7. Juli 2023

Ziel des am 2. Juli 2023 in Kraft getretenen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist es, die Benachteiligungen bei Meldung oder Offenlegung von Missständen auszuschließen und Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern Rechtssicherheit zu geben. Whistleblower dürfen keine Benachteiligungen erfahren und keinen Repressalien ausgesetzt werden. Darüber hinaus sollen die Interessen von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung, die zum Ergreifen von Hinweisgeberschutzmaßnahmen verpflichtet werden, so in Einklang gebracht werden, dass bürokratische Belastungen überschaubar und praktikabel bleiben. So verpflichtet § 12 II HinSchG Unternehmen erst, wenn sie mehr als 50 Mitarbeitende beschäftigen, ein internes Hinweisgebersystem zu installieren und zu betreiben. Das gilt branchenübergreifend, so auch im Gesundheitswesen. Sofern das Unternehmen weniger als 250 Angestellte beschäftigt, gilt zudem eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023.

Wie ist die Anzahl der Beschäftigten zu ermitteln?

Zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl bedarf es eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung. Dabei sind nach
der Gesetzessystematik Teilzeitbeschäftigte nach dem Kopfprinzip einzurechnen. Die Gesetzesbegründung zu § 12 Abs. 2 stellt auf die personelle Stärke ab. Es ist keine gesonderte Regelung zur Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer, wie im Kündigungsschutzgesetz, vorgesehen.

Was ist nach dem HinSchG als Arbeitgeber zu beachten?

Unternehmen werden durch das Gesetz zur Einführung sicherer Meldesysteme verpflichtet, damit Hinweisgeber unternehmensinterne Verstöße melden können. Das Gesetz unterscheidet zwischen internen und externen Meldestellen. Dies bedeutet, dass Krankenhäuser, Pflegeeinrichtung, größere Praxen und andere Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten entweder eigenständig eine interne Meldestelle (z.B. über die hausinterne Rechtsabteilung) einrichten müssen oder eine Ausgliederung auf externe Dritte (z.B. Rechtsanwaltskanzleien) stattfinden kann.

Diese Meldestelle hat sicherzustellen, dass Arbeitnehmende oder Dritte – wie beispielsweise Patienten – Missstände innerhalb der Unternehmen auf verschiedenen Wegen melden können. Das Unternehmen hat dann innerhalb von sieben Tagen den Eingang des Hinweises bzw. der Meldung zu bestätigen und innerhalb von drei Monaten eine Rückmeldung über die weiteren Maßnahmen zu geben.

Gibt es Vorgaben im HinSchG, wer mit dem internen Hinweisgebersystem beauftragt werden darf?

Beauftragt werden können einzelne Beschäftigte, mehrere Beschäftigte gemeinsam sowie externe Meldestellen. Bei der Prüfung, welches Verfahren in Betracht kommt, sollten die Umstände des
jeweiligen Unternehmens berücksichtigt werden. Dazu zählen Größe des Unternehmens, Anzahl der zu erwartenden Meldungen sowie die Sensibilität möglicherweise betroffener Bereiche. Die Meldestelle muss nicht als hauptberufliche Meldestelle ausgestaltet werden. Die beauftragten Beschäftigten können neben ihrer Aufgabe als Meldestelle auch noch einer anderen Tätigkeit nachgehen. Überdies besteht bezüglich der Entgegennahme sowie Bearbeitung von Meldungen, insbesondere deren Prüfung auf Stichhaltigkeit, keine Weisungsbefugnis des Arbeitgebers.

