21. Januar 2011

Nicht nur Human- und Zahnmediziner werden mit wachsender Liberalisierung des Arztwerberechtes kreativer. Auch die Kollegen aus der Tiermedizin werden mutiger und fragen sich, was erlaubt ist?

So hatten jüngst die Richter vom OVG NRW in ihrem Beschluss vom 06.09.2010 (Az. 13 A 583/08) über einen approbierten Tiermediziner zu entscheiden, welcher auch berechtigt war, die Zusatzbezeichnung „Zahnheilkunde“ und später den Schwerpunkt „Kieferorthopädie“ zu führen. Aufgrund dessen kam er auf die Idee, neben seinem Titel auf den Praxisbriefbögen die Zusatzbezeichnung „Zahnheilkunde, Kleintierpraxis und Fachpraxis für Zahnheilkunde und Kieferorthopädie“ zu drucken.

Prompt meldete sich die Tierärztekammer zu Wort und untersagte dem Tierarzt das Führen der Zusatzbezeichnungen zur Zahnheilkunde auf seinem Briefkopf, da es gegen die Berufsordnung gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 BO verstoße.

Er könne ausschließlich die tierarztspezifische Bezeichnung „Tierärztliche Praxis für….“ verwenden.

Nachdem der Widerspruch des Tierarztes keinen Erfolg hatte, durften sich die Richter mit dieser kuriosen Kombination befassen und stimmten letztlich der Kammer zu. Sie begründeten ihren Beschluss damit, dass es sich vorliegend um berufswidrige Werbung handele, da die Wortkombination irreführend sei.

Berufswidrige Werbung ist insbesondere eine nach Inhalt, Form und Häufigkeit übermäßig anpreisende, marktschreierische, irreführende, unsachliche, wahrheitswidrige, vergleichende oder unlautere Werbung (§ 6 Abs. 2 Satz 2 BO).

Im vorliegenden Fall werde dem angesprochenen Adressatenkreis suggeriert, dass der Tierarzt innerhalb seiner tierärztlichen Tätigkeit eine Qualifikation bzw. Spezialisierung der Tierärztekammer habe, hier also einen Fachtierarzt für Zahnheilkunde und Kieferorthopädie.

Tatsächlich ist solch eine Kombination in der Weiterbildungsordnung (WBO) nicht aufgeführt. Jedes Bundesland hat ihre eigene WBO, da Weiterbildung Ländersache ist. In allen WBOs ist die Bezeichnung Fachtierarzt erlaubt, jedoch nur in den dort aufgeführten Gebieten. Ein Fachtierarzt für Zahnheilkunde oder/und Kieferorthopädie findet sich jedoch in keiner der WBOs. Daneben kann sich der Tierarzt auch zur Erlangung bestimmter Zusatzbezeichnungen weiterbilden gemäß jenen, die in der WBO aufgelistet sind. Hinsichtlich der Fachgebiete und Zusatzbezeichnungen wird außerdem geregelt, dass diese nur unter den in der WBO geregelten Voraussetzungen zusammen geführt werden können.

Betreffend die Zahnheilkunde ist lediglich eine Zusatzbezeichnung aufgeführt, die Kieferorthopädie wird überhaupt nicht erwähnt.

Demgemäß gibt es nach Ansicht der Richter keinen „Fachtierarzt für Zahnheilkunde und/oder Kieferorthopädie“. Und genau zu diesem Ergebnisse komme auch der Tierhalter, wenn er die vom Kläger verwendete Bezeichnung lese; so die Richter am OVG NRW.

Der Verbraucher/Tierhalter gehe von einer Qualifikation aus, die es so in der tierärztlichen WBO nicht gäbe und insbesondere sei er durch die Wortkombination an den „Facharzt für Kieferorthopädie“ aus der Humanmedizin erinnert, was alles in allem zu einer berufswidrigen Irreführung führt.

Fazit:

Nachdem das Berufsrecht bei den Heilberufen in den letzten Jahren immer offener wurde und so den Leistungserbringern mehr Spielraum hinsichtlich ihrer Außendarstellung gab, zeigte erneut ein Gericht die noch vorhandenen Grenzen auf. Nicht alles geht!

Kategorien
Newsletter
Wollen Sie unter den Ersten sein, die über aktuelle Entwicklungen im Gesundheitsrecht und der Gesundheitspolitik informiert werden?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.