24. August 2009

Mit Urteil vom 17.12.2008 – L 3 KA 316/04 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen nicht nur zu den Anforderungen an die Annahme einer Gesellschafterstellung (siehe hierzu Nullbeteiligung und Schein-Gemeinschaftspraxis auch auf diesem Blog), sondern auch Ausführungen zu den deshalb erhobenen Honorarrückforderungen gemacht.

Die Kassenärztliche Vereinigung ist zur sachlich- rechnerischen Richtigstellung von Honorarforderungen grundsätzlich berechtigt.

Rechtsgrundlage hierfür sind die aufgrund der Grundlage von § 75 Abs. 2 S. 2 SGB V ergangenen Vorschriften des § 45 Abs. 2 S. 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 Abs. 4 S. 1 und 2 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). Nach diesen – im Wesentlichen gleich lautenden – Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Insbesondere habe sie darauf zu achten, dass die abgerechneten Leistungen ohne Verstoß gegen gesetzliche und/oder vertragliche Bestimmungen erbracht worden sind (BSG v. 22.03.2006 – B 6 KA 76/04 R).

Sachlich-rechnerische Berichtigungen sollen auch Fallgestaltungen umfassen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat, dies habe das Bundessozialgericht bereits mehrfach entschieden. Zu Recht habe das Bayrische LSG (Urteil vom 10.05.2006 – L 12 KA 10/03) deshalb die Möglichkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung bejaht, wenn Leistungen durch eine lediglich formal bestehende Gemeinschaftspraxis erbracht wurden. Eine Gemeinschaftspraxis, die lediglich nach § 33 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV vom Zulassungsausschuss genehmigt wurde, die Ärzte im Übrigen aber ihre gemeinschaftliche ärztliche Tätigkeit nicht tatsächlich gemeinsam ausüben, bestehe nicht. Dies folge unmittelbar aus der Rechtssprechung des BSG (Urteil vom 16.07.2003, B 6 KA 34/02 R), so das LSG.

Überdies habe das BSG in einem anderen Zusammenhang entschieden, dass es nicht auf die formelle Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ankomme, sondern der Vertragsarzt vielmehr auch materiell zur Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt sein müsse (BSG 21.06.1995 – 6 R KA 60/94).

Das LSG kommt in seiner Entscheidung insoweit zu dem Ergebnis, dass die Kassenärztliche Vereinigung berechtigt ist, im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs der Rechtsformen beruflicher Kooperation die Honorarabrechnung im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung nachträglich zu korrigieren und überzahltes Honorar zurückzufordern.

Die sachlich-rechnerische Berichtigung habe richtigerweise in Anknüpfung an die in den fraglichen Quartalen unrichtige Sammelerklärung zu erfolgen. Die Garantiefunktion, die der Sammelerklärung grundsätzlich nach höchstrichterlicher Rechtssprechung innewohnt, entfalle, wenn sich die Sammelerklärung als falsch erweist. Hierdurch fehle eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruchs des betroffenen Arztes, so dass der entsprechende Honorarbescheid rechtswidrig sei. Dies führt – so das LSG – dazu, dass die KV berechtigt ist, den Honorarbescheid aufzuheben und das Honorar insgesamt neu festsetzt. Allerdings schränkt es diese Möglichkeit insoweit ein, als der Arzt die fehlerhaften Angaben zumindest grob fahrlässig gemacht haben muss.

In der Praxis dürfte im Fall der nur formal bestehenden Gemeinschaftspraxis im Ergebnis dem Arzt immer grobe Fahrlässigkeit unterstellt werden.

Fazit

Bei einer nur formal bestehenden Gemeinschaftspraxis droht nicht nur der Widerruf der Genehmigung durch den Zulassungsausschuss, oder die nachträgliche Anforderung von Sozialversicherungsbeiträgen u.ä., sondern eben auch die nachträgliche Korrektur der Honorarbescheide und damit verbundene Rückzahlungsforderungen seitens der Kassenärztlichen Vereinigung.

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