25. August 2009

Die Werbemöglichkeiten für Zahnärzte sind insbesondere durch die jeweiligen Berufsordnungen eng umgrenzt. Die Entscheidung des BGH vom 26.02.2009 (Az. I ZR 222/06) im Fall der TruDent AG (früher: MacDent AG) eröffnet jedoch insbesondere im Rahmen von Franchise-Kooperationen Möglichkeiten, Werbung auch jenseits dieser Grenzen durchzuführen.

Rechtliche Grundlagen der zahnärztlichen Werbung und des Wettbewerbs-rechts

Nach § 21 I der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer (MBO-Z) sind einem Zahnarzt sachliche Informationen über seine Berufstätigkeit gestattet. Berufswidrige Werbung hingegen ist ihm untersagt. Nach der Definition des § 21 I MBO-Z ist insbesondere eine anpreisende, irreführende, herabsetzende oder vergleichende Werbung als berufswidrig anzusehen. Weiterhin darf der Zahnarzt eine berufswidrige Werbung durch Dritte weder veranlassen noch dulden und hat dem entgegen zu wirken.

Die Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern haben diese Vorschrift in der Regel wortgleich übernommen. Für Hessen ist dies beispielsweise in § 20 I HessZÄBO erfolgt.

Bei den entsprechenden Bestimmungen handelt es sich um gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG, mithin also um solche, die – jedenfalls auch – dazu bestimmt sind im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Führt demnach ein Zahnarzt eine berufswidrige Werbemaßnahme durch beziehungsweise veranlasst er deren Durchführung durch einen Dritten, so stellt dies eine unlautere und damit unzulässige geschäftliche Handlung nach §§ 3, 4 UWG dar, die einen gegen den Zahnarzte gerichteten Anspruch auf Unterlassung gem. § 8 I UWG begründet.

Entscheidung des BGH im Fall der TruDent AG

Die TruDent AG (früher: MacDent AG) hat ein Konzept zur Qualitätssicherung und zum Marketing für Zahnarztpraxen entwickelt. Als Franchisegeber vergibt das Unternehmen an die Ihr angeschlossenen Zahnarztpraxen nach erfolgter Qualitätsprüfung ein Qualitätssiegel („TruDent – Geprüfte Qualitätsstandards“).

Im Mai 2005 führte die TruDent AG – damals noch als MacDent AG – eine Werbeaktion durch, bei der sie Werbeposkarten verteilte. Darauf war zum einen zu lesen: „MacDent bietet Ihnen, was Sie schon immer von ihrem Zahnarzt wollten: Qualitätssicherung und Garantie. Gute Behandlung zu fairen Bedingungen.“ Unter der Überschrift „Qualitätssicherung“ wurden „Die sieben Brücken der Qualitäts-sicherung“ in Form von Schlagworten aufgezählt. Als weitere Informationsmöglich-keiten wurden die Internetadresse des Unternehmens und die Telefonnummer einer „Infohotline“ angegeben. Weiterhin bestand die Möglichkeit, die Werbepostkarte an die MacDent AG zurückzusenden und so an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Einzige Voraussetzung hierfür war es, die nächstgelegene „MacDent-Praxis“ zu finden und auf der Werbepotskarte anzugeben.

Die Zahnärztekammer Schleswig-Holstein beanstandete diese Werbeaktion als wettbewerbswidrig und erhob Unterlassungsklage vor dem Landgericht Kiel. Nach Auffassung der Zahnärztekammer vermittele die Werbepostkarte keine im Hinblick auf potentielle Patienten interessengerechte und sachangemessene Information. Die schlagwortartige Aufzählung der „Sieben Brücken der Qualitätssicherung“ genüge den Anforderungen an eine sachliche Information im Sinne des § 21 II SchlHZÄBO (= § 21 I MBO-Z) nicht. Der Hinweis auf weiterführende Informationsmöglichkeiten (Internetseite und „Infohotline“) ändere daran nichts, da eine sachbezogene und informative Werbung voraussetze, dass die betreffenden Informationen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Werbeaktion – hier also beispielsweise auf der Postkarte selbst – zur Verfügung gestellt werden.

Darüber hinaus beanstandete die Zahnärztekammer den Inhalt der Werbepostkarte – insbesondere die Äußerung: „MacDent bietet Ihnen, was Sie schon immer von ihrem Zahnarzt wollten: Qualitätssicherung und Garantie. Gute Behandlung zu fairen Bedingungen.“ – als berufswidrig anpreisend und herabsetzend.

Sowohl das Landgericht Kiel, als auch das Oberlandesgericht Schleswig als Berufungsgericht sind der Auffassung der Zahnärztekammer gefolgt und sahen einen Unterlassungsanspruch nach § 8 I UWG als gegeben an.

Die seitens der TruDent AG eingelegte Revision hatte jedoch Erfolg. Der BGH hob das Berufungsurteil auf und wies die Klage der Zahnärztekammer ab. Zum einen sei nach dem Inhalt der Werbepostkarte eine anpreisende oder herabsetzende Aussage nicht zu erkennen. Insbesondere sei keine Bezugnahme auf bestimmte Zahnärzte enthalten. Zum anderen sei sowohl die Veranstaltung eines Gewinnspiels, als auch die schlagwortartige Vermittlung von Informationen grundsätzlich zulässig.

