14. November 2025

Werbung mit Vorher-Nachher -Bildern ist in der ästhetischen Medizin schon lange ein heikles Thema. Mit dem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 6.11.2025 (Az. 6 U 40/25) steht erneut eine prominente Entscheidung im Fokus. Die Entscheidung bekräftigt die strenge Linie der Rechtsprechung. Die Bewerbung nicht medizinisch notwendiger plastisch-chirurgischer Eingriffe – hier konkret die Entfernung eines Nasenhöckers – unterfällt einem umfassenden Werbeverbot. Insbesondere, wenn dies in sozialen Netzwerken wie Instagram mit Vorher-Nachher-Darstellungen geschieht. Das Urteil war zu erwarten und setzt die bisherige Entwicklung konsequent fort.

Das neue OLG-Urteil im Überblick

Das OLG Frankfurt beschäftigte sich mit dem Fall einer Fachärztin aus Frankfurt, die auf ihrem Instagram-Profil den Behandlungsverlauf einer Patientin dokumentierte: Die markante „Höckernase“ wurde durch einen chirurgischen Eingriff ästhetisch verändert, wobei der Eingriff gerade medizinisch nicht indiziert war, sondern ausschließlich kosmetischen Zwecken diente. In mehreren Foto- und Videobeiträgen sahen Nutzerinnen und Nutzer die Patientin vor und nach der Operation – allerdings nicht als klassisches Vorher-Nachher-Foto nebeneinander, sondern in unterschiedlichen Beiträgen, zeitlich und räumlich versetzt.

Dies änderte laut Gericht nichts daran, dass eine „vergleichende Darstellung“ im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 3 Heilmittelwerbegesetz (HWG) vorlag. Zweck des Verbotes sei, so die Richter, die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen zu schützen und zu verhindern, dass suggerierende, irreführende Werbung Menschen zu ästhetischen Eingriffen verleite, denen erhebliche Gesundheitsrisiken innewohnen können. Die Vorschrift müsse auch auf neue Werbeformen wie Social-Media-Storys angewandt werden, da gerade diese eine hohe suggestive Wirkung entfalten und besonders geeignet seien, falsche Erwartungen bezüglich nicht notwendiger Eingriffe zu wecken.

Das Urteil betraf ausdrücklich nicht nur klassische Vorher-Nachher-Fotos, sondern jede vergleichende Darstellung des Körperbildes rund um den Eingriff, unabhängig davon, ob die Fotos direkt nebeneinander gepostet oder als Story-Verlauf veröffentlicht werden. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig – die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) kann noch beantragt werden.

Keine Überraschung, sondern Fortsetzung einer Linie

Das OLG Frankfurt folgt mit seiner Entscheidung einer klaren, in den letzten Jahren immer wieder bekräftigten Rechtsprechung. Maßgeblich ist stets das Verbot aus § 11 HWG für Werbung außerhalb von Fachkreisen mit Vorher-Nachher-Bildern bei nicht medizinisch notwendigen, operativ plastisch-chirurgischen Eingriffen:

  • Bereits das OLG Hamm ordnete beispielsweise Unterspritzungen mit Hyaluronsäure als „operativen plastisch-chirurgischen Eingriff“ ein und untersagte entsprechende Werbung mit Vorher-Nachher -Bildern auf Instagram. Sogar minimalinvasive Methoden wie die sogenannte Hyaluronspritze werden vom Begriff umfasst (Urt. v. 29.08.2024, Az. 4 UKl 2/24).
  • Der BGH bekräftigte im Juli 2025, dass Schönheitsbehandlungen wie Hyaluron-Injektionen unter das Vorher-Nachher-Werbeverbot fallen. Die Leitlinie: Jeglicher instrumenteller Eingriff am Körper mit Gestaltveränderung fällt in den Anwendungsbereich des HWG – unabhängig davon, ob geschnitten oder gespritzt wird. Ziel sei stets der Schutz vor irreführender und suggestiver Werbung, die unnötige Risiken verschleiert (Urteil vom 31. Juli 2025 – I ZR 170/24).
  • Auch andere Gerichte bewerten die Verwendung solcher Werbebilder bei ästhetischen Eingriffen einheitlich als unzulässig, wenn die medizinische Notwendigkeit nicht unmissverständlich dargestellt und nachgewiesen ist. Insbesondere der Aspekt der Vergleichbarkeit, Suggestivität und Emotionalisierung steht im Fokus der Beurteilung.

Das OLG Frankfurt reiht sich mit dem „Höckernase-Fall“ in eine Entscheidungskette ein, die das Vorher-Nachher-Werbeverbot in den letzten Jahren für eine Vielzahl ästhetischer Leistungen auf Social Media bei medizinisch nicht notwendigen Eingriffen immer wieder bestätigt hat. Überraschungen bleiben somit aus; vielmehr wird deutlich, dass insbesondere internetgestützte, visuelle Werbeformate konsequent unter das Verbot subsumiert werden.

