29. November 2021

Wer in diesen Zeiten am gesellschaftlichen Leben teilnehmen will, der braucht in der Regel einen Impfpass. Spätestens seitdem vielerorts 2G gefordert wird, ist der Test alleine nicht mehr ausreichend. Beobachtet wird seitdem, dass die Zahl der gefälschten Impfpässe und der darauf aufbauenden Impfzertifikate stark zunimmt. Diese gefälschten Impfpässe werden nicht nur privat gehandelt, sondern auch im Internet, speziell im Darknet und in Chat-Gruppen bei Telegram vertrieben. Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Urkundsdelikten sind ebenso stark gestiegen. Die Polizei spricht von tausenden Fällen in Zusammenhang mit „Impfbetrug“.

Der Gesetzgeber hat auf den Anstieg inhaltlich unrichtiger oder gefälschter Atteste und Impf- und negativen Testbescheinigungen im Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie reagiert und um Rechtssicherheit herzustellen, am 18. November 2021 die Änderungen von mehreren Paragraphen des Strafgesetzbuches beschlossen. Wer erwischt wird, bekommt nun eine Anzeige

  • wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB,
  • wegen unbefugten Ausstellens von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB
  • oder dem Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß § 279 StGB

und eine entsprechende Vorladung der Polizei.

Impfpass zwecks Täuschung

Die Vorlage des Impfnachweis im Original oder digitalisiert per App z.B. in Restaurants im Rahmen von 2G, Arbeitgebern oder einem Konzertveranstalter, war bis zum 23.11.2021 nicht als Fälschung von Gesundheitszeugnissen nach § 277 StGB strafbar, da es sich nicht um Behörden oder Versicherungsgesellschaften handelt. Seit der Gesetzesänderung ist klar: Impfpassfälschern und Benutzern von gefälschten Impfpässen drohen harte Strafen.

Konkret hat der Gesetzgeber die Strafnormen für das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen durch Nichtmediziner (§ 277 StGB) und das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse durch Ärzte (§ 278 StGB) modifiziert und den Strafrahmen von bisher maximal einem (bzw. zwei) Jahren Haft auf maximal fünf Jahre Haft angehoben. 

Das befugte oder unbefugte Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse ist nach wie vor strafbar, womit die Ausstellung falscher Impfpässe durch Ärzte (§ 278 StGB) und unbefugte Privatpersonen (§ 277 StGB) erfasst ist. Nunmehr ist als wesentliche Änderung auch der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse zur Täuschung im Rechtsverkehr generell nach § 279 StGB (neue Fassung ab 24.11.2021) strafbar, so dass alle Fälle bei denen ein gefälschter Impfnachweis irgendwem zwecks Täuschung vorgelegt wird, erfasst sind.

Erhebliche Auswirkungen auf Ärzte

Mit der Strafrechtsänderung verbunden ist selbstverständlich auch eine verschärfte Ahndbarkeit in berufsrechtlicher Hinsicht. Ärzte müssen nun auch mit erheblichen approbations- und sogar zulassungsrechtlichen Konsequenzen rechnen, die im schlimmsten Fall mit dem Entzug von Approbation und/oder Zulassung enden können. Ärzte, die in Kliniken oder MVZ angestellt sind und gegen § 278 StGB (neu) verstoßen, können überdies wegen dieser Straftat im schlimmsten Fall fristlos gekündigt werden.


Aufgrund der Vielzahl an Ermittlungsverfahren ist damit zu rechnen, dass die Justizminister der Länder den neuen § 278 StGB auch insofern „scharf stellen“, als sie die weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften der Länder damit beauftragen werden, diese Straftaten verstärkt und zeitnah zu verfolgen, um das Vertrauen der Allgemeinheit in ärztliche Atteste und Bescheinigungen, wiederherzustellen. Ärzte, die falsche Atteste und Bescheinigungen ausstellen, müssen nun also auch mit einschneidenden und zügigen Strafverfolgungsmaßnahmen wie Durchsuchungen der Praxisräume und Beschlagnahmen sämtlicher Behandlungsakten und Praxiscomputer rechnen. Aus anwaltlicher Erfahrung ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaften dies mitleidlos durchsetzen und die so betroffenen Arztpraxen dann sowohl strafrechtliche als auch berufliche Verfahren zu erwarten haben. Ziehen Sie dann frühzeitig einen erfahrenen Rechtsanwalt dazu.

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