3. April 2012
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In einem aktuellen Urteil vom 30.03.2012 hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass eine Ärztekammer kein uneingeschränktes Verbot der Überlassung todbringender Medikamente an Sterbewillige gegenüber einem Arzt aussprechen kann.

Das Verwaltungsgericht Berlin stellte aber ausdrücklich klar, dass die Überlassung todbringender Medikamente an Gesunde oder in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigten psychisch Kranken verboten werden kann. Ohne weiteres zulässig sei auch ein Verbot beruflicher oder organisierter Sterbehilfe, wie sie der Verein Dignitas anbiete (VG 9 K 63.09).

Dem Urteil lag ein Verfahren zu Grunde, dass von der Ärztekammer Berlin gegen einen Arzt, der in Berlin tätig und zweiter Vorsitzender des Vereins Dignitas Deutschland war, geführt wurde. In diesem Verfahren wurde ihm untersagt, anderen Personen todbringende Substanzen für deren beabsichtigten Suizid zum Gebrauch zu überlassen. Hiergegen wandte sich der Arzt mit seiner Klage und bekam Recht.

Das Gericht befand das ausgesprochene Verbot als zu weitgehend. Zwar dürfe die Ärztekammer die Berufsausübung ihrer Mitglieder auf der Grundlage des Berliner Kammergesetzes überwachen und bei drohenden Pflichtverstößen Untersagungsverfügungen erlassen. Zu den Berufspflichten der Ärzte gehöre hier die gewissenhafte Ausübung ihres Berufs unter anderem nach den Geboten der ärztlichen Ethik. Dabei umfasse die ärztliche Ethik die durch den Ärztestand anerkannten, den einzelnen Standesgenossen bindenden Grundregeln des Berufs. Diesen Grundregeln sei ein allgemeines Verbot des ärztlich assistierten Suizids zu entnehmen und die Überlassung todbringender Medikamente an sterbewillige Personen verstoße hiergegen.

Zu berücksichtigen ist aber nach Auffassung der Richter auch die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 GG) und die Gewissensfreiheit des Arztes (aus Art. 2 Abs. 1 GG). Unter Berücksichtigung dieser verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte gehe ein uneingeschränktes Verbot des ärztlich assistierten Suizids zu weit. Denn mit den genannten Grundrechten sei es unvereinbar, die ärztliche Beilhilfe zum Suizid auch in Ausnahmefällen unter Androhung eines Zwangsgeldes zu verbieten, in denen ein Arzt aufgrund einer lang andauernden, engen persönlichen Beziehung in einen Gewissenkonflikt geraten würde, weil die Person, die freiverantwortlich die Selbsttötung wünsche, unerträglich und irreversibel an einer Krankheit leide und alternative Mittel der Leidensbegrenzung nicht ausreichend zur Verfügung stünden. Der Kläger habe dargelegt, so das Gericht, dass ein solcher Ausnahmefall für ihn außerhalb seiner Tätigkeit für den Sterbehilfeverein keine bloß theoretische Möglichkeit darstelle.

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