Das Anerkennungsverfahren ausländischer Fachzahnarztqualifikationen sorgt immer wieder für Diskussionen – vor allem im Bereich der Kieferorthopädie. Häufig scheitert die Anerkennung nicht am Qualifikationsniveau, sondern an formalen Unterschieden in den Ausbildungsverläufen. Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat dazu in einem aktuellen Urteil eine klare Position bezogen (Urteil vom 25.02.2025 – 7 A 219/23) – und stärkt die Position von Zahnärztinnen mit abgeschlossener Weiterbildung im EU-Ausland.
Worum ging es konkret?
Eine spanische Zahnärztin beantragte nach langjähriger Tätigkeit in Deutschland die Anerkennung ihrer spanischen Weiterbildung als „Fachzahnärztin für Kieferorthopädie“. Ihr Nachweis: Ein dreijähriges postgraduales Masterstudium in Kieferorthopädie, Orthognathie und Neuro-Okklusaler Rehabilitation an einer renommierten Madrider Universität – mit umfassender Theorie, klinischer Praxis und Betreuung zahlreicher Patienten. Sowohl die Dauer als auch die Inhalte ihrer Ausbildung orientierten sich am „Erasmus“-Standard für die Fachzahnarztausbildung in Europa.
Trotz dieser Qualifikation verlangte die Zahnärztekammer – aufgrund ihrer Weiterbildungsordnung (WBO) – neben zusätzlichen Jahren Berufstätigkeit auch den Nachweis einer bestandenen deutschen Fachzahnarztprüfung. Die im Ausland erbrachte Weiterbildung sollte nur teilweise angerechnet werden. Damit wollte sich die Klägerin nicht abfinden.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Das VG Hannover hat mit deUrteil vom 25. Februar 2025 die Zahnärztekammer verpflichtet, der Klägerin die Gebietsbezeichnung „Fachzahnärztin für Kieferorthopädie“ anzuerkennen. Die automatische Anerkennung nach EU-Recht war im Spezialfall zwar nicht möglich, weil für Spanien kein entsprechender Abschluss im relevanten Anhang der Berufsanerkennungs-Richtlinie gelistet ist. Dennoch sah das Gericht die Gleichwertigkeit der spanischen Weiterbildung als gegeben an.
Entscheidend war dabei nicht, dass die Ausbildung der Klägerin exakt den strukturellen Vorgaben der deutschen Weiterbildungsordnung entspricht, sondern dass sie inhaltlich die gleichen fachlichen Kompetenzen nachweisen kann. Nach Ansicht des Gerichts kommt es allein darauf an, ob der durch das Masterstudium in Spanien erreichte Weiterbildungsstand – unabhängig von Ausbildungsstruktur und -dauer – im Ergebnis dem deutschen Fachzahnarztstandard entspricht.
Wesentliche Unterschiede könnten nur dann eine zusätzliche Eignungsprüfung rechtfertigen, wenn sie tatsächlich bestehen und nicht etwa durch nachgewiesene Praxiserfahrung oder weitere Qualifikationen ausgeglichen werden können. Da die Zahnärztekammer im laufenden Verfahren keine konkreten Defizite festgestellt hatte, durfte sie die Klägerin nicht mehr zur Fachzahnarztprüfung verpflichten.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil ist ein klares Signal: Zahnärztekammern müssen ihre Prüfpraxis anpassen. Nicht die Form der Ausbildung – sondern das Ergebnis, der „Weiterbildungsstand“ – ist entscheidend. Bedeutet: Wer nachweist, dass er/sie die materiellen Kompetenzen einer Fachzahnarzt-Weiterbildung erworben hat, kann und sollte die entsprechende Gebietsbezeichnung auch ohne erneute Prüfung und Zusatzweiterbildungen erhalten, sofern keine wesentlichen Unterschiede bestehen.
Wichtig bleibt: Die automatische Anerkennung der Richtlinie 2005/36/EG gilt für KFO-Weiterbildungen in einigen Ländern – wie z.B. für Spanien – nicht. Das bedeutet: Es findet immer eine individuelle Gleichwertigkeitsprüfung statt, die von einer lückenlosen Dokumentation Ihrer Qualifikation und Ihrer praktischen Erfahrung lebt.
Unser Praxistipp
Für betroffene Zahnärzt*innen ist es entscheidend, ihre Qualifikation sorgfältig und umfassend zu dokumentieren – insbesondere durch die Vorlage von Stundenplänen, Praxisberichten, Curricula und entsprechenden Bescheinigungen aus dem Ausland. Nur so kann die erforderliche Gleichwertigkeit präzise nachgewiesen werden.
Das Verfahren ist häufig komplex und detailreich. Deshalb empfehlen wir, frühzeitig fachkundige anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. So können Sie sicherstellen, dass Ihre Qualifikation optimal dargestellt wird und formale Stolpersteine vermieden werden.
Wir von Lyck+Pätzold. healthcare.recht begleiten Sie gerne im gesamten Anerkennungsprozess – von der Prüfung Ihrer Unterlagen über die strategische Antragstellung bis hin zur Kommunikation mit den Behörden. Sprechen Sie uns an!