Spezialisierungstendenzen in der Zahnarztwelt führen dazu, dass immer mehr Zahnärzte auf Schwerpunktbezeichnungen, Qualifikationsbezeichnungen und Interessenschwerpunktbezeichnungen Wert legen und diese in der Patientenkommunikation verwenden. Doch ist oftmals unbekannt, welche Bezeichnung konkret geführt we-den darf. Daher häufen sich die von Zahnarztkollegen anhängig gemachten Unterlassungsklagen, welche sich auf ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Kollegen durch das Führen bestimmter Bezeichnungen stützen.
Das LG Bochum hat in seinem Urteil vom 03.05.2007 (Az. 14 O 21/07) jedoch einer liberalen werberechtlichen Auffassung den Vorzug gegeben.
Ein Zahnarzt hatte nämlich auf seinen Briefbögen und Visitenkarten die Bezeichnung „Umwelt-ZahnMedizin“ aufgenommen. Trotz Widerstands aus dem Kollegenkreis konnte er sich vor dem Landgericht Bochum gegen den Kollegen durchsetzen und darf nun weiterhin diese Bezeichnung im Rahmen der Patientenkommunikation führen.
Das Gericht führte insoweit aus, dass das Führen der Bezeichnung „Umwelt-ZahnMedizin“ in der Patientenkommunikation bei entsprechender Qualifikation und tatsächlicher Ausübung in der Zahnarztpraxis zulässig sei. Der Zahnarzt sei befugt, seine zahnärztliche Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt ganzheitlicher Gedankenansätze durchzuführen und sei auch dazu berechtigt, dies der Öffentlichkeit gegenüber darzustellen. Denn den Patienten stelle es sich so dar, dass der Zahnarzt in diesem Bereich einen besonderen „Interessen-schwerpunkt“ habe; und diesen dürfte er auch werbend erwähnen.
Diese Auffassung hatte bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 18.10.2001 (Az. 1 BvR 881/00) vertreten. Es betonte, dass interessengerechte und sachangemessene Informationen über Zahnärzte, die keinen Irrtum erregen, unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts der Berufsfreiheit gestattet seien. Für diese müsste im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr – auch im Internet – Raum bleiben. Es bestehe ein berechtigtes Informationsinteresse der Patienten, weil nicht jeder Zahnarzt das gleiche Betätigungsfeld habe, sondern es unterschiedliche Schwerpunkte und Spezialisierungen gebe; und über solche Spezialisierungen dürfe der Patient daher informiert werden.
In Konsequenz zur oben zitierten Rechtsprechung ist daher auch die rechtliche Zulässigkeit des Führens des besonderen Interessenschwerpunkts „Umwelt-Zahnmedizin“ auf dem Praxisschild zu bejahen. Denn soweit dem Zahnarzt nunmehr erlaubt ist, diese Bezeichnung auf Briefbögen, Visitenkarten und im Internet zu führen, muss das gleiche für das Kommunikationsmittel Praxisschild gelten, da die Öffentlichkeitswirkung und die werbende Patientenansprache die gleiche ist.
Für den Bereich der Umwelt-ZahnMedizin ist das Urteil des LG Bochum in Fortführung des bundesverfassungsrechtlichen Urteils daher ein weiterer wichtiger Schritt für eine weitere Liberalisierung des ärztlichen Werberechtes.