Die Ausübung der Heilkunde ist den Ärzten vorbehalten, die diese Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen haben. Hierzu bedarf es der Approbation als Arzt oder einer ärztlichen Berufserlaubnis. Die Entscheidung darüber, welche konkreten Leistungen dem Arztvorbehalt unterliegen, hat der Gesetzgeber nur in Einzelfällen ausdrücklich selbst getroffen. So darf z. B. nach § 48 des Arzneimittelgesetzes nur der Arzt oder Zahnarzt verschreibungspflichtige Arzneimittel verschreiben oder nach § 9 des Embryonenschutzgesetzes nur der Arzt eine künstliche Befruchtung vornehmen.
Demgegenüber sind bei der Geburtshilfe auch Leistungen zu denen Hebammen berechtigt (siehe § 4 des Hebammengesetzes). Persönliche Leistungserbringung heißt folglich nicht, dass der Arzt jede Leistung höchstpersönlich erbringen muss. Die Vorgabe zur persönlichen Leistungserbringung erfordert vom Arzt allerdings immer, dass er bei Inanspruchnahme nichtärztlicher oder ärztlicher Mitarbeiter zur Erbringung eigener beruflicher Leistungen leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Der Arzt kann folglich, anders als der gewerbliche Unternehmer, den Leistungsumfang seiner Praxis durch Anstellung von Mitarbeitern nicht beliebig vermehren, da er nur eine begrenzt Anzahl von Helfern anleiten und überwachen kann.
Kernbereiche ärztlicher Tätigkeiten
Doch welche Leistungen können zulässig an nichtärztliches Personal delegiert werden? Diese Frage wirft in der Praxis weitere Fragen auf. Eindeutige gesetzliche Regelungen zur Delegation ärztlicher Leistungen sucht man vergebens. Lediglich für als besonders gefahrenträchtig angesehene Einzelfälle ordnet der Gesetzgeber einen Arztvorbehalt an, so beispielsweise die Behandlung bestimmter Erkrankungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder die Verschreibung von Betäubungsmitteln. Einigkeit besteht auch darüber, dass es einen Kernbereich ärztlicher Tätigkeiten gibt, die nicht delegierbar sind. Hierunter fallen Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen, Diagnose, Entscheidung über Therapie und Durchführung invasiver Maßnahmen.
Fehlende gesetzliche Regelungen für Delegation von Leistungen
In den meisten Fällen fehlt es an klaren Vorgaben durch den Gesetzgeber. Ob eine bestimmte Leistung unter Arztvorbehalt steht, hängt in diesen Fällen nach der Rechtsprechung davon ab, ob die betreffende Tätigkeit gerade die dem Arzt eigenen Kenntnisse und Kunstfertigkeiten voraussetzt. Zu einer rechtssicheren Abgrenzung in der Praxis sind diese Kriterien allerdings kaum geeignet.
Der hierdurch bestehenden Unsicherheit, sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband mit einer zum 01.10.2013 in Kraft getretenen Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 SGB V entgegen getreten. Die Vereinbarung findet sich als Anlage 24 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und wurde letztmalig im Jahr 2015 angepasst.
Der Katalog delegierbarer Leistungen
Neben der Beschreibung der Kernbereiche werden hierin die Anforderungen für die Delegation ärztlicher Tätigkeiten konkretisiert. Der Arzt hat danach sicherzustellen, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner beruflichen Qualifikation oder allgemeinen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Erbringung der delegierten Leistung geeignet ist (Auswahlpflicht). Er hat ihn zur selbständigen Durchführung der zu delegierenden Leistung anzuleiten (Anleitungspflicht)
sowie regelmäßig zu überwachen (Überwachungspflicht). Die Qualifikation des
Mitarbeiters ist ausschlaggebend für den Umfang der Anleitung und der Überwachung
Im weiteren werden dann – wohlgemerkt beispielhaft und nicht abschließend – zulässig delegierbare ärztliche Tätigkeiten aufgelistet. Ganz allgemein sind dies:
1.
Administrative Tätigkeiten, z.B. Datenerfassung und Dokumentation von Untersuchungsergebnissen und Therapieerfolgen; Unterstützung des Arztes bei der Erstellung von schriftlichen Mitteilungen und Gutachten
2.
Anamnesevorbereitung
3.
Aufklärungsvorbereitung
4.
Durchführung technischer Untersuchungen:
– Röntgen
– CT
– MRT
5.
Früherkennungsleistungen: – im Rahmen von Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten bei Erwachsenen:
– Laboratoriumsuntersuchungen (Untersuchung auf Blut im Stuhl) im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchung
– im Rahmen von Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen:
– Unterstützung bei der Aufklärung der Eltern im Rahmen von Screeninguntersuchungen und Impfungen
– U1-J2: Seh- und Hörtest, Erfassung Körpermaße
6.
Injektion: intramuskulär und subkutan (auch Impfungen)
7.
Injektion: intravenös
Infusion: intravenös; Anlegen einer Infusion
(Die Anwesenheit des Arztes ist in der Regel erforderlich. Die intravenöse Erstapplikation von Medikamenten ist nicht delegierbar.)
8.
Labordiagnostik
9.
Unterstützende Maßnahmen zur Diagnostik/Überwachung:
– Blutentnahme kapillär sowie venös
– (Langzeit-)Blutdruckmessung
– (Langzeit-)EKG
– Lungenfunktionstest/Spirographie
– Pulsoxymetrie
– Blutgasanalysen
– weitere Vitalparameter
10.
Wundversorgung / Verbandwechsel
Hinzu kommen zahlreiche versorgungsbereichs- bzw. arztgruppenspezifische delegierbare ärztliche Tätigkeiten. Im Einzelnen können diese HIER nachgelesen werden.