Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil eine wegweisende Entscheidung zur Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) getroffen. Das Urteil vom 04.04.2024 klärt die bislang umstrittene Frage, ob die GOÄ auch auf ambulante Leistungen einer juristischen Person anwendbar ist, wenn der Behandlungsvertrag nicht direkt mit dem behandelnden Arzt, sondern mit einer juristischen Person, z. B. einer Medizinischen Versorgungszentrale (MVZ) oder einem Krankenhausträger, geschlossen wurde.
Hintergrund des Falls
Bisher war höchstrichterlich ungeklärt, ob die GOÄ bei ambulanten Leistungen einer juristischen Person Anwendung findet. Besonders bei der Abrechnung von Leistungen einer MVZ-GmbH herrschte Unklarheit. In vielen Fällen führte dies zu hitzigen Diskussionen über die korrekte Abrechnungspraxis.
Kernaussagen des BGH-Urteils
In seinem Urteil hat der BGH nun klargestellt, dass es nicht entscheidend ist, ob der Patient den Behandlungsvertrag direkt mit dem behandelnden Arzt oder mit einer juristischen Person abschließt.
Die wichtigsten Kernaussagen des Urteils sind:-
- Anwendung der GOÄ auf alle beruflichen Leistungen: Gemäß § 1 Abs. 1 GOÄ ist die Verordnung auf alle „beruflichen Leistungen der Ärzte“ anwendbar. Der BGH betonte, dass der Wortlaut der GOÄ keine Einschränkung auf Fälle vorsieht, in denen der Arzt die von ihm erbrachten Leistungen selbst in Rechnung stellt.
- Weites Verständnis des Anwendungsbereichs der GOÄ: Nur ein weites Verständnis des Anwendungsbereichs der GOÄ wird dem Zweck der Verordnung gerecht, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Leistungserbringern und Patienten sicherzustellen.
- Umgehung des zwingenden Preisrechts: Der BGH stellte klar, dass es ausgeschlossen werden sollte, dass die Abrechnung ambulanter ärztlicher Leistungen auf Basis eines Behandlungsvertrags mit einer juristischen Person unreguliert bleibt. Durch Zwischenschaltung einer juristischen Person könnte sonst das zwingende Preisrecht der Ärzte ohne Weiteres umgangen werden.
Auswirkungen auf die Praxis
- Pauschalhonorare: Vereinbarungen, die nicht den Vorgaben der GOÄ entsprechen, sind nach dem BGH-Urteil als nichtig zu betrachten. Dies betrifft insbesondere die Vereinbarung von Pauschalhonoraren.
- Privatkliniken, MVZ und andere juristische Personen: Juristische Personen wie Privatkliniken und MVZ in Form einer GmbH sollten ihre Abrechnungspraktiken dringend überprüfen und anpassen. Die Abrechnung (zahn-)medizinischer Leistungen muss den Vorgaben der GOÄ bzw. GOZ entsprechen.
Fazit
Das aktuelle Urteil des BGH sorgt für klare Verhältnisse und stellt sicher, dass die GOÄ auch bei Behandlungsverträgen mit juristischen Personen konsequent Anwendung findet. Zwar wird das Urteil im zahnärztlichen Bereich nur eine untergeordnete Rolle spielen, jedoch sind die Grundgedanken auf die GOZ übertragbar.
Handlungsempfehlung für betroffene Einrichtungen
- Überprüfung der Abrechnungspraktiken: MVZ, Privatkliniken und andere medizinische Einrichtungen sollten ihre Abrechnungspraktiken dringend auf Konformität mit der GOÄ überprüfen.
- Pauschalhonorare: Pauschalhonorare, die nicht den Vorgaben der GOÄ entsprechen, sind zu überarbeiten.
- Rechtliche Beratung: Bei Unsicherheiten in Bezug auf die GOÄ-Anwendung ist eine rechtliche Beratung empfehlenswert, um potenzielle Risiken zu minimieren.