Wann kommt es überhaupt zur Haftung des Krankenhausträgers für Konsiliarärzte? Die Haftungsfrage stellt sich immer dann, wenn ein im Krankenhaus behandelter Patient durch den Einsatz eines externen Konsiliararztes einen Schaden erleidet. Dies betrifft typischerweise Leistungen, die das Krankenhaus mangels eigener Expertise nicht selbst erbringen kann. Das Oberlandesgericht Dresden hat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2024 (Az.: 4 U 100/24) zentrale Voraussetzungen hierfür klargestellt: Der Krankenhausträger muss sich das Verhalten externer Ärzte nach § 278 BGB dann zurechnen lassen, wenn diese zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten hinzugezogen und in den Krankenhausbetrieb eingegliedert sind. Eine Zurechnung wird darüber hinaus dadurch begünstigt, dass die Honorierung des Konsiliararztes direkt durch das Krankenhaus erfolgt.
Unter welchen Umständen wird der Konsiliararzt als „Erfüllungsgehilfe“ des Krankenhauses angesehen?
Entscheidend ist die Frage, wie stark der externe Arzt in die Organisation und Abläufe des Krankenhauses eingebunden ist. Erfolgt die Behandlung auf Veranlassung des Krankenhauses und rechnet der Konsiliararzt direkt mit diesem ab, handelt er in Erfüllung der Pflichten des Krankenhausträgers und wird dessen Erfüllungsgehilfe. In der Praxis bedeutet dies, dass nicht allein der formale Status der Zusammenarbeit Gegenstand der Bewertung ist; auch persönliche Verträge des Patienten mit dem Konsiliararzt spielen keine Rolle, soweit der Konsiliararzt als Teil des koordinierten Behandlungsprozesses arbeitet und dessen Leistung an die Erfüllung der Krankenhauspflichten anknüpft.
Wie sieht es bei der Aufklärungspflichtverletzung durch den Konsiliararzt aus?
Ein häufiger Haftungsgrund ist die Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht – auch durch den Konsiliararzt. Kommt der externe Spezialist seiner Aufklärungspflicht nicht nach, wird dies dem Krankenhausträger als Pflichtverletzung im Rahmen des Behandlungsvertrages zugerechnet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Patient einen eigenen Vertrag mit dem Konsiliararzt hat. Das Gericht hat ausdrücklich bestätigt, dass auch solche Fehler dem Krankenhaus im Sinne einer Haftung nach § 278 BGB zugeordnet werden.
Wann greift die Argumentation der „hypothetischen Einwilligung“ als Haftungsausschluss?
Das OLG Dresden stellte heraus, dass eine Haftung wegen Aufklärungspflichtverletzung entfällt, wenn das Krankenhaus darlegen kann, dass der Patient – auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung – die Behandlung nicht ernsthaft abgelehnt hätte. Im entschiedenen Fall war eine Lebensgefahr durch eine mögliche Lungenembolie gegeben, sodass selbst bei vollständiger Risikoaufklärung anzunehmen war, dass der Patient ohnehin eingewilligt hätte. Die sogenannte hypothetische Einwilligung begrenzt die Haftung erheblich, sofern sie sich hinreichend plausibel belegen lässt.
Welche Risiken sollten Krankenhäuser bei der Kooperation mit Konsiliarärzten besonders beachten?
Krankenhäuser sind gut beraten, die Einbindung und Beauftragung externer Ärzte klar vertraglich zu regeln. Insbesondere muss verbindlich festgelegt werden, wer für welche Teile der ärztlichen Aufklärung und Behandlung verantwortlich ist. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass alle eingesetzten Leistungserbringer in den Versicherungsschutz einbezogen sind. Offene oder unklare Verantwortlichkeiten sind ein erhebliches Haftungsrisiko, das zu vermeiden ist.
Fazit: Worauf kommt es aus haftungsrechtlicher Sicht entscheidend an?
Die zentrale Lehre aus der aktuellen Rechtsprechung: Wird der Konsiliararzt zur Erfüllung der Krankenhauspflichten eingesetzt, so haftet das Krankenhaus im Regelfall auch für dessen Fehler. Für die Praxis bedeutet dies: Klare Strukturen, präzise Verträge und eine transparente Zuordnung von Verantwortlichkeiten – insbesondere im Bereich der Aufklärung – sind zwingend erforderlich. Nur so lassen sich Haftungsfälle und versicherungsrechtliche Lücken wirksam vermeiden.
