2. Dezember 2022

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil (vom 23.11.2021, Az.: VIII R 17/19) entschieden, dass ein Zahnarzt seine minderjährigen Kinder an den Praxisgewinnen teilhaben lassen kann. Funktionieren soll dies über eine stille Gesellschaft nach § 230 HGB. Seit diesem Urteil existieren Veröffentlichungen und Hinweise, die das Urteil des BFH als Steuergestaltungstipp oder sogar als „Segen“ anpreisen. Dies ist höchst gefährlich. Denn das vom BFH entschiedene Konstrukt erweist sich bei näherem Hinsehen als medizinrechtlich äußerst bedenklich. Doch der Reihe nach:

Hintergrund

In dem vom BFH entschiedenen Fall hat ein Zahnarzt im Jahr 2008 seine minderjährigen Kinder mit einer Einlage von jeweils € 50.000,00 an seiner Zahnarztpraxis beteiligt. Die Einlage hat er seinen Kindern jeweils geschenkt. Im Gegenzug erhielten die Kinder jeweils 10 % des Gewinnes der Praxis, wobei höchstens 15 % der Einlage vereinbart waren. Jedes Kind konnte also jährlich einen Anteil von maximal € 7.500,00 erhalten.

Stille Gesellschaft

Es handelt sich bei dieser Gestaltung um eine Sonderform einer Personengesellschaft, und zwar um eine stille Gesellschaft nach § 230 HGB. Der BFH betonte zwar, dass es sich aufgrund des fehlenden Handelsgewerbes (der Zahnarzt übt kein Gewerbe, sondern einen freien Beruf aus) nicht um eine stille Gesellschaft nach § 230 HGB handelt, aber um eine sogenannte „Innengesellschaft bürgerlichen Rechts“, die einer stillen Gesellschaft steuerlich gleichsteht.

Aus rein steuerlicher Sicht ist diese Gestaltung besonders vorzugswürdig. Denn der genannte Betrag (von maximal € 7.500,00) ist bei den Kindern steuerfrei, während die Zahlungen bei dem Vater als Betriebsausgaben anzusetzen sind. Für den Zahnarzt bedeutet das also eine volle steuerliche Absetzbarkeit bei maximal günstiger Beteiligung seiner Kinder. Ein Gewinn für alle Seiten!

Medizinrechtlicher Fauxpas

So steuerlich verlockend diese Gestaltung auch klingt; sie ist maximal risikobehaftet und mit Regressverfahren sowie potenziellem Abrechnungsbetrug verbunden.

Denn berufsrechtlich gilt bei Zahnärzten und Ärzten das sog. Fremdbeteiligungsverbot. Dieses besagt, dass Dritte, wie z.B. die Kinder, nicht am Gewinn der Praxis partizipieren dürfen. Zwar fehlt ein ausdrückliches Verbot einer stillen Beteiligung, wie sie beispielsweise im Apothekenrecht zu finden ist; denn dort heißt es in § 8 Satz 2 Apothekengesetz (ApoG):

„Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für den Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge sind unzulässig.“

Doch findet sich das Fremdbeteiligungsverbot in den Heilberufsgesetzen der Länder als auch in den Zulassungsverordnungen wieder. So ist z.B. in § 17a der Berufsordnung für hessische Zahnärztinnen und Zahnärzte Folgendes geregelt:

„Zahnärztliche Gesellschafter müssen in der Gesellschaft zahnärztlich tätig sein. Gewährleistet sein muss zudem, dass

a)  die Gesellschaft verantwortlich von einem Zahnarzt geführt wird; Geschäftsführer müssen mehrheitlich Zahnärzte sein,

b)  die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und der Stimm- rechte Zahnärzten zustehen,

c)  Dritte nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind.

Konsequenzen bei stiller Gesellschaft

Ist die medizinrechtliche Problematik einmal erkannt und aufgedeckt, drohen Honorarregresse und Fälle von Abrechnungsbetrug sowie in der Folge Zulassungs- und Approbationsentziehungen.

Heute unverzichtbar: Recht + Steuern aus einer Hand

Der Fall zeigt deutlich, dass heutzutage mehr denn ja spezialisierte Experten und weniger Generalisten benötigt werden. Im medizinrechtlichen Kontext heißt das, dass eine streng aufeinander abgestimmte rechtliche und steuerliche Beratung unabdingbar geworden ist. Dies mag früher noch anders gewesen sein. Doch die Zeiten haben sich geändert und die juristischen Vorgaben sind komplexer geworden. Die unreflektierte Übernahme der BFH-Rechtsprechung ohne medizinrechtliche Bewertung wäre für Zahnärzte und Ärzte fatal und könnte im worst case den Ruin der Praxis bedeuten.

Sie sind Zahnarzt oder Arzt mit dem Wunsch nach einer rechtlichen und steuerlichen Beratung aus einer Hand? Dann heißen wir Sie auch in unserer Steuerberatungskanzlei Erbacher, Lyck+Pätzold Steuerberatungsgesellschaft mbH herzlich willkommen.

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2 Antworten

  1. Guten Tag,
    wie sieht es aus wenn sich eine Familien-Stiftung als typisch stille Beteiligung
    an eine Zahnarztpraxis beteiligen will? Gibt es hier Bundesländer spezifische
    Gegebenheiten ?

  2. Wir möchten darauf hinweisen, dass dieser spezifische Aspekt in diesem Kontext eine umfassende und detaillierte Betrachtung erfordert. Vor der Umsetzung eines solchen Lösungsansatzes empfehlen wir, dass Sie dazu eine individuelle rechtliche und steuerliche Beratung in Anspruch nehmen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Gesichtspunkte angemessen berücksichtigt werden. Aufgrund der Komplexität und Besonderheiten in diesem Bereich ist eine maßgeschneiderte Beratung unerlässlich, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen und potenzielle Risiken zu minimieren.

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