5. Juli 2021

Die Vernetzung der Sektoren im Gesundheitswesen schreit voran. Auch in Krankenhäusern werden jetzt die Voraussetzungen für Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen. Elektronische Patienten und Fallakten befinden sich in der Entwicklung oder bereits im Einsatz. “In den nächsten zehn Jahren werden wir den Punkt erreichen, an dem nahezu alles digitalisiert sein wird“, sagte Microsoft-CEO Satya Nadella schon im Jahr 2013. Jetzt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie hat die Digitalisierung auch in Deutschland einen Schub erfahren.

Die Akzeptanz von digitalen Lösungen hat so in letzter Zeit stark zugenommen. Für die kommenden 12 bis 18 Monate geben die Befragten einer Studie von Strategy& an, die Patientenberatung auch künftig verstärkt per Video (35%), per email (59%) und weitverbreitet per Telefonberatung (91%) durchführen zu wollen. Hinzu kommen die Apelle der Politik im Sinne einer Kontaktminimierung überall, wo dies möglich ist, Tätigkeiten ins Homeoffice zu verlegen. Laut einer aktuellen Studie der Hans-Böckler-Stiftung haben rund ein Viertel aller Erwerbstätigen im Januar 2021 im Homeoffice gearbeitet. Doch welche Möglichkeiten bieten sich hierfür im medizinischen Bereich, wie in Krankenhäusern und MVZ und was ist rechtlich zu beachten?

Homeoffice von Ärzten in vielen Bereichen sinnvoll

Gerade unterstützende Behandlungsleistungen oder reine Verwaltungsaufgaben können hervorragend im Homeoffice durchgeführt werden. Bestimmte Aufgabenbereiche wie Patientenaufklärung, Behandlungsplanung, Vor– und Nachsorge bei OP-Patienten, Materialbestellung, Pflege des Terminkalenders, Recall, Überarbeitung des Qualitätsmanagements, Fortbildungsplanung, Personalmanagement etc. müssen nicht zwingend vom Präsenzarbeitsplatz in der Klinik aus erledigt werden. Gleichzeitig bietet sich für Krankenhäuser die Gelegenheit, auch schwangere und stillende Ärztinnen beschäftigen zu können, ohne sofort aufgrund der Gefährdungsbeurteilung ein Beschäftigungsverbot aussprechen zu müssen. Denn oftmals wird ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, obwohl die Ärztin eigentlich gerne arbeiten würde. Dies kann im Homeoffice hervorragend umgesetzt werden.

Aufklärungsgespräche und Konsilgespräche aus dem Homeoffice mittels Videosprechstunde

Durch die Digitalisierung haben sich viele neue Produkt als sehr hilfreich im Homeoffice erwiesen. Eines davon stellt die Videosprechstunde dar, mit deren Hilfe z.B. Vor- und Nachgespräche und Aufklärungsgespräche digital durchgeführt werden können. Auch Online-Fallbesprechungen unter Beteiligung verschiedener Disziplinen oder der Austausch unter Ärzten zu Fachwissen sind denkbar. Darüber hinaus kann per Videosprechstunde die Behandlungsdringlichkeit des Patienten selektiert werden. Es kann virtuell besprochen werden, ob der Patient akut behandelt werden muss und priorisiert werden sollte, oder ob ein Vorstellen beim Hausarzt ausreichend ist. Eine Einschätzung kann durch die Kombination aus Hören sowie Sehen von Mimik und Körperhaltung besser erfolgen als allein aus dem Herauslesen in der Stimme des Patienten am Telefon. Vor allem für Patienten, die nicht mobil sind oder einen weiten Anfahrtsweg zur nächstgelegenen Ambulanz oder Klinik haben, ist die Videosprechstunde ein gutes ergänzendes Angebot.

Ärztliche Sorgfalt bei der digitalen Behandlung

Seit einiger Zeit darf auch der Erstkontakt virtuell erfolgen und das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung wurde innerhalb der Musterberufsordnung (MBO) gelockert. Durch die Änderung der MBO ist eine Behandlung in digitaler Form, die sog. Fernbehandlung, berufsrechtlich nach § 7 Abs. 4 MBO-Ä dann zulässig, wenn dies ärztlich vertretbar und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt ist. Es gilt also die Grundregel, dass eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über digitale Kommunikationsmedien im Einzelfall möglich und zulässig ist, wenn der behandelnde Arzt den digitalen Vorgang für ärztlich vertretbar hält und die erforderliche ärztliche Sorgfalt gewahrt ist. Der behandelnde/beratende Arzt muss sich deshalb die Frage stellen, ob die ärztliche Sorgfalt im Hinblick auf die Art und Weise der Befunderhebung, der Beratung, der Behandlung sowie der Dokumentation gewahrt wird. Darüber hinaus hat der Arzt den Patienten über die Besonderheiten der digitalen Behandlung/Beratung aufzuklären. Hegt der Arzt an dem einen oder anderen Punkt Zweifel, muss ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattfinden.