Veranstaltung eines Gewinnspiels

Der BGH führt aus, dass die Veranstaltung eines Gewinnspiels zu Werbezwecken nicht gegen das für Zahnärzte geltende berufsrechtliche Werbeverbot verstoße.  Eine berufsbezogene und sachangemessene Werbung sei auch den Zahnärzten von Verfassungs wegen erlaubt. Dabei stehe es dem einzelnen Berufsangehörigen jedoch grundsätzlich frei, auf welche Weise er die interessierte Öffentlichkeit ansprechen wolle. Eine Grenze sei erst dann erreicht, wenn schützenswerte Gemeinwohlbelange betroffen seien.

Schlagworte als sachliche Information

Weiterhin fehle es nicht bereits deshalb an der Vermittlung sachlicher Informationen, weil in der Werbepostkarte der TruDent AG deren Tätigkeit nur schlagwortartig umrissen und für weitere Informationen auf die Internetadresse und die „Infohotline“ verwiesen worden sei. Als bloße Aufmerksamkeitswerbung mit dem Ziel, eine breite Öffentlichkeit auf das eigene Produkt aufmerksam zu machen, sei dies ohne weiteres zulässig. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern diese Art der Werbung das Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung und das Ziel der Vermeidung einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs beeinträchtige.

Vielmehr stünde es dem Zweck einer derartigen Aufmerksamkeitswerbung entgegen, wenn diese bereits umfangreiche sachliche Angeben bezüglich des angebotenen Produkts oder der angebotenen Dienstleistung enthalten müsse. Insbesondere werde dies auch von den Verbrauchern im Rahmen dieser – üblichen – Werbeform nicht erwartet.  Dass es sich bei den schlagwortartigen Werbeangaben nicht um eine abschließende und umfassende Information handelt, werde zudem durch den Hinweis auf weitere Informationsmöglichkeiten vermittelt.

Auswirkungen der Entscheidung

Es stellt sich zum einen die Frage, ob nunmehr davon ausgegangen werden kann, dass es auch den Zahnärzten selbst gestattet ist, vergleichbare Gewinnspiele zu veranstalten und schlagwortartige Werbung einzusetzen. Zwar lässt der BGH dies in seiner Entscheidung ausdrücklich offen und betont, dass auf Unternehmen, die selbst keine zahnärztlichen Leistungen erbringen – wie hier die TruDent AG -, die für Zahnärzte geltenden berufsrechtlichen Werbebeschränkungen insbesondere im Hinblick auf Art 12 I GG (Berufsausübungsfreiheit) nicht eins zu eins übertragbar seien. Allerdings erscheint auf Grundlage der Argumentation des BGH nicht ersichtlich, weshalb etwas anderes geltend sollte, wenn ein Zahnarzt selbst die genannten Werbemaßnahmen durchführt. Solange das Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung nicht beeinträchtigt wird, dürfte demnach davon auszugehen sein, dass dies nicht zu beanstanden wäre.

Eine weitere zentrale Bedeutung der Entscheidung des BGH ist darin zu sehen, dass sich dieser auch zu der Frage einer im Hinblick auf das Berufs- und Wettbewerbs-recht relevanten Umgehung der berufsrechtlichen Werbebeschränkungen geäußert hat. Demnach sei es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Werbeaktion eines Franchisegebers auch dem Vertragspartner, d.h. dem Zahnarzt, zugute komme. Dies liege im Hinblick auf derartige Kooperationsformen vielmehr schon in der Natur der Sache begründet. Diesbezüglich lässt der BGH zwar offen, ob etwas anderes gilt, wenn der Zweck des Unternehmens darauf ausgerichtet ist, den angeschlossenen Zahnärzten eine über die Werbebeschränkungen der Berufs-ordnungen hinausgehende Werbung zu ermöglichen. Jedoch sind entsprechende Werbeaktionen eines Franchisegebers nach Auffassung des BGH jedenfalls dann zulässig, wenn sie ohne Abstimmung mit dem beziehungsweise ohne Beauftragung durch den Franchisenehmer erfolgen.

Darin ist einer Erweiterung der Werbemöglichkeiten für Zahnärzte zu sehen. Wie bereits dargelegt gelten für den Franchisegeber, der selbst keine zahnärztlichen Leistungen anbietet, die engen Werbebeschränkungen der Berufsordnungen nicht in gleichem Maße wie für Zahnärzte selbst. Da es nach der Auffassung des BGH unter den genannten Voraussetzungen nicht schadet, wenn die Werbung  des Franchise-gebers auch dem angeschlossenen Zahnarzt zugute kommt, besteht nunmehr eine werthaltige Alternative zu der eng begrenzten Möglichkeit der Eigenwerbung durch den Zahnarzt selbst. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Praxis hiervon Gebrauch machen wird.

Weitere Informationen zu MacDent in diesem Blog: „MACDENT-Logo auf dem Praxisschild unzulässig“ unter: https://medizinrecht-blog.de/2009/01/12/macdent-logo-auf-dem-praxisschild-unzulassig/

(Foto: © GesaD/ PIXELIO, www.pixelio.de)

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