Dass Arbeitnehmern bei der Vorlage einer falschen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Gefälligkeitsatteste) eine fristlose Kündigung droht, zeigte jüngst ein Fall vor dem Arbeitsgericht Siegburg (5 Ca 1200/22). Eine Pflegeassistentin meldete sich krank und ging stattdessen abends in einem Club feiern. Hiervon postete sie in ihrem eigenen Whats-App-Status Fotos. Der Arbeitgeber kündigte ihr fristlos, woraufhin sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes vorlegte, der ihr eine psychische Erkrankung bescheinigte, obwohl sie sich vorher wegen eines grippalen Infekts krankgemeldet hatte. Das Arbeitsgericht ging von einer falschen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, einem Gefälligkeitsattest, durch den Arzt aus und sah die fristlose Kündigung der Pflegeassistentin als wirksam an. Doch nicht nur Arbeitnehmern drohen in diesen Fällen Konsequenzen, sondern auch Ärzten, die falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen.
Falsche AU-Bescheinigungen/ Gefälligkeitsatteste sind kein Kavaliersdelikt
Ärzte, die bewusst falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, machen sich strafbar. § 278 StGB stellt das bewusste Ausstellen eines unrichtigen Zeugnisses über den Gesundheitszustand unter Strafe.
Straftatbestand wurde während der Pandemie verschärft
Während früher lediglich das Ausstellen falscher Gesundheitszeugnisse zur Vorlage gegenüber einer Behörde oder Versicherung unter Strafe stand, wurde dieser Zusatz Ende des Jahres 2021 gestrichen. Falsche Masken-Atteste, falsche Testbescheinigungen und falsche Impfpässe waren in der Corona-Pandemie für den Gesetzgeber Anlass, die Vorschrift zu ändern. Aus „zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft“ ist nun geworden „zur Täuschung im Rechtsverkehr“, wodurch der Gesetzgeber den Anwendungsbereich erheblich erweitert hat, um Strafbarkeitslücken zu schließen.
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe
Ärzten, die falsche Gesundheitszeugnisse/ Gefälligkeitsatteste ausstellen, droht nach § 278 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe, in besonders schweren Fällen sogar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Zudem kann der Praxisbetrieb bereits durch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren erheblich beeinträchtigt werden, wenn Strafverfolgungsmaßnahmen wie Durchsuchungen der Praxisräume oder Beschlagnahmen von Behandlungsakten und Praxiscomputern erfolgen.
Auch berufsrechtliche Konsequenzen drohen
Nach § 25 der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO) haben Ärzte bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse haben Ärztinnen und Ärzte mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen ihre ärztliche Überzeugung auszusprechen. Wunsch- oder Gefälligkeitsbescheinigungen dürfen schon danach nicht ausgestellt werden.
Fazit
Ärzte, die bewusst falsche Gesundheitszeugnisse ausstellen, machen sich strafbar. Zudem müssen Ärzte auch mit erheblichen berufsrechtlichen sowie vertragsarztrechtlichen Konsequenzen rechnen, die im schlimmsten Fall zum Entzug der Approbation und/oder der Zulassung führen können. Das Ausstellen eines Gefälligkeitsattestes gefährdet daher nicht nur die allgemeine ärztliche Glaubwürdigkeit, sondern ist für die Ärzte selbst mit erheblichen Risiken verbunden.
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