26. Juni 2018

Die DSGVO feiert ihren einmonatigen Geburtstag. Daher lohnt es sich, Rückschau zu halten, was bislang konkret passiert ist.

Die Datenschutzbehörden stöhnen

Wie einem Artikel bei heise.de zu entnehmen ist, stöhnen die Datenschutzbehörden unter der Vielzahl der Informationsanfragen der Unternehmen. Bis zu  100-140 telefonische Anfragen werden zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen gemeldet. Aber auch die Anzahl der Bürgerbeschwerden hat zu genommen. Erfreulicherweise sind Arzt- und Zahnarztpraxen, Krankenhäuser, Apotheken und Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft noch nicht im Fokus – offensichtlich ist der Schwerpunkt der Anzeigen beim Online-Handel  und bei Essens-Lieferdiensten zu finden.

Abmahnungen gegen norddeutsche Ärzte

Von Abmahnungen gegen Arztpraxen aufgrund DSGVO-Verstößen wird aktuell aus Nordwestdeutschland berichtet. Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen (KVHB) warnt davor auf Ihrer Homepage. Die Abmahnungen richten sich im Wesentlichen gegen mangelhafte Datenschutzerklärungen auf Internetseiten. Die KVHB rät dabei, die Internetseiten vorläufig vom Netz zu nehmen und die Datenschutzerklärungen anzupassen.

Wer Opfer einer solchen Abmahnung geworden ist, sollte jedoch nicht die geforderten Anwaltskosten von ca. 700 Euro an den Abmahner zahlen. Vielmehr sollte er selbst einen Rechtsanwalt konsultieren. Oftmals sind Abmahnungen mangels Konkurrenzverhältnis schon unwirksam. Zudem ist es unter Juristen sehr streitig, ob überhaupt aufgrund der DSGVO abgemahnt werden kann.

Unberechtigte Abmahnungen sind Abmahngrund!

Die Erfahrung, dass eine Abmahnung wegen DSGVO-Verstößen ins Blaue hinein keine gute Idee ist, musste ein offenbar notorischer Abmahner bei einem Leipziger Apotheker machen. Er hätte wohl nicht ausreichend auf die Verwendung von Google Analytics auf seiner Website hingewiesen. Dies sah dessen Anwalt jedoch anders und mahnte wiederum den Abmahner wegen rechtsmissbräuchlicher Abmahnung ab. Als Indiz kam dafür in Frage, dass die Vollmacht für die Anwaltskanzlei vom Abmahner bereits vor dem festgestellten Verstoß unterzeichnet wurde. Nun wollte die Abmahnkanzlei die Sache schnell beenden – der zuerst abgemahnte Apotheker verfolgt seine Abmahnung jedoch weiter. (Quelle: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/abmahnung-wegen-ds-gvo-apotheker-verscheucht-anwaelte/)

Keine schnelle Hilfe vom Gesetzgeber

Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD hatten in Aussicht gestellt, kurzfristig kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Vereinen zu helfen, in dem eine gesetzgeberische Lösung nach österreichischem Vorbild beschlossen wird: Beim ersten Verstoß zunächst eine Beratungspflicht der Behörden und zudem ein – ggf. temporäres – Abmahnverbot. Schließlich konnten sich die Politiker jedoch nicht einigen und präferieren nun mehr eine „große Lösung“, mit der sie das Abmahnwesen an sich stark einschränken wollen. Es bleibt spannend, ob diese große Lösung, bei der natürlich noch viele andere rechtliche Fragen berücksichtigt werden müssen, in naher Zukunft kommt. Immerhin hätte aber ein temporäres Abmahnverbot bedeutet, dass der Gesetzgeber Abmahnungen aufgrund der DSGVO an sich für berechtigt hält. So bleibt diese Frage bis zu einer gerichtlichen Klärung offen.

Zahntechnik als Auftragsverarbeitung?

Unklar bleibt weiterhin, ob das Verhältnis zwischen Zahnärzten und Zahntechnikern ein Auftragsverarbeitungsverhältnis oder eine Gemeinsame Datenverarbeitung vorliegt. Aufgrund der auch medizinrechtlich speziellen Regelungen über die Zusammenarbeit dieser Berufsgruppen gibt es für beide Sichtweisen nachvollziehbare datenschutzrechtliche Argumente. Momentan herrscht in Deutschland ein Flickenteppich bzgl. der Einschätzung der jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten. Verbände und Kammern drängen aktuell auf einer Entscheidung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes. Hier ist hoffentlich bald eine Entscheidung zu erwarten. 

Erste Gerichtsentscheidung zur DSGVO

Mittlerweile ist eine erste Gerichtsentscheidung zur DSGVO ergangen (OLG Köln, Beschl. v. 18.06.2018, Az.: 15 W 27/18). Dabei ging es um die Frage, inwieweit Art. 85 Abs. 2 DSGVO auch bestehende Regelungen umfasst. Dieser umfasst eine Öffnungsklausel für nationale Regelungen  zu wissenschaftlichen , künstlerischen und literarischen Veröffentlichungen.  Diese Öffnungsklausel gilt nicht nur für neue, sondern auch für bisherige Regelungen wie z. B. das Kunsturhebergesetz (KUG).  Hierbei seien, so das OLG Köln, keine strengen Maßstäbe anzulegen, denn ein Konflikt der DSGVO mit der Meinungs- und Medienfreiheit solle vermieden werden.

Fazit: Noch weitgehend Ruhe – vor dem Sturm?

In der Gesundheitswirtschaft hat es insgesamt bis auf regional oder persönlich begrenzte Abmahnphänomene noch keine größeren Abmahnwellen oder Überprüfungen der Behörden gegeben. Abzuwarten bleibt, ob dies daran liegt, dass die Branche nicht im Fokus von Abmahnern und Behörden ist oder ob sich alle Beteiligten noch selbst über die neuen Regelungen klarwerden müssen .

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