ihre Zulassung verlieren. Abgesehen davon, dass damit ein Beitrag zur Versorgungssicherheit im stationären Bereich geleistet wird, wäre es ja völlig unsinnig, wenn die Investoren, denen es ja angeblich nur um Rendite geht, sich erst einmal einen Sanierungsfall ans Bein binden würden. Diese Behauptung ist so widersinnig, dass es in der Tat schwerfällt, darauf zu entgegnen. Es zeigt aber, mit welch unseriösen Argumenten hier gearbeitet wird.
Immer wieder wird gefragt, wie man Patienten eigentlich vor „renditeorientierten Investoren schützt“. Wer sagt eigentlich, dass ein solcher Schutz erforderlich ist? Ein Investor, der seine Kette erfolgreich betreiben will, wird dies langfristig nicht gegen Patienteninteressen tun können. Nur zufriedene Patienten werden langfristig den Erfolg sichern. Daher war die Trennung von Ethik und Monethik in der Zahnmedizin schon immer unsinnig. Und bleibt es auch weiterhin.
Umgekehrt könnte es doch auch sein, dass es in Zukunft für den einzelnen Zahnarzt immer schwieriger wird, teure Medizintechnik zu finanzieren und zu refinanzieren. Vielleicht könnten die Investoren hier ja auch eine sinnvolle Ergänzung darstellen.
Fazit
Die Frage, die man tatsächlich einmal stellen müsste, ist, was eigentlich die KZVen tun, um ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden und wohnortnahe Versorgung sicherzustellen. Da ist recht wenig zu sehen. Kein Vertreter einer KZV war im Übrigen bisher zu Besuch z.B. in der Zahnheimat in Ostfriesland. Dort könnte man Konzepte für die Versorgung auf dem Land kennen lernen. Trotz mehrfacher Einladung der dortigen Zahnärzte fand es kein KZV-Vertreter Wert sich einmal ein Bild vor Ort zu machen. Offenbar hat man kein Interesse an einem sachgerechten Austausch. Stattdessen verbreitet die KZBV den plusminus-Beitrag bei Twitter und die KZV-Westfalen Lippe adelt den Beitrag als „objektive Berichterstattung“ mit „erdrückenden Fakten“. So funktioniert offenbar Lobbyiusmus. Die gesetzliche Aufgabe der KZVen wäre eine andere.