24. September 2013

Ein Krankenhaus und der behandelnde Chefarzt haften, weil sie es behandlungsfehlerhaft versäumt haben, rechtzeitig einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung einer Computertomographie hinzuzuziehen. Deswegen wurde ein massiver Hirnstamminfarkt einer Patientin (Verschluss der Arteria basilaris) zu spät erkannt, die Patientin erlitt schwerwiegende Lähmungen (Locked-in-Syndrom), in deren Folge sie Monate später verstarb.

Diesen Behandlungsfehler hat das Oberlandesgericht Hamm festgestellt und dem Sohn und Erben der verstorbenen Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € zugesprochen.

Die im Jahre 1934 geborene Patientin aus Dorsten wurde seit dem Jahre 2002 wegen Herzerkrankungen mehrfach stationär behandelt, u.a. im beklagten Krankenhaus in Dorsten in der Abteilung des ebenfalls beklagten Chefarztes. Mit einer Halbseitenlähmung wurde die Patientin im November 2005 als Notfall im beklagten Krankenhaus eingeliefert, in dem sie bewusstlos ankam und kurz darauf einen Krampfanfall erlitt.

Am Tag der Aufnahme veranlassten die behandelnden Ärzte eine native Computertomographie, deren Bildgebung ohne Hinzuziehen eines Neurologen beurteilt wurde. Bei den an den nächsten Tagen abgehaltenden neurologischen Beratungen zeigte die Patientin das Bild eines Locked-in-Sydroms als Folge eines – anfangs nicht erkannten – massiven Hirnstamminfarkts. Die Patientin war wach, konnte hören, sehen und riechen, sich aber bis auf Augenbewegungen nicht bewegen. Dieser Zustand änderte sich bis zum Tode der Patientin im Juli 2006 nicht mehr.

Der mit den von seiner Mutter erlittenen Beeinträchtigungen begründeten Schadensersatzklage des Sohnes hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € entsprochen. Die behandelnden Ärzte der beklagten Klinik hätten es behandlungsfehlerhaft versäumt, noch am Aufnahmetag einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung der nativen Computertomographie hinzuzuziehen. Ein Neurologe hätte den massiven Hirnstamminfarkt der Patientin erkennen und dessen rechtzeitige Behandlung innerhalb des noch geöffneten 12-Stunden-Zeitfensters verlassen müssen.

Wäre dies unterblieben, läge ein grober Behandlungsfehler vor. Dieser Verlauf begründe im Prozess eine Beweiserleichterung zugunsten des Klägers. Die versäumte Behandlung der Patientin sei – so die im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen – geeignet gewesen, ihre schwerwiegenden Lähmungen (Locked-in-Syndrom) und ihren späteren Tod hervorzurufen.

Das sei den Beklagten anzulasten, weil sie nicht bewiesen hätten, dass die Patientin bei rechtzeitiger richtiger Behandlung identische Beeinträchtigungen erlitten hätte. 12.08.2013 – 3 U 122/12 Oberlandesgericht Hamm – PM vom 18.09.2013: http://www.olg-hamm.nrw.de

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