Wenn bereits ein Auge erblindet ist, sind an die ärztliche Aufklärung vor einer LASIK-Operation hohe Anforderungen zu stellen. Dies geht aus einem Beschluss des OLG Köln vom 12.08.2009 (Az. 5 U 47/09) hervor. Dem Beschluss lag eine Behandlung zu Grunde, bei der eine Patientin auf einem Auge bereits weitestgehend erblindet war. Ihr anderes Auge, mit einer noch vorhandenen Sehkraft von 0,8, sollte mittels einer LASIK-OP behandelt werden. In diesem Fall handelte es sich nicht um einen medizinisch notwendigen Eingriff.
Die OLG-Richter stellten klar, dass eine Aufklärung zur Patientenselbstbestimmung grundsätzlich so erfolgen muss, dass dem Patienten Tragweite und Konsequenzen des beabsichtigten Eingriffs vollständig klar sind; er soll Art und Schwere des Eingriffs erkennen und richtig einordnen können (vgl. nur beispielhaft BGH VersR 1990, 808). Bei einem allenfalls relativ indizierten Eingriff muss der Arzt sorgfältig das Bedürfnis des Patienten, den Eingriff durchführen zu lassen, den damit verbundenen Vorteil der Behandlung in Relation zu dem damit eingetauschten Risiko ermitteln und mit dem Patienten besprechen. Insbesondere ist klar und deutlich anzusprechen der Stellenwert des eingetauschten Risikos gegenüber den Folgen einer Nichtbehandlung (vgl. hierzu etwa BGH VersR 1980, 1145; BGH NJW 1981, 1319)
Dies gilt etwa für den Fall der rein kosmetischen Operationen, aber auch für andere Fälle hoher Risiken bei zweifelhafter Operationsindikation.
Erhöhte Anforderungen an Aufklärung vor LASIK-Operation
Um einen damit vergleichbaren Fall handelte es sich vorliegend. Eine Laser-Operation am Auge zur Beseitigung einer normalen Kurzsichtigkeit, die ohne weiteres auch durch das Tragen von Kontaktlinsen oder einer Brille zu korrigieren ist, und für die eine weitergehende medizinische Indikation nicht besteht, ist einer kosmetischen Operation im Hinblick auf die Anforderungen an die Aufklärung grundsätzlich vergleichbar. Im vorliegenden Fall hatten die beklagten Ärzte die Vergleichbarkeit mit einem rein kosmetischen Eingriff dadurch belegt, dass sie einen Praxisflyer verwendet haben, in dem sie selbst darauf hinweisen, dass es sich bei der LASIK-Behandlung nicht um die Behandlung einer Krankheit handele, und deshalb auch keine Krankschreibung erfolgen könne).
Hier ist besonders umfassend aufzuklären (vgl. etwa OLG Düsseldorf VersR 2001, 374 für den Fall einer Augenoperation). Verschlechterungsmöglichkeiten und ein Missverhältnis bei dem Tauschrisiko müssen in aller Deutlichkeit angesprochen werden (BGH VersR 1980, 1145; BGH NJW 1981, 1319; BGH NJW 1992, 2354; BGH NJW 1997, 1637; BGH NJW 1998, 1784). Dies gilt schon für eine Operation, wenn beide Augen noch prinzipiell funktionstüchtig sind. Es gilt um ein Vielfaches, wenn – wie hier – bereits ein Auge weitestgehend erblindet ist und die Operation am anderen Auge durchgeführt werden soll. Hier stehen das Tauschrisiko eines Verlustes des einzig verbliebenen Auges gegen den möglichen Heilerfolg (nämlich künftig weitgehend, nicht einmal ausnahmslos, auf eine Brille verzichten zu können) in einem besonders krassen Missverhältnis. Das muss zwischen Arzt und Patient umfassend thematisiert sein. Es muss sicher gewährleistet sein, dass dem Patienten die Risiken in aller Konsequenz vor Augen stehen und er sich in vollem Bewusstsein des Tauschrisikos auf den Eingriff einlässt. Dem Sicherheitsbedürfnis des Patienten muss ebenso sorgfältig Rechnung getragen werden wie der Frage des für den Patienten resultierenden Wertes der Behandlung.
Hier hätte demnach konkret angesprochen werden müssen, dass selbst dann, wenn nach aktuellem Befund keine besonderen Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung vorliegen, immer Komplikationen auftreten können, die dann zum endgültigen oder weitgehenden Verlust des Augenlichtes führen könnten. Es hätte deutlich angesprochen und diskutiert werden müssen, dass schon angesichts des vorgerückten Alters der Patientin Erkrankungen auftreten könnten, die andersartige Operationen nach sich ziehen könnten, und die ein Abwarten oder einen Verzicht auf die LASIK-Operation sinnvoll machen könnten. Damit ist nicht nur der Aspekt der alternativen Behandlungsmöglichkeit angesprochen (konservativ statt operativ), über die stets aufzuklären ist, sondern auch und erst recht der Aspekt eines sehr fraglichen dauerhaften Erfolges des operativen Eingriffs.
Die behandelnden Augenärzte hätten der Patientin also klipp und klar sagen müssen, dass sie, wenn sie Pech hat, das Augenlicht ganz einbüßen kann nach der LASIK-Operation. Da es sich um einen alles andere als notwendigen medizinischen Eingriff handelte, bestand auch kein Grund, diese Aufklärung besonders schonend vorzunehmen.