Bei der Wahl der betrauten Person sollte die notwendige Fachkunde für die Tätigkeit als Meldestelle vorliegen. Sie sollte in der Lage sein, zu prüfen, ob der mitgeteilte Sachverhalt stichhaltig ist, in
den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt und korrekt gemeldet wurde. Um die Fachkunde zu
belegen, sollten Schulungen in regelmäßigen Abständen und individuell auf die Tätigkeit des
jeweiligen Unternehmens vorgenommen werden. Die Vermittlung der ausreichenden Fachkunde ist Aufgabe des Unternehmens

Sofern sich das Unternehmen für eine interne Meldestelle entscheidet, sollte mit dem Beschäftigten, welcher die Funktion der Meldestelle übernimmt,
eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung getroffen werden. Einmal die Gestaltung dieses Aufgabengebiet in Abgrenzung zu den anderen Aufgaben des Beschäftigten und die Klarstellung, dass insoweit Weisungsfreiheit besteht.

Fokus auf das Gesundheitswesen

Gerade Kliniken und Krankenhäusern müssen besonderes Augenmerk auf die Umsetzung des Gesetzes richten, da das Gesetz auch für die Meldung von strafrechtlichen Verstößen wie beispielsweise Betrug, Korruption und Bestechung gilt. Zusätzlich werden Informationen über Verstöße, die straf- bzw. bußgeldbewehrt sind, erfasst, sodass unter anderem auch Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz und die Hygienevorschriften für medizinische Einrichtungen der einzelnen Bundesländer gemeldet werden können. Es fallen auch Bereiche wie Strahlenschutz, Standards für den Umfang mit Organen und Substanzen menschlichen Ursprungs sowie der Schutz personenbezogener Daten in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

Hierbei ist stets die ärztliche Schweigepflicht zu beachten, damit die vertrauliche Kommunikation zwischen Patienten und Klinikpersonal gewahrt wird. Gleichwohl versperrt die ärztliche Schweigepflicht nicht gänzlich die Offenlegung von Missständen, sofern keine Patientendaten mitgeteilt werden.

Schutz des Whistleblowers

Das Gesetz sieht unter anderem zum Schutz von Whistleblowern eine Beweislastumkehr vor, sodass vermutet wird, dass die Benachteiligung eine Repressalie darstellt, wenn ein Whistleblower im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit benachteiligt wird. Weiterhin kann der Hinweisgeber entsprechende Schadenersatzansprüche aufgrund von Repressalien geltend machen. Im Übrigen sind bei Nichtbeachtung dieser gesetzlichen Vorgaben Bußgelder bis zu einer Höhe von EUR 50.000,00 möglich.

Beteiligung des Betriebsrates

Bei der Entscheidung, ob für interne Meldestellen ein externer Dienstleister beauftragt werden
soll, besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Es handelt sich nicht um eine Frage
der Ordnung des Betriebs oder des Verhaltens der Beschäftigten im Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG), sondern um eine mitbestimmungsfreie organisatorische Entscheidung des Arbeitgebers. Wird innerhalb des Betriebs lediglich auf die Möglichkeit der innerbetrieblichen Meldung
über das von einem Dritten bereit gestellte System verwiesen, besteht kein Mitbestimmungs-
recht. Nach überzeugender Auffassung fehlt bei dem Hinweis am eigenen Regelungsgehalt.

Handlungsempfehlung zum HinSchG

Eine ausdrücklich geregelte Pflicht zur Information der Beschäftigten über das Bestehen eines Meldeverfahrens sieht das Gesetz nicht vor. Da die Kanäle aber zwingend den
Beschäftigten zur Verfügung stehen müssen und diesen insoweit ein Wahlrecht zwischen interner und externer Meldung eingeräumt ist, spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber eine Information über die Meldeverfahren voraussetzt.

Über externe Meldeverfahren müssen für Beschäftigte klare und leicht zugängliche Informationen bereitgestellt werden (§ 13 Abs. 2). Das umfasst auch Informationen über Verfahren für die Meldungen an Stellen der EU; wie z. B. der EMA.

Gerne beraten wir zu den in – und externen Möglichkeiten, stellen Ihnen eine externe Meldestelle zur Verfügung und unterstützen bei der Gestaltung von arbeitsrechtlichen Vereinbarungen bei der Wahl einer internen Meldestelle. Kontaktieren Sie uns gerne.

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