Der Kauf/Verkauf einer Arztpraxis ist eine bedeutende Entscheidung und markiert häufig den Beginn eines neuen Lebensabschnitts, sei es der Start in die Selbstständigkeit mit einer eigenen Praxis oder der Eintritt in den Ruhestand durch die Übergabe des Lebenswerks. Um diesen Schritt erfolgreich zu gestalten, bedarf es einer gründlichen Vorbereitung, die insbesondere eine rechtliche Prüfung des aktuellen Zustands der Praxis umfasst. Nur wer die rechtlichen Risiken korrekt einschätzen kann, ist in der Lage, eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen und sich vor unangenehmen Überraschungen zu schützen.
Erste Überlegungen
Für einen erfolgreichen Praxisverkauf ist es entscheidend, die Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben sicherzustellen. Ein gut informierter Käufer wird die Praxis umfassend auf ihre rechtlichen Risiken prüfen. Dabei stellen sich für beide Parteien dieselben grundlegenden Fragen:
- Welche vertraglichen Verpflichtungen bestehen?
- Welche Kündigungsfristen sind relevant?
- Welche Verträge werden übertragen? Welche laufen aus?
- Welche Fallstricke birgt der Mietvertrag?
- Welche Rechte haben die Angestellten?
- Wann ist eine Übernahme möglich, und welche regulatorischen Hürden gibt es?
- Mit welchen Dienstleistern arbeitet die Praxis zusammen und wie sind da die vertraglichen Bindungen?
Viele dieser Fragen lassen sich nur mit der Hilfe erfahrener Berater sicher beantworten und abwägen. Während selbsternannte Experten zahlreich sind, ist es erfahrungsgemäß entscheidend, fundierte rechtliche Expertise und steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die nötige Sicherheit zu erlangen.
Gesellschaftsstruktur der Arztpraxis
Praxen entwickeln sich oft über viele Jahre hinweg und werden manchmal gemeinschaftlich betrieben. Mitbegründer scheiden aus, und neue Kollegen kommen hinzu. Den rechtlichen Status quo festzustellen, erfordert häufig eine genaue Analyse der schriftlich festgehaltenen und mündlich erweiterten Gesellschaftsverträge. Ist im Gesellschaftsvertrag wirklich alles festgehalten, was heute gelebt wird? Können ausgeschiedene Gesellschafter noch Rechte geltend machen? Besteht aufgrund früherer Strukturen das Risiko von Steuerrückforderungen? Enthält der Vertrag unwirksame Regelungen? Besonders alte und nie aktualisierte Verträge bergen Risiken, die vor der Übernahme der Praxis angegangen werden sollten.
Mitarbeitenden in der Arztpraxis
Eine Praxis lebt von den Menschen, die in ihr arbeiten. Sie generieren die Umsätze und sorgen dafür, dass Patienten zurückkehren. Gleichzeitig stellen Personalkosten einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar, der vor einer Veränderung genau geprüft werden muss.
Bei einem Praxisverkauf gehen die Arbeitsverträge kraft Gesetzes auf den Käufer über, ebenso wie alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen, es sei denn, die Mitarbeitenden widersprechen dem Übergang. Eine gründliche arbeitsrechtliche Prüfung der bestehenden Arbeitsverträge ist unerlässlich. Häufig sind ältere Verträge in einzelnen Klauseln unwirksam und entsprechen nicht mehr den aktuellen gesetzlichen Anforderungen. Zu lange oder zu kurze Kündigungsfristen, Ansprüche auf Sonderzahlungen, ungünstige Urlaubsregelungen oder unerwartete Vergütungsregelungen können Probleme verursachen. Eine frühzeitige Optimierung der Verträge hilft, Risiken wirtschaftlich zu kalkulieren.
Praxismietvertrag der Arztpraxis
Der bestehende Mietvertrag ist ein entscheidender Faktor beim Praxisverkauf. Die Übertragbarkeit des Mietvertrags kann den Standort der Praxis stark beeinflussen. Verlängerungsmöglichkeiten und Optionsrechte aus dem Vertrag müssen berücksichtigt werden. Welche Nutzungseinschränkungen bestehen laut Vertrag? Gibt es teure Rückbauverpflichtungen? Diese Fragen sind entscheidend für die Kaufentscheidung und den Praxiswert. Für Verhandlungen mit dem Vermieter ist es oft hilfreich, den aktuellen Stand des Mietverhältnisses zu kennen.
Zulassung zum GKV System und Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten
Wer nicht ausschließlich privatärztlich tätig sein möchte, muss sich mit den vertragsärztlichen Regelungen auseinandersetzen. Gab es in der Vergangenheit Auffälligkeiten? Liegen alle erforderlichen Zulassungen und Genehmigungen vor? Gab es Regresse in den letzten Jahren? Eine sachkundige Prüfung kann Probleme aufdecken, die für die Zukunft relevant sind. Auch regulatorische Themen sind im Blick zu behalten: Neben der eigenen Zulassung könnten Kooperationen mit Kollegen, die Anstellung von Fachpersonal oder die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums geplant sein. Für Entscheidungen des Zulassungsausschusses der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung gelten feste Termine und Fristen, die für den Vollzugszeitpunkt relevant sein können.
Praxiskaufvertrag
Nach umfassender Prüfung und positiver Beurteilung der Praxis wird der Kaufvertrag erstellt. Anders als beim Kauf eines Gebrauchtwagens ist der Praxiskauf eine lebensverändernde Entscheidung, was sich auch im Vertragswerk widerspiegelt. Ein einfaches Muster aus dem Internet reicht hier nicht aus. Spätestens jetzt sollten Rechtsanwälte und Steuerberater hinzugezogen werden.
Die Ergebnisse der vorangegangenen Prüfungen fließen in den Kaufvertrag ein. Mit Garantien und Vollzugsbedingungen wird sichergestellt, dass der aktuelle Zustand der Praxis korrekt abgebildet und Risiken gerecht verteilt werden. Die Anlagen zum Kaufvertrag, wie Leasingverträge, Arbeitsverträge und Verträge mit Dienstleistern, müssen zusammengestellt werden.
Beratungsempfehlung
Durch die frühzeitige Einbindung erfahrener Rechtsberatung im Medizinrecht lassen sich unangenehme Überraschungen kurz vor oder nach Vertragsschluss vermeiden. Langfristig spart dies nicht nur Zeit und Nerven, sondern vor allem auch Kosten bzw. Steuern. Eine gründliche Vorbereitung ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Praxisverkauf und einem reibungslosen Übergang in den nächsten Lebensabschnitt.