3. April 2020

Uns erreichen aktuell vermehrt Anfragen, in denen wie folgt berichtet wird: die Praxis hat sich auf Anraten ihres Steuerberaters ganz kurzfristig dazu entschieden Kurzarbeit durchzuführen. Den zur Verfügung gestellten Vordruck habe man ausgefüllt, die Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt und fragt sich nun, ob in der Praxis überhaupt die Voraussetzungen der Kurzarbeit erfüllt seien. Denn der Rückgang an Patienten war entgegen den ursprünglichen Befürchtungen doch nicht so eklatant. Es wird nunmehr gefragt, ob eine vorsorgliche Anzeige grundsätzlich schädlich sei?

Kurzarbeit anzeigen geht so schnell wie nie zu vor

Auf solch eine Frage antwortet der Anwalt ohne Kenntnis der konkreten Gegebenheiten: das kommt darauf an. Denn wer Kurzarbeit falsch beantragt kann sich strafbar machen. Neben dem klassischen § 266a StGB (umgangssprachlich Sozialversicherungsbetrug) kommt hier § 264 StGB, der Subventionsbetrug in Betracht, welcher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren sanktioniert wird.

Der Bund hat die Voraussetzungen zur Beantragung von Kurzarbeitergeld im Zuge der Corona-Pandemie deutlich vereinfacht. So müssen aktuell nur 10% der Beschäftigten in der Praxis vom Arbeitsausfall betroffen sein und es muss für sie ein Entgeltausfall von 10% eintreten. Der vorherige Aufbau von negativen Arbeitszeitsalden ist nicht wie bisher erforderlich. Als Goodie für die Einführung von Kurzarbeit, als milderes Mittel als die betriebsbedingte Kündigung, erstattet die Bundesagentur für Arbeit die vom Praxisinhaber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge in vollem Umfang. Dass es sich bei der Corona-Pandemie um ein sog. unabwendbares Ereignis handelt, hat die Bundesagentur bereits bestätigt.

Folge ist, dass der Praxisinhaber sein Personal auf Kurzarbeit Null setzen kann, dass heißt es liegt ein 100%iger Arbeitsausfall vor. Am Ende des Monats ist der Praxisinhaber zu keinerlei Lohnzahlung verpflichtet, denn der Beschäftigte hat nicht gearbeitet. Im nächsten Schritt hat der Praxisinhaber 3 Monate Zeit, um für seine Mitarbeiter den Erstattungsantrag auf Kurzarbeitergeld zu stellen. Als Anlage sind die Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter aufzuführen, damit die Bundesagentur für Arbeit den konkreten Arbeitsausfall berechnen kann. Was passiert also, wenn ich für den Mitarbeiter 100% Kurzarbeit anzeige und ihn in der Praxis weiter einsetze?

Subventionsbetrug und Kurzarbeitergeld

Lege ich der Bundesagentur fehlerhafte Arbeitszeitkonten vor, begehe ich als Arbeitgeber nach überwiegender Meinung einen Subventionsbetrug nach § 264 StGB. Denn das Kurzarbeitergeld wird als Subvention im Sinne der gesetzlichen Regelung verstanden. Darauf macht die Bundesagentur in ihren Erstattungsformularen auch aufmerksam: dennoch vertreten viele die Meinung, dass die nachgelagerten Betriebsprüfungen schon nicht bei Zahnarzt- oder Arztpraxen durchgeführt werden. Denn selbst die Steuererklärung wird nicht sauber überprüft.

Doch bei fehlerhaften Angaben zum Arbeitsausfall besteht ein erhebliches Risiko in strafrechtlicher und zivilrechtlicher Hinsicht, was bereits im Zuge der Bankenkrise zwischen den Jahren 2008 und 2009 vermehrt aufgetreten ist. Die Einhaltung der aufgestellten Voraussetzungen zur Erstattung des Kurzarbeitergeldes wurden als subventionserhebliche Tatsache bewertet und Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaften geführt.

Schützt mich die Unwissenheit?

Wer jetzt sagt: „Den Staat will ich nicht ausnutzen, aber ich kann keinen gesicherten Nachweis über die Arbeitszeitkonten meiner Mitarbeiter erbringen, also gebe ich eine grobe Schätzung an“ macht sich ebenso strafbar. Denn für den Subventionsbetrug genügt leichtfertiges Handeln. Es muss kein Vorsatz auf die Begehung einer Straftat gefasst worden sein. Bereits unsorgfältige oder unvollständige Angaben genügen, damit eine grobe und vermeidbare Sorgfaltspflichtverletzung bejaht werden kann. Bestanden während der Zeit der Durchführung von Kurzarbeit mit Mitarbeitern Unstimmigkeiten, besteht das Risiko, dass die Arbeitnehmer solch ein Fehlverhalten ihres Arbeitgebers der Behörde selbstständig melden. Denn in einem bestätigten Fall ist der Praxisinhaber zur vollständigen Rückerstattung des Lohns verpflichtet, welcher bekanntlich höher ist als der verkürzte Lohnanspruch plus Kurzarbeitergeld.

Was es nun zu beachten gilt

Praxisinhaber müssen eine vollständige und umfassende Zeitdokumentation erstellen, welche nur möglich ist, wenn tatsächlich ein Arbeitsausfall vorliegt. Sie trifft in erhöhtem Maße eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht. So hat der Arbeitgeber vor der Anzeige der Kurzarbeit sicherzustellen, dass er dem Beschäftigten keine andere Aufgabe zuweisen kann, sei es die Reinigung von technischen Geräten oder das Aufräumen des Materiallagers. Diese Aspekte, sowie das der unvermeidbare Patientenrückgang im Zusammenhang mit der Corona Pandemie steht muss der Praxisinhaber gegenüber der Behörde glaubhaft machen. Der pauschale Satz, dass wegen Corona ab Mitte März keine Patienten mehr erschienen sind genügt für das Fenster E.9 des Anzeigebogens nicht.

Wir unterstützen Sie gerne bei der korrekten Anzeige der Kurzarbeit sowie bei dem nachgelagerten Erstattungsverfahren auf Auszahlung des Kurzarbeitergeldes, damit Sie keinerlei Rückzahlungen oder gar Strafen befürchten müssen.

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