Datenschutz und Patientengeheimnis bei Homeoffice und Videosprechstunde

Der Datenschutz und die DSGVO müssen eingehalten werden, so dass im Arztbereich auf die zertifizierten Videodienstanbieter zurückgegriffen werden muss. Darüber hinaus ist Vertraulichkeit wichtig, denn die Videosprechstunde muss – wie eine „normale Sprechstunde“ – vertraulich und störungsfrei verlaufen und in Räumen stattfinden, die Privatsphäre bieten. Eine Einwilligung des Versicherten in die Datenverarbeitung des genutzten Videodienstanbieters ist vor Beginn der Videosprechstunde einzuholen. Liegt diese vor, muss ebenfalls vor Beginn der Videosprechstunde auf beiden Seiten eine Vorstellung aller im Raum anwesenden Personen erfolgen. Zudem muss die Videosprechstunde werbefrei sein und darf von niemandem aufgezeichnet werden. Dies sind allerdings alles Punkte, die eben auch für die Konsultation im Krankenhaus gelten und damit nicht unbekannt sind.

Arbeitsverträge sollten ergänzt werden

Um den datenschutzrechtlichen Verpflichtungen als Krankenhausträger zu genügen, ist es erforderlich, mit den Mitarbeitern entsprechende schriftliche Vereinbarungen, die als Nachtrag / Ergänzung zum Arbeitsvertrag implementiert werden können, zu schließen. In diesen wird z.B. sichergestellt, dass keine öffentlichen, nicht sicheren Internetzugänge benutzt werden oder ein sicheres häusliches Umfeld mit der Möglichkeit der Abschließbarkeit einzelner „Büroräume“ gegeben ist.

Digitale Lösungen für mehr Qualität und Effizienz in Krankenhäusern

Mit der Einführung und dem Ausbau von digitalen Lösungen besteht die Möglichkeit die Effizienz in Krankenhäusern im Hinblick auf die täglichen Aufgaben sowie die internen Prozesse zu steigern und das Klinikpersonal nachhaltig zu entlasten. 13 von 16 Bundesländern haben einen hohen Mangel an Gesundheitspersonal. Mit der Möglichkeit im Homeoffice arbeiten zu können, durch veränderte Prozesse, eröffnet dies einen erweiterten Markt für die Mitarbeitersuche. Zeitgleich wird es den Arbeitsalltag in Krankenhäusern und MVZ massiv verändern. Digitalisierung hinterfragt auch bestehende Prozesse und stellt das Hierarchiedenken auf den Prüfstand.

Zudem führen digitale Behandlungslösungen richtig eingesetzt zu einer Steigerung der Qualität in der Versorgung der Patienten. 2 von 3 Patienten sind unzufrieden mit der ärztlichen Behandlung. Einer der Hauptgründe ist der Mangel an Zeit beim Arzt und die vorhandenen Öffnungszeiten/ bzw. Sprechzeiten. Auch die Wartezeiten auf einen Termin lassen sich so verkürzen. In Krankenhäusern könnten die Notfallambulanzen durch vorherige Videosprechstunde entlastet werden. Der Ausbau digitaler Lösungen ist damit auch über die Pandemie hinaus ein entscheidendes Instrument für die Zukunftsfähigkeit der Gesundheitsversorgung. Die rechtlichen Bedingungen wurden zum größten Teil angepasst. Datenschutz, Cybersicherheit sind heute die neuen Herausforderderungen der Klinken und der Changeprozess erwartet eine gute Prozessarbeit mit den Mitarbeitern und Patienten. Was noch fehlt ist die von allen akzeptierte Struktur. In unserer Kanzlei haben wir mit vielen Aktueren aus dem Bereich Digitalisierung Lösung erarbeitet und geben unser Wissen und unser Erfahrungen gerne weiter. Sprechen Sie uns an.

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2 Antworten

  1. Vielen Dank für den interessanten Artikel!
    Wo kann ich die zitierte Sudie (Studie von Stratega&2020) im Original lesen?
    Besten Dank!

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