Handlungsempfehlungen für Ärztinnen und Ärzte

Das Urteil des OLG Frankfurt verdeutlicht einmal mehr die strikten Rahmenbedingungen, unter denen Werbung in der ästhetischen Medizin betrieben werden darf. Im Folgenden die wichtigsten, aktuellsten Praxistipps zur rechtssicheren Außendarstellung:

·      Verzichten Sie auf jede Form von Vorher-Nachher-Bildern außerhalb von Fachkreisen

Ganz gleich, ob es sich um klassische Bildpaare, Collagen, Story-Sequenzen, Slideshows oder Zeichnungen handelt: Jede vergleichende Darstellung, die einen körperlichen Zustand vor und nach dem (ästhetischen, nicht medizinisch notwendigen) Eingriff veranschaulicht und sich nicht explizit an gesundheitliche Fachkreise richtet, ist nach § 11 HWG verboten.

·      Achten Sie auf die Einordnung der Behandlung

Auch minimalinvasive Eingriffe wie Unterspritzungen mit Hyaluron oder Botox gelten als operative plastisch-chirurgische Eingriffe im Sinne des HWG. Die Gerichte ziehen die Grenze nicht bei klassischer Chirurgie mit Skalpell, sondern fassen den Begriff sehr weit. Behandlungsformen wie Lippenmodellierung, Kinnformung, Nasenkorrektur „ohne OP“, Botox-Injektionen und ähnliche ästhetische Maßnahmen sind daher allesamt betroffen.

·      Erst recht auf Social Media

Das Verbot greift auch für Werbung auf Social-Media-Kanälen. Die suggestive Wirkung der Präsentation auf Plattformen wie Instagram, Facebook, TikTok oder ähnlichen wird von den Gerichten ausdrücklich berücksichtigt. Dabei ist die Reihenfolge der Veröffentlichung (nebeneinander, nacheinander, in Stories) unerheblich – entscheidend bleibt das „vergleichende Element“ der Darstellung.

·      Sachliche Information und Imagewerbung sind möglich

Zulässig bleibt eine sachliche, wahrheitsgemäße Information über das Angebot ästhetischer Leistungen, sofern keine vergleichenden Vorher-Nachher-Bilder verwendet werden. Praxen und Zentren dürfen ihre Leistungen vorstellen, das Team präsentieren oder auf Image- und Sympathiewerbung setzen – immer im Rahmen der allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Vorgaben und unter Einhaltung des Irreführungsverbotes.

·      Beachten Sie neue Risiken und Entwicklungstendenzen

Die Rechtsprechung ist derzeit besonders aktiv. Neue Methoden, kreativ inszenierte Werbeformate und die zunehmende Relevanz digitaler Plattformen führen regelmäßig zu neuen Urteilen. Es empfiehlt sich, Werbekampagnen vor Veröffentlichung rechtlich prüfen zu lassen und aktuelle Entwicklungen fortlaufend zu beobachten. Ein Verstoß kann neben Abmahnungen auch Bußgelder und standesrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Zusammenfassung und Ausblick: Was das Urteil für die Branche bedeutet

Das OLG Frankfurt hat im Fall der „Höckernase“ nicht nur das Vorher-Nachher-Werbeverbot gemäß HWG bestätigt, sondern klargestellt, dass innovative Werbeformen auf Social Media ebenso darunterfallen, solange die suggestive Darstellung eines kosmetisch erzielten Ergebnisses im Raum steht.

Die Grenzen sind eindeutig: Was der Markt strategisch reizvoll findet, kollidiert schnell mit dem Schutz der Patientensouveränität und der gesetzlichen Ordnung. Bleiben Sie im rechtssicheren Rahmen, um Abmahnungen und Imageschäden zu vermeiden – und achten Sie genau darauf, Ihre Informations- und Imagewerbung an den aktuellen Vorschriften auszurichten.


Häufige Fragen (FAQ) zur Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern und dem Heilmittelwerbegesetz

Darf ich als Ärztin/Arzt auf Social Media ästhetische Eingriffe mit Vorher-Nachher-Fotos bewerben?
Nein, sofern die Behandlung nicht medizinisch notwendig ist, sind alle vergleichenden Darstellungen verboten.

Gilt das Verbot auch für minimale Eingriffe wie Botox?
Ja, laut Rechtsprechung fallen auch minimalinvasive Behandlungen unter das Werbeverbot.

Kann ich Instagram-Storys mit Behandlungserfolgen posten?
Nur ohne Vorher-Nachher-Bezug und keine vergleichende Darstellung des Behandlungserfolgs.

Praxistipp

Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Werbemaßnahmen den aktuellen rechtlichen Vorgaben entsprechen, stehen wir Ihnen als spezialisierte Kanzlei gerne zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle und kompetente Beratung – über unser Kontaktformular oder nutzen Sie die Möglichkeit zur Terminbuchung.

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